Virtual Reality BIM
Mit einer Virtual-Reality-Brille wird BIM sichtbar gemacht

Building Information Modeling

Wer einmal mit BIM plant und baut, möchte es nicht mehr anders haben. Denn die Möglichkeiten, die diese neue Arbeitsweise eröffnet, sind unglaublich faszinierend. Der Weg zum digitalen Planen und Bauen ist aber kein leichter: Die Arbeitsprozesse verändern sich fundamental, es braucht neue Qualitäten in der Ausbildung der Mitarbeiter und die Investitionen in Hard- und Software sind nicht unerheblich.

Viele Beteiligte, aber nur ein Plan. Das ist vermutlich die kürzeste Erklärung, die es zu BIM gibt. Etwas präziser: Building Information Modeling steht für die digitale Abbildung aller geometrischen, technischen und funktionalen Eigenschaften eines Bauwerks in einem zentralen Gebäudemodell, das virtuell erlebbar macht, was später real gebaut wird. Allen Projektbeteiligten – vom Architekten und Bauherrn über die Fachplaner und Haustechniker bis hin zum Facility Manager – wird ermöglicht, gemeinsam auf Basis von parametrisierten und standardisierten Objekten an diesem integralen Modell zu arbeiten. Der Vorteil: Wenn Architekt oder Fachplaner Änderungen an dem Modell durchführen, werden umgehend alle wesentlichen Parameter umgehend evaluiert, Stücklisten und Kalkulation passen sich automatisch an. Alle Beteiligten befinden sich zu jeder Zeit am selben Planungsstand. 

Klingt gut, bedeutet in der Praxis aber eine völlig neue Herangehensweise an den Planungsprozess. Das Pferd muss quasi von hinten aufgezäumt werden. Um zu wissen, mit welchen Informationen das Gebäudemodell gefüttert werden soll, muss klar sein, welche Daten letztendlich bei Bauwerksübergabe benötigt werden. Steht am Ende der Informationskette beispielsweise ein Facility Manager, wird die Datentiefe eine andere sein als im schlichten Reihenhaus. 

Disziplinenübergreifendes Planen im virtuellen Gebäudemodell gilt für viele als digitale Revolution, alternativlos und in einigen Jahren so selbstverständlich wie jetzt schon die Nutzung von Internetplattformen. BIM heißt aber nicht, einfach ein neues Computerprogramm zu kaufen. Oder wie es Michael Jug, Geschäftsführer von „think project!“ ausdrückt: „Digitalisierung bedeutet eine Organisationsveränderung durchzuführen. BIM ist nicht bloß eine neue Software!“ Wichtig ist es, jetzt die Basis für das Arbeiten mit BIM zu schaffen. Im Folgenden finden Sie die Eckpunkte als Frequently Asked Questions:

Warum BIM?

Es kann kein Zufall sein, dass sich die Bauwirtschaft in den Produktivitätsstatistiken regelmäßig unter den letzten Plätzen einreiht. Das Bauen und damit auch die Planung werden immer komplexer. Häufig kommt es durch Missverständnisse und Fehler in der Weiterleitung von Informationen oder Übertragung von Daten  zu Kosten- und Zeitüberschreitungen. Am Ende sinkt die Produktivität. 

Die visuelle dreidimensionale Darstellung unterstützt nicht nur die Planer, sondern auch den Auftraggeber bei seiner Entscheidungsfindung. Dadurch werden die am Bau so gefürchteten Planungsänderungen während der Bauphase und somit auch Nachträge der ausführenden Unternehmen vermieden oder zumindest deutlich reduziert. Bei konsequenter Anwendung der BIM-Methode sollten horrende Baukostenüberschreitungen daher der Vergangenheit angehören. 

BIM erfordert jedoch ein kooperatives Zusammenarbeiten zwischen allen am Bau Beteiligten, einschließlich Auftraggeber. Für Auftragnehmer, deren Ziel es ist, einen schlechten Preis für die Bauleistung durch Nachträge aufzubessern, wird es mit der BIM-Methode jedenfalls schwieriger. 

