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Herwig Spiegl, Mitgründer von AllesWirdGut im Interview
© AWG

"Damit alles gut wird ..."

Beim aktuellen Hochhauswettbewerb für den Donaumarina Tower proben die Architekten den Aufstand. Das gesamte Teilnehmerfeld ist geschlossen zurückgetreten. Herwig Spiegl von Planungsbüro AllesWirdGut, das sich ursprünglich ebenfalls am Wettbewerb beteiligte, steckt im Interview jene Kriterien ab, die es braucht, um mit einem Architekturwettbewerb ein gutes Projektergebnis erzielen.

a3BAU: AllesWirdGut hat sich ursprünglich ebenfalls beim Hochhauswettbewerb Donaumarina Tower, der von der Bauträger Austria Immobilien GmbH (BAI) in Kooperation mit der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten ausgelobt wurde, beworben. Ihr Architekturbüro ist aber nicht in die zweite Runde gekommen. Im Nachhinein froh darüber?

Herwig Spiegl: Wir waren im ersten Schritt schon enttäuscht, dass wir nicht ausgewählt wurden. Haben dann aber festgestellt, dass sich gegen die Vertragsbedingungen Widerstand regt. Die Verträge scheinen nicht in Ordnung zu sein. Wobei es auch immer frustrierend ist, wenn ein Verfahren nicht stattfinden kann, weil es einfach unfair zu sein scheint. Wir kennen die Details aber nicht.  

Haben Sie schon einmal etwas für die BAI geplant? Denn in einer ersten Stellungnahme gegenüber der Kammer meinte man seitens der BAI, dass die Verträge schon öfter eingesetzt worden seien …

Wir haben schon für die BAI geplant. Ich kenne aber den angesprochenen Vertrag nicht und kann ihn daher auch nicht vergleichen mit dem Vertrag, den wir hatten. Prinzipiell wird aber jeder Vertrag, den wir abschließen, von uns mit dem Gegenüber noch verhandelt. Dieser fußt natürlich immer auf so genannten Standardverträgen, wird aber dann so lange bearbeitet, bis beide Parteien zufrieden sind.

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Geladener Wettbewerb: 08.2013 – 1. Preis: Doppelmayr Büro Hohe Brücke/ Wolfurt: Für den prägnanten Bau im Gewerbegebiet Hohe Brücke galt es, die regionale Verwurzelung des ursprünglich in die dörfliche Struktur des Ortsteils Rickenbach eingebetteten Betriebs auf den neuen Standort zu übertragen (c) Marc Lins

AllesWirdGut nimmt oft an Architekturwettbewerben teil. Würden Sie sagen, dass der Architekturwettbewerb prinzipiell ein geeignetes Instrument ist?

Das glaube ich schon. Der Wettbewerb als solches ist sicherlich nicht falsch. Erstens eröffnet er auch jenen Planungsbüros die Möglichkeit, die noch wenig oder nichts vorzuweisen haben, mal ein Projekt zu realisieren oder zu zeigen, dass sie entsprechende Ideen haben. Zum anderen ist der Wettbewerb immer gut, um die vermeintlich beste Lösung zu finden.

Architekturwettbewerbe haben schon eine längere Geschichte. Haben sich die Wettbewerbsbedingungen im Laufe der Zeit zuungunsten der Planer verschlechtert?

Man muss vielleicht ein bisschen unterscheiden. Das eine sind die Verträge, das andere ist der Wettbewerb als Instrument, um einen Planer für ein Projekt zu finden. Das Wettbewerbswesen als solches entwickelt sich stetig weiter. Als wir begonnen haben vor 20 Jahren, wurden wesentlich mehr offene Wettbewerbe durchgeführt. Heute kommen verstärkt zweistufige Verfahren zum Einsatz, wo in der ersten Stufe ein Bewerbungsverfahren vorgeschaltet wird, in welchem man entsprechende Referenzen vorweisen muss.

Da ist noch kein Entwurf dabei?

Es gibt unterschiedliche zweistufige Wettbewerbe. Bei jenen mit Bewerbungsverfahren muss  man Fähigkeiten nachweisen, die einen qualifizieren, wie Referenzen oder teilweise auch Umsatzzahlen. Wenn man die letzten 20 Jahre betrachtet, dann wurden mit diesen Kriterien gewisse Hürden aufgebaut. Für uns ist es größtenteils kein Problem, außer vielleicht bei gewissen Typologien wie dem Museumsbau, wo wir jetzt auch nichts vorweisen könnten. Aber wir haben auf anderen Ebenen ausreichend Referenzen, um zumindest die erste Hürde zu schaffen, theoretisch. Bei dem angesprochenen Wettbewerb, Donaumarina Tower, haben wir es auch nicht in die zweite Runde geschafft. Aber das haben Wettbewerbe so an sich. Das eine ist, überhaupt einmal teilnehmen zu können, das andere ist, ihn zu gewinnen. Das nächste ist, den Auftrag zu bekommen.

