IFM Kongress a3bau
Alexander Redlein (IFM, TU Wien), Bernhard Huppmann (Deloitte), Jan Trionow (CEO Hutchison), Christian Traunfellner und Christian Kainz (Immofinanz) beim 11. IFM Kongress in Wien
© IFM/TU Wien

Immobilien: Digitalisierung in der Branche angekommen

Workplace Management und die Vorteile für Unternehmen und Digitalisierung bei Immobilien und Facility Management waren die zwei Hauptthemen des diesjährigen International Facility Management Congress.

Vor über zehn Jahren hat Deloitte zum ersten Mal neue Arbeitswelten in ihrem Wiener Stammsitz umgesetzt. Nun war es an der Zeit den nächsten Schritt zu gehen. Vor einigen Jahren setzte ja Deloitte Niederlande mit ihrem Bürogebäude „Edge“ ganz neue Maßstäbe. Das ist nun auch in Wien geschehen. Das Projekt ist Teil der Strategie von Deloitte und hat das Ziel Mobilität, Flexibilität und die Zusammenarbeit über Generationen hinweg zu unterstützen, sowie Technologie gezielt zur Performance-Verbesserung einzusetzen. Dabei war die Einbindung aller Mitarbeiter wichtig, um die Akzeptanz sicher zu stellen. „Neue Arbeitswelten brauchen andere Spielregeln. Daran müssen sich Mitarbeiter immer erst gewöhnen und veränderte Gewohnheiten sind immer schmerzhaft. Wer alle Mitarbeiter einbindet, hat fast schon gewonnen.“, so Dr. Huppmann von Deloitte. Ergebnis ist eine Aufgabenorientierte Arbeitsumgebung, von der sich die Kongressbesucher bei der Begehung auch selbst ein Bild machen konnten.

Nachfrage nach Ko-operativen Workspaces steigt

Wichtig ist immer die Lokalisierung, sprich die Anpassung internationaler Trends auf die lokalen Gegebenheiten. Nur dann ist eine erfolgreiche Umsetzung möglich. Das zeigt auch das Beispiel myhive. International wächst die Nachfrage nach Ko-operativen Workspaces. „We Work“ oder der „Hackerspace“ in Berlin sind nur einige Beispiele. In Österreich war das Konzept bisher nicht sehr erfolgreich, da jedes kleine Service extra zu zahlen ist oder die internationalen Anbieter keine geeignete Location vorfanden. Die Immofinanz hat das Konzept lokalisiert und nennt es myhive. Immofinanz setzt auf freundliches offenes Design und viel Platz für Kommunikation. Zwar gibt es die Bereiche der einzelnen Firmen, aber das Konzept schafft es auch durch großzügige Loungebereiche, Cafeterien und andere Infrastruktur, eine eigene Community pro Standort auf zu bauen.

Die Vernetzung steht im Mittelpunkt

Periodische Events dienen dazu, die Mitarbeiter zu vernetzen, innerhalb und mit ihrer Firma aber auch mit den anderen Unternehmen am Standort. Das war auch beim Gala Dinner zu erkennen, das im myhive Standort am Wienerberg stattfand und bei der sich alle sehr wohlfühlten und intensiv Netzwerken konnten. Christian Traunfellner von der Immofinanz erklärt: „Mit diesem Konzept differenzieren wir uns und erweitern die Wertschöpfungskette, da wir nicht nur leere Bürofläche anbieten.“

