Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Mo, 24.06.2019
Insovenzstatistik KSV a3bau

Stillstand bei den Unternehmensinsolvenzen?

Im ersten Halbjahr sind insgesamt 2.587 Unternehmen insolvent geworden. Das entspricht dem Vorjahreswert von 2.584 Firmen. Ein kleines Plus von einem Prozent bei den Eröffnungen wird durch ein Minus von 1,2 % der mangels Vermögens nicht eröffneten Verfahren aufgewogen. Die betroffenen Verbindlichkeiten lagen mit EUR 895 Mio. etwa ein Prozent unter 2018, wogegen die 8.300 betroffenen Dienstnehmer fast zehn Prozent unter dem Vergleichszeitraum 2018 liegen.

Die Halbjahreszahlen für die Unternehmensinsolvenzen zeichnen ein Bild des Stillstandes mit einem Plus von 0,1 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Niedrige Zinsen und eine schleppende Konjunktur können sich noch die Balance halten. Dass die eröffneten Verfahren minimal auf Kosten der nicht eröffneten Verfahren zugenommen haben, ist immerhin als weiterer kleiner Erfolg zu verbuchen: Denn jede Eröffnung bedeutetet für den Unternehmer eine Chance auf Sanierung des Unternehmens, und für die Gläubiger die Chance auf Quotenzahlungen in einem geordneten Umfeld. Für die Allgemeinheit und die Wirtschaft als Ganzes sind Eröffnungen ein Hygienefaktor der Sonderklasse: Schlecht wirtschaftende Betriebe werden geschlossen und verlassen den Markt, eventuell anfechtbare Handlungen werden recherchiert und korrigiert.

Die betroffenen Passiva zeigen allerdings, wohin die Reise gehen wird. Denn mit EUR 895 Mio. liegen sie praktisch gleichauf mit jenen im ersten Halbjahr 2018, das auch nicht gerade schwächlich war (z.B. Flyniki oder Wienwert). Die ersten sechs Monate 2018 wiesen eine Steigerung von 36 % gegenüber 2017 auf. Gab es im ersten Halbjahr 2018 nur acht Insolvenzen mit Passiva ab EUR 10 Mio., so liegt dieser Wert 2019 schon beim Doppelten des Vergleichszeitraums 2018, also 16 Großverfahren.

Die betroffenen Dienstnehmer sind naturgemäß auch eine volkswirtschaftlich relevante Dimension, was die Bedeutung von Insolvenzfällen anlangt. Eine Mittelfristanalyse zeigt, dass die Zahlen 2019 unter dem Durchschnitt liegen, aber ein klarer Trend ist hier nicht erkennbar.

Bundesländer im Vergleich

Die Unterschiede könnten nicht größer sein: Einem Minus bei den Gesamtfällen von etwa
15 % in der Steiermark steht ein Plus von fast 29 % im Burgenland und von fast 27 % in Tirol gegenüber. Dieses Bild wird schon etwas relativiert, wenn man sich nur die eröffneten Verfahren ansieht. Immer unter der Annahme, dass dies die größeren und wichtigeren Fälle sind – also solche, bei denen auch tatsächlich Dienstnehmer betroffen sind.

Während Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg nur geringe Veränderungen aufweisen, spielt sich die Divergenz vor allem zwischen der Steiermark (minus) und Kärnten/Vorarlberg/Tirol (plus) ab. Ein besonderer Trend scheint derzeit noch nicht erkennbar, da es sich auch nur um Halbjahreszahlen handelt. Das Burgenland ist zweifellos ein Ausreißer mit einem Plus an eröffneten Verfahren von 34 %. Im Gesamtjahr 2018 verzeichnete das Burgenland allerdings einen Rückgang der Eröffnungen von 13 %, also kann der Zuwachs jetzt auch als Rückkehr auf das Niveau der Vergangenheit gedeutet werden.

Branchenanalyse: der Bau führt

Die Zahl der Fälle nach Branchen bietet auch 2019 keine Überraschungen. Wir finden dort die auch zahlenmäßig größten Branchen auf den drei „Stockerlplätzen“. Diese Position bedeutet keineswegs, dass diese Branchen besonders insolvenzgeneigt seien: Während die Bauwirtschaft tatsächlich auch gemessen an der Zahl der Unternehmen im Spitzenfeld liegt, was die Insolvenzhäufigkeit anlangt, kann man dies weder von den unternehmensbezogenen Dienstleistungen noch der Gastwirtschaft behaupten. Letztere liegt traditionell im unteren Drittel und die Dienstleistungen etwa im Mittelbereich der Insolvenzanfälligkeit.

Anders sieht es natürlich bei der Höhe der Passiva aus, wo schon ein oder zwei Großfälle das „Ruder herumreißen“ können. Doch auch hier sind schon aufgrund der Anzahl der Fälle die Bauwirtschaft (Platz 3 im Ranking) und die unternehmensbezogenen Dienstleistungen (Platz 2) zwei Fixstarter. Auch deshalb, weil Holding-Gesellschaften typischerweise diesem Dienstleistungscluster zugerechnet werden. Auf Platz 1 rangiert im ersten Halbjahr 2019 die Branche „Maschinen und Metall“. Darin finden sich typischerweise industrielle Unternehmen, die in ihrem Geschäftsmodell nicht selten exportorientiert sind.

Rechtsrahmen: rechtliche Entwicklungen in Österreich

Seit geraumer Zeit wird über die anstehende Richtlinie der EU zum vorinsolvenzlichen Sanierungsrahmen berichtet und angesprochen. Diese Richtlinie wurde am 6.6.2019 endgültig verabschiedet und wird demnächst im Amtsblatt der EU erscheinen. Von diesem

Datum errechnet sich dann ein 2-jähriger Umsetzungszeitraum für die Mitgliedsländer. Im österreichischen Justizministerium tagt schon seit längerem eine Reformkommission mit dem Ziel, diese Richtlinie bis Herbst 2020 als Ministerialentwurf zur Aussendung zu bringen. Die genaue Art der Umsetzung steht gegenwärtig allerdings noch nicht fest.

Ausblick auf 2019

Die Insolvenzzahlen stagnieren derzeit (und auch schon seit einigen Jahren) auf niedrigem Niveau. Die Wirtschaft verliert zusehends an Schwung, sodass im zweiten Halbjahr mit keinem markanten Rückgang gerechnet werden darf. Insgesamt werden die Insolvenzen des Jahres 2019 daher keinesfalls unter 2018 zu liegen kommen – eher geringfügig darüber, was schon durch die doch markant gestiegenen Großfälle indiziert ist.

Mehr Informationen: www.ksv.at