Was bedeutet in diesem Zusammenhang Planungssicherheit?

Bei BIM erfolgt ein konsistenter Datenaustausch unter den Fachplanern. So soll beispielsweise der Tragwerksplaner die geplante Gebäudestruktur vom Architekten übernehmen und seine Planung daraus ableiten. Zur Kontrolle der Übereinstimmung können das Modell des Tragwerksplaners und das des Architekten zusammengefügt und auf Unstimmigkeiten kontrolliert werden (Kollisionskontrolle). Bei der zweidimensionalen Planungsmethode werden Fehler häufig erst in der Ausführungsphase entdeckt, was in der Regel zu höheren Kosten durch Nachtragsforderungen führt. 

Für den Investor bedeutet BIM verlässliche Kosten, aber auch verlässliche Terminpläne. Planer verfügen zu jedem Projektzeitpunkt über korrekte Geometrien und damit verbundene Massen. Diese wiederum verhelfen den ausführenden Firmen zu einer exakten und schnellen Angebotserstellung. Auf der Baustelle führen die stets aktuellen Daten zu einer höheren Ausführungsqualität. 

Erhöhter Planungsaufwand – was kostet der?

Wie schon erwähnt, kommt es mit BIM zu einer Verschiebung des Planungsaufwands. Mit BIM sind insbesondere die Tragwerksplaner und Fachplaner der technischen Ausrüstung bereits in der Vor- und Entwurfsplanung gefragt. Dies soll die bis dato häufigen Planungsänderungen beim Architekten hintanhalten, die zwangsläufig eine Störung des Planungsablaufs verursachen und auch zu Nachträgen führen können. 

Erhöhte Planungskosten sind letztendlich nur dadurch gegeben, dass besondere Leistungen im Zusammenhang mit der Gestaltung des 3D-Modells zu erbringen und zu bezahlen sind.  Diese höheren Planungskosten von rund fünf Prozent sollen durch Kostenersparnis in der Bauphase jedenfalls kompensiert werden.

BIM und Honorierung?

Durch BIM verlagert sich ein erheblicher Teil des Ausführungsplanungsaufwands gesunderweise nach vorne. Klassische Vergütungsmodelle bilden die Aufwandsverschiebungen und Zusatzleistungen derzeit nicht ab. Hayde: „Das Projekt wird wesentlich früher als virtueller Prototyp des realen Gebäudes durchgeplant werden müssen und das inklusive der für diese Phasen festgelegten Bauteilinformationen bzw. Containern für spätere Informationsergänzungen während und nach der Ausführung. Wenn BIM also in Ausschreibungen verlangt werden will, müssen die Leistungs- und Vergütungsmodelle an eine BIM Planung angepasst werden.“ 

Die Vergütung von BIM-Zusatzleistungen, wie z.B. das Bereitstellen und Befüllen von Datencontainern für das Facility Management, müssen, bis die notwendigen Erfahrungen vorliegen, von Fall zu Fall auf Basis des zu erwartenden Arbeitsaufwands und möglicherweise aus dieser Leistung resultierender zukünftiger Aufwandsersparnis des Auftraggebers oder Dritter bzw. anderer generierter Mehrwerte verhandelt werden, so Hayde.

BIM und Recht?

Planen, Bauen und Betreiben mit BIM kann mit den üblichen Werkzeugen der Vertragsgestaltung für Architekten- und Ingenieurverträge, Bauverträge und FM-Verträge umgesetzt werden. Der vorgenannte Punkt der Honorierung zeigt aber, dass die Vertragsgestaltung auf die stärkere Vernetzung abgestimmt werden muss. Regelungsbedürftig sind insbesondere die Koordinierungsaufgaben innerhalb des BIM-Planungsprozesses sowie Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, weil damit schließlich auch Haftungsfragen verbunden sind.