5G soll Probleme lösen

Jan Trionow der CEO von Hutchison brachte eine völlig neue Perspektive ein. 5G, der neue Mobilfunkstandard könnte viele derzeitige Probleme lösen und völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Statt Feldbus, EOTION, KNX etc. können die Devices direkt über 5G vernetzt werden. Die GSM Empfänger werden immer billiger und kommen ohne GSM Karten aus. So können sie flexibel eingebunden werden. Der neue Standard kann zudem viel mehr Geräte pro GSM Router einbinden und besser Bauwerke durchdringen. Gateways und Protokoll Probleme gehören der Vergangenheit an. Neue Player können den Markt einfach unterstützen bzw. auf den Kopf stellen. Sind Telekomanbieter die UBER der Facility Services in der Zukunft? Der Vortrag zeigte eine breite Palette an neuen Möglichkeiten, auch für die Eigentümer der Immobilien, da die Telekomprovider ihre (Glasfaser)Verkabelung benötigen, um rasch einen kostengünstigen Roll Out durchführen zu können. Die 5G Router benötigen einen direkten Anschluss an ein Glasfaserkabel, um die hohen Transferraten zu ermöglichen. (Gegen)Geschäften sind Tür und Tor geöffnet. „Wie lange die Umsetzung in Österreich dauert, hängt u.a. von der Kooperation mit den Eigentümern von Immobilien ab. Lassen Sie uns gemeinsam neue Geschäftsmodelle entwickeln und uns schon jetzt kooperieren, um ihre Liegenschaften zukunftssicher zu machen.“, so Trionow.

Einsatz neuer Technologien

Diese Aufbruchsstimmung war auch bei der Podiumsdiskussion mit Wolfgang Gleissner von der Big und Herwig Teufelsdorfer von der Vonovia/BUWOG zu erkennen. Während in den letzten Jahren vor allem die Vertreter von ausländischen Firmen sich offen zum Einsatz neuer Technologien bekannt haben und die Vorteile hervorgehoben haben, ist dieser Wandel nun auch in Österreich angekommen. Zumindest bei den innovativen Vertretern der Branche. Beide Unternehmen haben im letzten Jahr gemeinsam mit dem IFM der TU Wien die Möglichkeiten von Emerging Technologies wie Internet of Things (IoT), Machine Learning, Big Data analysiert und setzten sie auch gezielt ein. IoT wird in der BIG zum Beispiel verwendet, um die externen Dienstleister besser „controllen“ zu können. Gemeinsam mit Big Data ermöglicht es zugleich effiziente Energienutzung und das Erkennen von ungewöhnlichen Verbräuchen. Eine kontinuierliche Optimierung wird möglich.

Die Beispiele zeigen, dass große Nutzer und Developer mehr wollen oder vielmehr brauchen, und die neuen Technologien nicht nur selbst nutzen, sondern auch von ihren Dienstleistern verlangen, dass sie innovativ sind. Das Ziel: ihren Mietern bzw. Nutzern den „WOW-Effekt“ bieten zu können und sich damit zu differenzieren.

Innovation Challenge

Genau zu diesem Thema passt auch die Innovation Challenge, die die TU Wien dieses Jahr zum ersten Mal durchgeführt hat. Aus den zahlreichen Einreichungen hat eine hochrangige Jury das Siegerprojekt gekürt. Die docu tools GmbH, Gewinner der 1.Innovation Challenge der TU Wien, haben sich im Rahmen vom Kongress vorgestellt und auch gleich ihre Innovation den Kongressbesuchern mit Hilfe einer Live-Demo vorgeführt.

Auch das Austrian Zero Project wurde vorgestellt. Barrierefreiheit und Design sind keine Gegensätze und Barrierefreiheit kann ganz einfach sein, manchmal reichen schon breitere Wege in einem Park. Viele Projekte kosten nicht mehr, aber ermöglichen viel mehr. Ein gutes Konzept schafft echte Inklusion, da alle Menschen davon angezogen werden. Dies zeigten viele ansprechenden Konzepte die beim Kongress vorgestellt wurden.