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Geladener Wettbewerb: 08.2012: Funke Media Office/ Essen (DE): Das Headquarter der international tätigen Funke Mediengruppe verweist auf ein kohärentes städtebauliches Areal, das sich wie ein wohlproportionierter Körper zu einem großen Ganzen fügt. (c) tschinkersten fotografie, 2019

Gutes Stichwort: Beim Donaumarina Tower Wettbewerb war es ja offensichtlich so, dass kein Versprechen für eine Mindestbeauftragung vorlag. Laut Vertrag könnte man den Wettbewerbsgewinner nach dem Vorentwurf kündigen.

Da stellt sich die Frage: Warum soll man da mitmachen?

Offensichtlich geht es nur um das Ideen einsammeln …

Das kann man auch machen. Aber dann ist es kein Realisierungswettbewerb. Denn dieser hat eben das Ziel, den Plan für eine Realisierung zu finden, und impliziert das Versprechen, den Gewinner mit Planungsleistungen zu beauftragen. Beim Ideenwettbewerb geht es nur darum, einen Wettbewerb der besten Ideen zu veranstalten ohne ein entsprechendes Auftragsversprechen.

Ohne in der Planung in die Tiefe zu gehen?

Die Art des Wettbewerbs sagt darüber noch nichts aus, aber das Preisgeld müsste dementsprechend wesentlich höher sein, da man ja eigentlich diese Ideen einkauft. Dafür kann man schon einen Ideenwettbewerb veranstalten, aber wie gesagt liegen die Preisgelder dann in einer anderen Preisklasse.

Angeblich wird oft kaum mehr zwischen Realisierungswettbewerben und Ideenwettbewerben unterschieden …

Eine seriöse Aussendung beschreibt sehr wohl, um welches Verfahren es sich handelt: Ist es ein Realisierungswettbewerb, ist es ein Ideenwettbewerb, ist es ein offener, ein EU weit offener, ist es ein einstufiger, zweistufiger Wettbewerb? Vielfach werden die Auftraggeber dabei von professionellen Ausschreibungsbüros betreut. Wenn diese erfahren sind, wissen sie, was eine Wettbewerbsauslobung alles beinhalten muss. Wenn sie wenig erfahren sind, lassen sie sich von Anwälten beraten. Dann gehen die Ausschreibungen meist an der Praxis vorbei.

Wahrscheinlich zu sehr auf das Rechtliche konzentriert?

Richtig. Es gehört eine gewisse Erfahrung dazu, um auf der einen Seite für die Planer alles transparent zu beschreiben, andererseits für den Bauherrn die Sicherheit zu gewährleisten, dass er auch bekommt, was er will. Wichtig ist dabei, ausreichend Spielraum zu lassen, sodass eben wirklich ein Wettbewerb der besten Ideen zustande kommen kann und nicht ein ganz enges Korsett vorhanden ist, in das sich alle zwängen müssen, sodass dann mehr oder weniger gleiche Lösungen herauskommen. Das will auch keiner. Es haben sich gewisse Büros etabliert, die sehr erfahren sind. Im Fall des Donaumarina Towers war es eigentlich ein Ausschreibungsbüro, das viel Erfahrungen vorweisen kann und mit dem wir auch immer sehr gute Erfahrungen gemacht haben.

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Wettbewerb: 03.2017 - 1. Preis: Bruckner Tower Linz: Die klar lesbare Skulptur stärkt als Landmark die Stadtlandschaft östlich des Lentia-Komplexes. Geknickte Fassaden reagieren auf die städtebauliche Situation und verleihen dem Hochhaus eine schlanke Anmutung mit einem wechselnden Erscheinungsbild und einer hohem Identifikationspotential (c) AllesWirdGut/ expressiv

Dennoch scheint die Ausschreibung in diesem Fall nicht zum Erfolg zu führen. Einer der kritisierten Punkte im Vertrag betrifft die Umplanungen, die ohne Honorare zu jedem Zeitpunkt inkludiert sind, also Planung „all inclusive“. Sind Pauschalhonorare üblich in der Branche?