Regelungen zur Einräumung von Nutzungsrechten, zur Datenhoheit und zur Datensicherheit sind ebenso in Verträgen festzuhalten. Insbesondere ist vorzusehen, in welchen Formaten Daten ausgetauscht werden oder welche Folgen das Ausscheiden von Projektbeteiligten hat. Um zu verhindern, dass einzelne Projektbeteiligte die Herausgabe von Daten(modellen) verweigern, empfehlen sich vertragliche Regelungen ebenfalls. In diesem Zusammenhang stellt sich zwangsläufig die Frage, wer eigentlich Eigentümer der Daten ist.

BIM – mehr Chance oder mehr Herausforderung für Planer?

Für die Planer stellen sich nicht nur rechtliche Fragen. Sie befürchten, dass BIM die Kreativität einschränkt und so der Weg für „systematisierte Architektur“ geebnet wird. Im englischen Sprachraum, wo BIM schon etabliert ist, herrscht eine andere Planungskultur als in Österreich. Wesentliche Teile der Ausführungsplanung werden dort nicht (mehr) von freiberuflichen Planern, sondern von den ausführenden Firmen selbst bzw. dem Generalunternehmer erstellt. Für diesen Ansatz spricht, dass in diesem Fall die Schnittstellenproblematik wegfällt. Behörden arbeiten bereits an der Möglichkeit, Einreichpläne elektronisch zu bearbeiten. Kleinere Büros befürchten eine Benachteiligung, sollte der öffentliche Auftraggeber über kurz oder lang BIM einfordern. 

Seitens der Kammer kritisiert man den Zwang zur Einführung. Bernhard Sommer, Architekt und Vizepräsident der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Wien, NÖ und Burgenland: „Wir sind der Meinung, dass BIM eigentlich gutes Potenzial hat, aber sich auch selbst durchsetzen soll und nicht durch Lobbyismus und Paragrafen.“ Peter Bauer, Ingenieurkonsulent für Bauingenieurwesen Mitglieder Arbeitsgruppe BIM in der Kammer stimmt zu: „Es ist ein Unterschied, ob eine Technologie über ein Gesetz oder über eine sehr starke Nachfrage verordnet wird oder ob sie sich freiwillig durchsetzt.“ Er sieht auch eine große Gefahr in der Abhängigkeit von den Softwareherstellern und Lizenzmodellen.

Was bedeutet 3D-BIM, 4D-BIM, 5D-BIM …?

BIM-Modelle sind heute nicht nur dreidimensional (3D-BIM) angelegt. Neben den Koordinaten (X/Y/Z) wird in 4D-BIM jedem Bauteil der zusätzliche Faktor „Zeit“ zugeschrieben mit Angaben, wann welche Arbeiten am Bauteil ausgeführt werden. In 5D-BIM werden die Kosten mitberücksichtigt, d.h. den einzelnen Bauteilen werden Materialien, Bestellungen und Kosten zugeordnet. Erweitert im 6D- bzw. 7D-BIM-Modell kommt die Dimension des Lebenszyklus-Modells hinzu, das heißt Informationen über Abriss, Wiederverwertung bzw. Entsorgung der einzelnen Bauteile werden berücksichtigt ebenso wie Aspekte der Gebäude-Nutzung (Facility Management), also Wartung, Instandhaltung.

Bei der Strabag wird derzeit mit „BIM.5D“ das Büro- sowie ein Produktionsgebäude für Siemens im Schweizer Zug errichtet. Für den Bauherrn, Siemens Real Estate, war bei der Vergabe des 100-Millionen-Euro-Auftrags an die Strabag die BIM-Kompetenz ausschlaggebend. Die Vision der „digitalen Baustelle“ verfolgt der Baukonzern schon seit Ende der 90er Jahre. 2008 wurde mit fünf anderen führenden Bauunternehmen die 5D-Initiative gründet (www.5d-initiative.eu). Heute sind in der 5D-Abteilung der Strabag 25 Personen beschäftigt.

Beim aktuellen Bauprojekt für Siemens wird die neue Arbeitsweise in so genannten „Big Rooms“ getestet. An der Baustelle vor Ort in Zug, aber auch in den Planungsabteilungen von Strabag sind für die Laufzeit des Projekts eigene Büros eingerichtet worden, in denen Bauherr, Architekt, Statiker, Fachplaner nicht nur virtuell, sondern auch real an einem Tisch sitzen, je nach Planungs- und Bauphase in unterschiedlicher Intensität und Zusammensetzung. 