Mehr offene Stellen

Valentin Hofstätter von Raiffeisen Research versetzte dem ganzen aber einen Dämpfer – oder doch nicht? Der Aufschwung der Weltwirtschaft hat seinen Höhepunkt überschritten. In den nächsten Jahren schwächt sich das Wachstum ab. Es liegt in CE immer noch bei rund 3,7% aber in SEE nur mehr bei 3,4%. Gleichzeitig nimmt der Preisdruck durch erhöhte Inflation zu. Die Arbeitslosenquote sinkt, aber immer mehr offene Stellen auch im Bereich Immobilien können wegen mangelnder Qualifikation nicht mehr besetzt werden. Wichtig ist aber die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit in Europa durch die hohen Lohnstückkosten und die geringe Produktivitätsentwicklung. Ein weiterer Effekt kommt dazu: Trotz vieler Baugenehmigungen sinkt die Leistbarkeit von Wohnimmobilien und das obwohl die Renditen für Investitionen in Wohnmobilen sinken. Das zeigt wie wichtig der Einsatz der innovativen Technologien auch im Bereich Immobilien ist, um die Produktivität zu steigern und vor allem die Betriebskosten zu senken, ohne die Qualität und das Wohlbefinden zu reduzieren.

Mitarbeitereinbindung

Die Ergebnisse des ersten Tages spiegeln sich auch in den Ergebnissen einer weltweiten Umfrage zum Thema New Ways of Working , präsentiert von Chris Hood, wieder. Die Top Ziele derartiger Projekte sind weltweit: Produktivitätssteigerung, Kostenreduktion aber vor allem auch Mitarbeiterbindung und Steigerung der Kollaboration sowie der Work Life Balance. Vor allem in den Bereichen Work Life sowie Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit zeigen sich auch die höchsten Wertsteigerungspotentiale. Diese zu messen birgt aber immer noch viele Probleme. Um die Konzepte umzusetzen, benötigt es vor allem den Einsatz von Technologien. Auch die Zielformulierung, die Kommunikation, die Weiterbildung und die Mitarbeitereinbindung sowie das Change Management sind wichtig um die richtige Lösung finden und erfolgreich umsetzen zu können. In den letzten Jahren hat sich vor allem Activity Based Working durchgesetzt. Es ermöglicht eine interne Mobilität und verstärkt Homeworking. Co-Working Lösungen werden vor allem genutzt, um Innovation zu fördern, neue Märkte zu erschließen aber auch um zu Experimentieren und um Kosten zu senken.

Auch die Wissenschaftler bestätigten die Aussagen und Trends des ersten Tages. Werner Pfeiffenberger zeigt wissenschaftlich fundiert den Trade Off zwischen KMU Bedarf und dem Angebot der Facility Dienstleister. Gerade der große Markt der KMU findet keine geeigneten Angebote vor. Sein Lösungsansatz: eine „Uber“ sprich eine „trusted“ Plattform für Facility Services. Auch bei UBER und Amazon kauft man bei unbekannten, teilweise sehr kleinen Unternehmen und hat keine Angst vor schlechter Leistungserbringung, da einerseits die Plattform dafür sorgt, dass man sein Geld bei Minderleistung zurückbekommt und andererseits durch die Bewertungsmöglichkeit solche Anbieter automatisch ausgeschieden werden.

Die Vorträge von Svein Bjorberg über Stadtentwicklung und von Angelika Metzger über Energieflexibilität in Bestandsgebäuden zeigten, dass wissenschaftliche Tools sowohl die Investitionsentscheidungen in der Stadtentwicklung als auch die Auswahl der richtigen Energieeffizienzmaßnahmen gut unterstützen können und sogar das Investitionsvolumen durch einfache Verbesserungsmaßnahmen reduzieren können.

Wien goes Stanford

Im Rahmen des Kongresses gab Alexander Redlein bekannt, dass er im Jänner und Februar von Stanford zu Vorträgen zum Thema Digitalisierung, Immobilien und Facility Management (FM) eingeladen ist. Im Rahmen seines Aufenthalts wird er auf Larry Lafer treffen - dem Mastermind hinter der Methode „Design thinking“ - und über ein gemeinsames Forschungszentrum im Bereich Immobilien und Facility Management sprechen.

Insgesamt stehen der Immobilienbranche diverse Umwälzungen bevor, aber wie man weiß können Unternehmen damit auch viel gewinnen, wenn sie sich rechtzeitig vorbereiten. Dafür zeigte der 11. IFM Kongress zahlreiche Ansätze.

Immobilien und Facility Management an der TU Wien