Die Welt wird immer frecher und unverschämter.

Klingt nach Ausbeutung, aus meiner Sicht. Da kann der Bauherr noch zehnmal sagen, jetzt fällt mir das oder das ein und die Planung nimmt kein Ende …

Hier in Österreich haben wir ein sehr harmonisches Verhältnis zwischen Auftraggeber und Planer. Unsere Erfahrungen mit Rechtsstreitigkeiten sind sehr gering, in den Nachbarländern ist das ganz anders. So gesehen leben wir noch ein bisschen auf einer Insel der Seligen. In Österreich ist es vielfach so, dass man einen Vertrag abschließt, um einen zu haben, muss diesen aber sehr selten aus der Tasche ziehen und sich darauf berufen. Eigentlich läuft es recht gut. In Deutschland ist das Klagswesen wesentlich präsenter.

Der Bauherr hat ja im Prinzip nichts davon, wenn er einen Planer an und in der Hand hat, der widerwillig noch weiter arbeitet. Dann wird er wahrscheinlich nicht das gewünschte Planungsergebnis bekommen ...

Das ist natürlich immer schlecht, wenn man gegeneinander arbeitet. Einen Vertrag, in dem steht, man hat so lange umzuplanen, bis das Gegenüber zufrieden ist, würden wir so nicht unterschreiben. Streng genommen weiß man beim Planungsprozess zu Beginn nie, was am Ende herausschaut. Man muss sich annähern und dafür gibt es gewisse Instrumente. Ich verstehe zwar, dass man sich als Auftraggeber dem Planer nicht ausliefern will, aber diese Sorge, die manchmal von den Auftraggebern kommuniziert wird, ist meiner Ansicht nach übertrieben. Kein Bauherr muss Angst haben, dass letzten Endes etwas gebaut wird, was er nicht will. Aber es ist natürlich auch völlig klar, dass es nicht der Persilschein sein kann, als Planer jeden Gesinnungswandel des Auftraggebers mitzumachen, ohne dafür entsprechendes Geld zu bekommen. Das ist in jeder anderen Branche auch nicht anders. Von daher ist ein Vertrag, der so aufgesetzt wird, klar zurückzuweisen.

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Wettbewerb: 06.2012 – 1. Preis: Landratsamt Erlangen-Höchstadt/ Erlangen (DE): Als städtebaulicher Dreh- und Angelpunkt der Quartiersentwicklung setzt der kleeblattförmige Baukörper belebende Akzente. Rund um das Gebäude entstanden etwa Freiflächen, die den öffentlichen Raum qualitativ ergänzen (c) tschinkersten fotografie, 2018

Gibt es Kriterien, bei denen Sie sagen, da nehmen Sie nicht teil, weil ...

Wir versuchen uns natürlich nur dort zu bewerben, wo wir das Gefühl haben, dass auch eine faire Entscheidung zustande kommen kann. Das heißt, es braucht ein entsprechendes Preisgericht. Es sollte insofern eine Zusammensetzung vorweisen, die auch genügend Fachexpertise sicherstellt.

Wie ist Ihre Erfahrung mit den Preisrichtern in Österreich?

Es ist schon wichtig, dass der Auftraggeber Teil des Preisgerichts ist, denn er muss die Planung letzten Endes umsetzen, realisieren, bezahlen. Deswegen soll er auch mitsprechen können. Es ist auch wichtig, dass er eine gute fachliche Unterstützung in Form von Fachpreisrichtern sprich Architekten hat. Die müssen aber in der Jury als Team agieren. Es macht wenig Sinn, wenn die Architekten über den Bauherrn hinweg bestimmen, weil sie der Meinung sind, sie haben das alleinige Verständnis, der Bauherr versteht das nicht. Der Bauherr muss mit im Boot sein, ansonsten ist die Realisierung danach sehr schwierig.

Sie sprechen die Rolle der Sachpreisrichter an?

Ich kann von einem Sachpreisrichter nicht das gleiche Know-how erwarten wie von einem Fachpreisrichter. Das ist schon klar. Aber der Sachpreisrichter kann seinen Beitrag zur Entscheidungsfindung leisten. Und den muss ich auch zulassen. Ich glaube nicht, dass es eine rein architektonische Entscheidung sein darf. Denn dazu ist das Planen zu vielfältig. Einen Bauherrn, der überhaupt keine Ahnung hat, den muss ich abholen. Ein guter Jury-Vorsitzender wird tunlichst am Anfang Zeit investieren, um alle Anwesenden darüber zu informieren, wie der Wettbewerb ablaufen soll, welche Erwartungen man haben kann und haben soll, und welche nicht. Damit am Schluss auch wirklich alle bei dem Ergebnis das Gefühl haben, es passt.