Was bedeutet Little BIM versus Big BIM?

Unter Little BIM wird der BIM-Einsatz als Insellösung innerhalb eines Planungsbüros bzw. einer Planungsdisziplin verstanden. Big BIM umfasst hingegen die Zusammenarbeit aller an der Planung, Ausführung und Nutzung eines Bauwerks beteiligter Partner über ein gemeinsames BIM-Datenmodell.

Was bedeutet Closed versus Open BIM?

Parallel zu den Begriffen Little vs. Big BIM haben sich auf die Software bezogene Bezeichnung für eine offene oder geschlossene Softwarelandschaft entwickelt: Open vs. Closed BIM. Beim Closed BIM erfolgt der Datenaustausch über eine Schnittstelle innerhalb einer speziellen Software (siehe dazu auch Kommentar von Peter Kompolschek auf Seite ??)

Wie erfolgt der Datenaustausch?

Die hinter dem digitalen Gebäudemodell stehende synchronisierte Datenbank benötigt entsprechend große und schnelle Rechner und Speicher. Da die Datenübermittlung nicht einfach via Mail möglich ist, braucht es eigene Plattformen und Formate für den Datenaustausch an den Schnittstellen. In der BIM-Praxis, im Sinne einer integralen Zusammenarbeit an einem 3D-Modell, gibt es derzeit noch große technische Herausforderungen, sagt Architekt Thomas Hayde, Geschäftsführer HD Architekten: „Zurzeit arbeiten Fachplaner mit einer Vielzahl unterschiedlicher Software, wodurch der Datenaustausch nur über Schnittstellen erfolgen kann. Die vielversprechendste ist hier die IFC Schnittstelle. Die Praxis zeigt aber, dass ein IFC-Import derzeit, ohne Datenverluste, Fehlinterpretationen und Ungenauigkeiten kaum möglich ist.“ Ein weiterer Planer, der sich mitunter als beta-Tester fühlt, bestätigt: „Der Datenaustausch zwischen den Programmen funktioniert nicht einmal in der gleichen Software-Familie vernünftig, geschweige denn zwischen unterschiedlichen Programmen.“ Insgesamt lässt sich BIM wohl nicht wirklich aufhalten, aber bis alles gut funktioniert, wird es noch ein Weilchen dauern, meint er.

IFC (Industry Foundation Classes) erlaubt einen intelligenten modellbasierten Datenaustausch. Anders als bei den herkömmlichen Formaten wie beispielsweise DXF oder DWG bleibt dabei die Intelligenz der Daten und die logische Verknüpfung zwischen den einzelnen Bauteilen erhalten. Für die Weitergabe einzelner Informationen aus größeren Modellen – etwa für die Kollisionsprüfung – wurde das BIM Collaboration Format (BCF) entwickelt. 

Soweit die Theorie. In der Praxis kommt es beim Austausch häufig zu Datenverlusten. Architekten, Bauingenieure unterschiedlicher Fachrichtungen sowie ein Netzwerk von Generalunternehmern und Subunternehmern haben abweichende Prioritäten. Häufig ergeben sich folgende Probleme bei der Kooperation: Die Beteiligten stimmen im Grunde ihre Arbeit nicht ab. Sie tauschen nur Dokumentationen über den Arbeitsfortschritt aus, um Gestaltungsideen zu zeigen. Native Daten müssen konvertiert werden, damit sie zur Koordination in der Systemumgebung der anderen Beteiligten geöffnet werden können. Häufig kommt es zu Interpretationsproblemen bei Daten von anderen Beteiligten oder 
Planungsinformationen einer Sparte können nicht in die Umgebung der anderen Fachbereiche integriert werden etc. etc.

Bedeutet der permanente Datenaustausch nicht Sicherheitsprobleme?

Kommt es zum Datenaustausch, stellt sich schnell die Frage nach der Datensicherheit. Hier sind nicht per se Hackerangriffe gemeint, sondern es muss der Zugriff der Projektbeteiligten geregelt sein. Auf der anderen Seite mindern benutzerspezifische Zugriffsbeschränkungen das Potenzial von BIM. 

BIM – nur etwas für die Industrie?

Der Druck wird über den Markt kommen. Wenn die Generalunternehmer und großen Planungsbüros im BIM-Standard arbeiten, ist über kurz oder lang auch das Baugewerbe betroffen. Nur wer sich auf die Anforderungen digital vernetzten Planens und Bauen einlasse, wird im Geschäft bleiben, sind jene Bauunternehmer überzeugt, die bereits mit BIM arbeiten. 

Einer davon ist Anton Rieder, Geschäftsführer der Rieder Bau GmbH & Co KG in Kufstein und auch Innungsmeister der Tiroler Bauinnung. Die größte Hürde rückblickend war die Entscheidung, BIM einzuführen, sagt Rieder: „Denn es gibt nur BIM oder nicht BIM. Wir planen und bauen heute ausschließlich in BIM bei allen Projekten.“ Die kleinteilige Struktur des Baugewerbes, die vielen EPUs, das ist nicht ideal für BIM, gibt Rieder zu, der in Zusammenschlüssen kleinerer Bau- und Planungsbüros die Lösung sieht. 

Was kostet die Einführung von BIM?

Die Investitionskosten für Workstations und Software beziffert Rieder mit 20.000 bis 25.000 Euro pro Arbeitsplatz. Und auch nach Einführung von BIM ist mit laufenden Kosten zu rechnen, deren Kurve aber im Laufe der Zeit abflacht. 

Lehrgeld hat Rieder dafür bezahlt, zunächst auf ein externes Netzwerk zu setzen: „Das hat nicht funktioniert. Jetzt arbeiten wir ausschließlich – wie auch die großen Planer oder Baufirmen, ATP und Porr – mit eigenem BIM-geschulten Personal. Das kostet nicht nur viel Geld, sondern auch Zeit, die man den Mitarbeitern geben muss, so Rieder: „Dennoch war für uns der Weg zum Erfolg, auf ein eigenes Team zu setzen.“

Wie muss das Personal geschult werden?

Eine wesentliche Voraussetzung, dass BIM flächendeckend eingesetzt werden kann, ist die Schulung und Weiterbildung aller beteiligten Mitarbeiter. Am WIFI gibt es beispielsweise die Ausbildung zum BIM-Koordinator. Bei Mensch und Maschine (MuM), einer der führenden europäischen Anbieter von Computer Aided Design/Manufacturing (CAD/CAM) und das größte Autodesk-Systemhaus, heißt die Ausbildungsreihe „BIM Ready“ und umfasst drei Lehrgänge für BIM-Nutzer in verschiedenen Positionen.

Der BIM-Konstrukteur ist ausführender Planer oder technischer Zeichner, der für einen bestimmten Fachbereich für die Erstellung der dreidimensionalen Konstruktionen verantwortlich ist und sie umsetzt. Der BIM-Koordinator ist verantwortlich für die Überwachung und Korrektheit der BIM-Projekt-Daten. Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt daher auf den Austauschformaten an den Schnittstellen des Projekts. Der BIM-Manager ist für den Aufbau und die Leitung des BIM-Projektteams verantwortlich und wirkt wie ein Katalysator, der für einen optimalen Workflow aller Beteiligten sorgt. Schwerpunkt der Ausbildung liegt daher auf BIM-Strukturen und -standards. Vielfach wird angeregt, den BIM-Manager im Bereich der Projektsteuerung anzusiedeln. 

Aber keine Angst: Nicht jedes kleine Baumeister- oder Planungsbüro muss alle diese Funktionen selbst übernehmen. Mittlerweile haben sich Dienstleister entwickelt, die all jene unterstützen, ihre 2D-Pläne in 3D-Modelle umzuwandeln, die derzeit noch nicht über die technischen Voraussetzungen für BIM verfügen, sich aber dennoch an BIM-Ausschreibungen beteiligen wollen.