Wenn ein Wettbewerb in Kooperation mit der Kammer abgewickelt wird, ist das ein Qualitätsmerkmal?

Das sollte es sein. Der private Bauherr ist in keiner Form gezwungen, einen Wettbewerb auszuschreiben. Aber es ist ein probates Mittel, um das beste Ergebnis vorab auszuwählen. Es ist auch ein Instrument, um zu kommunizieren, dass einem die Qualität wichtig ist. Der Wettbewerb ist, wenn Sie so wollen auch eine Möglichkeit, um sich selbst zu präsentieren und sicherzustellen, dass auch Büros teilnehmen, die man sich als Bauherr wünscht. Durch die Kooperation mit der Kammer wird sichergestellt, dass gewisse Bedingungen eingehalten werden, die man sich als Planer wünscht und erwartet. Leider funktioniert es nicht immer. Es gibt auch Wettbewerbe, die werden von der Kammer akzeptiert und man fragt sich schon, welche Position nimmt die Kammer hier ein. Im Grunde genommen sollte sie die Interessen der Planer vertreten. Wenn man das Gefühl hat, dass das im Wettbewerb in keiner Weise abgebildet ist, dann wird dieses Instrumentarium missbraucht.

Kommt das häufig vor?

In letzter Zeit kommt es immer öfter vor, dass zunächst keine Entscheidung für den ersten Preis getroffen wird. Dann ist es eigentlich eine schwache Jury, da sie es nicht schafft, eine Entscheidung zu treffen. Damit gibt man so ein bisschen auch die Verantwortung ab und sagt, dann nehmen wir die ersten drei und die sollen alle noch nachbessern. Das erhöht den Aufwand ungemein. Und die Bereitschaft des Auftraggebers noch mal Geld für diese Runde auf den Tisch legen, ist gering. Diejenigen, die dann von den dreien nicht zum Zug kommt, sind die doppelten Verlierer, denn sie haben den doppelten Aufwand und bekommen genauso viel Preisgeld wie all jene, die vorher schon ausgeschieden sind. Das ist nicht in Ordnung. Faire Vergütung ist generell ein heikles Thema.

Sie meinen die Aufwandsentschädigung, wenn man nicht zum Zug kommt?

Ein Wettbewerb ist immer ein sehr großer Aufwand. Wir wissen alle, dass gerade in der Architektur sehr viel an intellektueller Leistung am Anfang in ein Projekt einfließen muss, damit es überhaupt entstehen kann. Diese wird natürlich in einem Wettbewerb von allen gleichzeitig zur Verfügung gestellt. Es gibt dann unterschiedlichste Möglichkeiten, wie man den Aufwand in die Höhe treiben kann, je nachdem, was man alles verlangt an Visualisierungen, Modellen, Filmen und so weiter.

Das heißt, Sie schauen, dass die Leistungen halbwegs abgegolten sind, auch wenn Sie nicht zum Zug kommen?

Das schaffen wir nicht. Aber es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Man kann sagen: Das Auftragsversprechen ist so konkret und in einer gewissen Höhe, sodass das Risiko, das man eingeht, gerechtfertigt ist. Oder es gibt zumindest für alle, die nicht zum Zug kommen, entsprechende Vergütungen. Das wird nie eins zu eins sein, aber zumindest ein gewisser Anteil, um das Risiko zu reduzieren.

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Wettbewerb: 2016.06: Wohnhochhäuser Račianska in Bratislava: Für das ehrgeizige Vorhaben vereinte AWG gemeinsam mit dem slowakischen Projekt-Entwickler Corwin ein Projektteam mit Strahlkraft: die weltweit agierenden Energieplaner von Transsolar zeichnen sich für Klima Engineering und Haustechnik verantwortlich, Man Made Land aus Berlin gestalten die Landschaftsarchitektur und die Kommunikationsprofis von raum&kommunikation aus Wien entwickeln mit uns innovative Konzepte des Zusammenlebens (c) AWG

Wie solidarisch sind die Wettbewerbsteilnehmer, wenn unfaire Bedingungen offenkundig sind?

In manchen Fällen haben wir versucht, unter den Kolleginnen und Kollegen eine gewisse Solidarität abzufragen und zu sagen, das weisen wir geschlossen zurück und machen nicht mit. Die Erfahrung hat aber gezeigt, es gibt immer ein, zwei Büros, die doch mitmachen.

Sind sittenwidrige Verträge in dieser Hinsicht eine Falle für kleinere, noch unbekannte Büros?

Natürlich. Erstens haben sie die Erfahrung nicht, was in den Verträgen stehen darf und wissen vielfach auch nicht, was gewisse Formulierungen bedeuten. Die Chance ist die Karotte, endlich mal zum Zug gekommen. Die etablierten Büros mit langjähriger Erfahrung haben es leichter zu sagen, da machen wir nicht mit. Haben wir nicht nötig. Das ist eine schwierige Situation. Aber man kann nicht sagen, dass diejenigen, die ausscheren und bei einem Boykott nicht mitmachen, immer die jungen oder unbekannten Büros sind. Aber es ist ein positives Zeichen, dass beim Donaumarina Tower die Kollegen geschlossen zurücktreten und sagen, das lassen wir nicht mit uns machen. Vielfach jammern Teilnehmer über Bedingungen, aber es wird dann oftmals nicht in der letzten Konsequenz der Schritt gemacht, der notwendig wäre. Es heißt dann immer, der private Auftraggeber müsste ja gar nicht ausschreiben, seid doch froh, dass er überhaupt einen Wettbewerb macht. Das kann so nicht sein.

Apropos: Lieber ein öffentlicher oder ein privater Auftraggeber?

Das kann man so nicht sagen. Der beste Auftraggeber ist der, der tatsächlich daran interessiert ist, gemeinsam mit dem Planer etwas umzusetzen. Das kann man beim öffentlichen Auftraggeber genauso finden, wie beim privaten. Es braucht immer die Bereitschaft und den Willen, hier eine Beziehung einzugehen. Das heißt auf die unterschiedlichen Kompetenzen vertrauen, die alle mitbringen. Der Planer weiß etwas und der Auftraggeber weiß etwas. Das muss gegenseitig anerkannt werden, um dann gemeinsamen zu einem tollen Resultat zu kommen. Es gibt öffentliche Auftraggeber, denen ist das Resultat völlig egal. Die Ansprechpersonen sind in der Position der Projektleitung, weil ihnen diese Aufgabe übertragen wurde. Projektleiter kommen und gehen, während ein privater Auftraggeber sich vielleicht stärker mit dem Ergebnis identifiziert. Aber die Erfahrung hat gezeigt, das Engagement ist ganz stark personenabhängig. Man findet sehr gute Projektleiter und auch private Bauherren. Am wichtigsten ist, dass sie interessiert sind, etwas Gutes zu machen.

An wie vielen Wettbewerben jährlich nimmt AllesWirdGut teil?

Wir machen bei rund vierzig Wettbewerben im Jahr mit und gewinnen in etwa jeden achten, an dem wir teilnehmen.

Ist das ein gutes Ergebnis?

Für uns ist es ein Ergebnis, das wir brauchen. So gesehen ist es ein gutes Ergebnis. Natürlich ist es schöner, wenn man jeden gewinnt. Aber man muss die Projekte dann auch realisieren können. Wir brauchen im Jahr fünf gewonnene Wettbewerbe, damit dann zumindest vier zu einem Auftrag kommen, darunter auch große Projekte. Auch hier muss man sagen: In Österreich haben wir zumindest das Glück, dass der erste beim Wettbewerb eigentlich zu 99 Prozent den Auftrag auch bekommt. In Deutschland beispielsweise gibt es vielfach nach dem Wettbewerb dann noch ein Verhandlungsverfahren unter allen Preisträgern. Da können alle, die mit einem Preis prämiert wurden, erster bis dritter oder manchmal auch erster bis fünfter, in die Verhandlung eintreten, um dem Auftrag zu erhalten. Da zählt das Wettbewerbsergebnis nur zu einem gewissen Anteil. Die Entscheidung trifft dann nicht mehr die Jury, das Wettbewerbsergebnis hat dann verhältnismäßig wenig Wert. Da fragt man sich schon, wozu man einen Architekturwettbewerb überhaupt durchführt.

DI Herwig Spiegl

ist Gründungsmitglied von AllesWirdGut, ein international tätiges Architekturbüro mit Sitz in Wien und München. Gegründet 1999 von Andreas Marth, Friedrich Passler, Herwig Spiegl und Christian Waldner, zählt das Büro aktuell rund 80 Mitarbeiter.

www.awg.at