Wann wird BIM Standard sein?

Fehlendes BIM-Know-how könnte in naher Zukunft zu einem signifikanten Wettbewerbsnachteil werden. Die Akteure der Bauindustrie sehen das offensichtlich jedoch anders. In einer im August 2016 erschienenen Studie von Roland Berger Unternehmensberatung (Digitalisierung der Baubranche. Der europäische Weg zu „Construction 4.0“) stimmten nur 31 Prozent der Befragten der Aussage zu, wonach in drei Jahren Hersteller, die keine BIM-kompatiblen Informationen bereitstellen, einen erheblichen Nachteil erleiden. Es zeigt sich, dass die Akteure der Bauindustrie aufpassen müssen, Reichweite und Relevanz des Themas BIM nicht zu unterschätzen, heißt es in der Studie, die sich auf den deutschen Markt bezieht.

In Österreich scheint es mit dem Interesse an BIM auch nicht weit her zu sein. Das maue Interesse an einem im Vorjahr aufgelegten BIM-Beratungsscheck spricht Bände: Bislang haben sich doch schon 30(!) Baumeister-Betriebe österreichweit(!) für diese Förderung angemeldet. Robert Rosenberger (Geschäftsstelle Bau in der WKO): „Die erforderliche Eigenleistung von 600 Euro hat wahrscheinlich dazu geführt, dass sich bis jetzt hauptsächlich Betriebe angemeldet haben, die sich mit BIM schon intensiver beschäftigt haben.“ 

In der Bundesinnung Bau ist man sich aber bewusst, dass sich die Branche auf die Digitalisierung einstellen wird müssen. Rosenberger: „Es wird nicht darüber diskutiert ob, sondern vor allem wann von Auftraggeberseite, öffentlich und privat, BIM-Standards für welche Gebäudetypen und -größen eingefordert werden.“

Kann BIM verpflichtend vorgeschrieben werden?

Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2014 empfiehlt die Nutzung von BIM als Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. In Deutschland sieht der Stufenplan „Digitales Planen und Bauen“ eine verbindliche Nutzung von BIM bei öffentlichen Infrastrukturprojekten in Deutschland ab 2020 vor. In Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark, Finnland und Norwegen gelten bereits seit längerem entsprechende Vorschriften. In Großbritannien wurde 2011 eine eigene BIM Task Group eingerichtet. Auf europäischer Ebene arbeitet das „European Committee for Standardization“ (CEN) seit 2015 im Gremium CEN/TC 442 an einheitlichen europäischen Standards für BIM.

In Österreich stellt sich die Lage folgendermaßen dar: Die (bereits bis 18.4.2016 umzusetzende) EU-Richtlinie 2014/24 sieht in ihrem Art 22  Abs 4 die Möglichkeit vor, „dass die Mitgliedstaaten bei der Richtlinienumsetzung BIM als Planungswerkzeug verpflichtend vorschreiben – oder eben auch nicht. „Österreich hat sich für das „Nicht“ entschieden“, erklärt Vergaberechtsexperte Stephan Heid. Natürlich steht es dem öffentlichen Auftraggeber frei, die Nutzung von BIM vorzuschreiben (unter Einräumung eines alternativen Zugangs für die Unternehmer) ...“ Nachsatz: Konkret wären so gut wie alle Ämter der Landesregierungen, Gemeindebauämter und auch die BIG komplett überfordert gewesen. Heid: „Innovation funktioniert im public procurement in Österreich bis auf weiteres nur mit Zwang.“

BIM und Normen?

In Österreich sind seit dem 1.7.2015 die Önormen der Serie A 6241 gültig. In diesen Normen werden sämtliche Aspekte der BIM-Technologie berücksichtigt und mit neuartigen digitalen Bau-Komponenten den Projektbeteiligten für die von ihnen verwendeten Softwareprodukten dynamisch bereitstellt. In dieser Schlüsseltechnologie ist Österreich derzeit weltweit führend und kann das reifste Regelwerk vorweisen. Wesentlicher Bestandteil ist eine dynamische, beliebig erweiterbare Merkmaldatenbank, die auf offenen Standards, internationaler Kompatibilität und Mehrsprachigkeit in Benutzerführung und Inhalt beruht.

Auf europäischer Ebene ist geplant, dass ab 2018 öffentliche Bauherren BIM in ihren Abläufen implementieren und ihre Bauvorhaben in dieser Technologie abwickeln werden müssen. Dazu wurde bei der europäischen Normungsorganisation CEN (European Committee for Standardization), ein Technisches Komitee „CEN/TC 442 BIM“ mit dem Auftrag eingerichtet, normative Grundlagen zu erarbeiten. Eine der vier Arbeitsgruppen wird von einem Österreicher geleitet: Architekt Peter Kompolschek.

Wie werden die Baustoffe BIM-fit?

Neben der Geometrie besitzen Produkte auch viele nicht-geometrische Daten (Datenblätter, Montageanleitungen, Zulassungen etc.). Bei BIM werden die Objekte zum zentralen Informationsträger, die Geometrie also mit alphanumerischen Merkmalen verknüpft. Baustoffhersteller haben begonnen, digitale Kopien ihrer Produkte zur Verfügung zu stellen. Die Informationen werden in die BIM-Objekte integriert und üblicherweise in mehreren Dateiformaten zur Verfügung gestellt. Eine Standardisierung wäre hier von Vorteil,“ denn eine zentrale Baustoffdatenbank, die interoperabel und önormgerecht ist, fehlt“, sagt Baumeister Anton Rieder. Sehr oft müssen die Daten neu eingepflegt, die Objekte neu modelliert werden, bestätigt auch Theodor Strohal, Leiter der BIM.5D-Gruppe im Strabag-Konzern. 

Viele Bauprodukte sind über die cloud-basierte Plattform BIMobject zu importieren, die nach eigenen Angaben über 700 Marken und Hersteller listet. Architekten, Ingenieure, Konstrukteure oder Designer profitieren von einem kostenlosen Zugang zu herstellerspezifischen BIM-Objekten. Aber, so merkt Rieder an, die Modellierung sei vielfach noch zu unsauber und: „Durch die Datentiefe, die wir so oft gar nicht benötigen, gehen unsere Rechner in die Knie. Und wir reden jetzt nur von 3D.“

Der digitale Hausmeister – wie BIM fürs Facility Management nutzen?

Planungsdaten aus der Bauphase können auch für den nachgelagerten Gebäudebetrieb brauchbar gemacht werden, BIM wird damit zum Bauherren-Informations-Management. Bauherren (Investoren) und Betreiber von Gebäuden fordern diesen Mehrwert zunehmend ein. Für eine digitale Vernetzung von Attributen aus der Modellwelt und aus der Raumbuch- und Ausstattungs-Datenbank sorgen Spezialisten wie Prevera. Geschäftsführer Thomas Schnabl: „Im Betrieb geht es um andere Prozesse und es sind andere Personen involviert, wie beispielsweise Instandhaltung, Flächenmanagement oder Reinigung.“

Die visuellen Navigationsmöglichkeiten innerhalb des 3D-Modells bieten auch die Möglichkeit, auf alle hinterlegten und verknüpften Informationen für die Wartung zuzugreifen. Später kann der FM-Manager z.B. bei einem Schaden den Bauteil identifizieren und den Schaden auf einem mobilen Endgerät aufnehmen. Sofort liegen sämtliche Informationen vor und er kann Teile bestellen.

Der Einsatz von Laserscanning ermöglicht es auch, Bauwerksdatenmodelle von bereits errichteten Bauwerken im Nachhinein zu erstellen, um BIM-Daten in der Betriebsphase nutzen zu können.

Wie mobil ist BIM?

BIM unterstützt natürlich auch auf der Baustelle.  Geschäftsführer Markus Kohlhauser vom Architekturbüro plankwadrat aus Baden in Niederösterreich arbeitet bereits seit der Version 5 mit der BIM-Software Archicad und nutzt seit der Einführung im Jahr 2011 das leistungsstarke Planungswerkzeug BIMx.

Für den Visionär aus Niederösterreich ist es vor allem das ideale Zusammenspiel von Planungsdaten innerhalb des BIM-Projekts und die Möglichkeit, 3D-Daten auf dem mobilen iPad direkt auf der Baustelle oder beim Bauherrn zu präsentieren. Und das wird auch für Großprojekte und in Echtzeit für mehrere Beteiligte möglich, wenn eine Online-Verbindung zum BIM-Server von Graphisoft zur Verfügung steht. 

Kohlhauser sieht entscheidende Vorteile in seiner BIM-orientierten Arbeitsweise: „So können Abweichungen oder eventuelle Auffälligkeiten in der integralen Planung und Bauausführung mit dem iPad auf der Baustelle überprüft und dokumentiert werden. Sämtliche Ausführungspläne ebenso die Planstände etwa des Baustatikers oder TGA-Fachplaners sind sofort verfügbar.“ BIMx steht als App sowohl für iOS als auch Android-Geräte zur Verfügung. Damit werden auch der Austausch und die Betrachtung unabhängig vom mobilen Endgerät möglich. 

In 2D-Plänen nur schwer darzustellende, verdeckte Flächen lassen sich zügig und anschaulich in 3D visualisieren. „Damit ist unser Projekt besser verständlich für den Bauherrn. Doch auch Bauträger sind überrascht von Software, Usability und grafische Möglichkeiten“, stellt Kohlhauser fest und ergänzt: „Die Dokumentenvorbereitung hat sich im Vorfeld grundlegend verändert. Das bedeutet effizientere Abläufe. Für uns entsteht zwar der Aufwand, die Planung als bauteilorientierte BIM-Planung aufzusetzen, jedoch nur einmal zu Beginn. Danach können die Informationen automatisch in BIMx oder andere Anwendungen einfließen.“

Im Arbeitsalltag der Architekten, bei Baubesprechungen, kommt inzwischen meist das iPad zum Einsatz. Mit diesem lässt sich schnell und effizient auf die Grundlagen und Pläne von der plankwadrat zugreifen. Und sogar die Detailpläne werden am mobilen Gerät besprochen. Für Kohlhauser gibt es aber noch Potenzial, so im Bereich der Haustechnik: Hier arbeiten die Fachplaner noch nicht auf eine integrale Planung hin und nutzen die Möglichkeiten von BIM und BIMx leider noch nicht ideal.

Augmented Reality – die raffinierte Schwester der Virtual Reality?

In der Virtual Reality wird die reale Welt digital dargestellt. Durch die Verbindung mit der BIM-Planungssoftware werden VR-Systeme zu einem Kommunikationsmittel, mit dem digitale Gebäudemodelle virtuell begangen werden können. Augmented Reality, auf Deutsch „erweiterte Realität“, erschließt ganz neue Wege auf dem Gebiet der Interaktion und eröffnet die Möglichkeit, in Echtzeit auf virtuelle Daten zuzugreifen. Der Bauherr kann sein Tablet mit auf die Baustelle nehmen und das Modell aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Bauunternehmen können BIM-Modelle mit AR-Werkzeugen kombinieren und die Ablaufplanung der Gewerke durchspielen. 

Wird das virtuelle 3D-Modell dank eingespeister GPS-Daten mit AR-Werkzeugen verknüpft können Planer von Infrastrukturprojekten die Lage unterirdischer Versorgungseinrichtungen ohne baggern zu müssen inspizieren. Diese Vor-Ort-Informationen über verborgene Infrastrukturelemente können auch viele Jahre nach Abschluss des Projekts für den Bauherrn von immensem Wert sein, vor allem bei der Ausführung von Wartungs- und Umbaumaßnahmen. Facility-Manager können durch die Wände hindurchschauen und Versorgungsanschlüsse lokalisieren, um wartungstechnischen Problemen zu begegnen.