Markus Handler
Markus Handler über die Vorteile von Lean Management im Bauwesen
© Handler Bau

Lean Construction

Nicht austauschbar zu sein. Das ist Markus Handlers Erfolgsrezept und das Markenzeichen seines Unternehmens, der Handler Gruppe. Die eigene Entwicklung von Immobilien als neues Standbein ist da die logische Folge. Im Exklusiv-Interview mit a3BAU spricht er über die Neuausrichtung des Unternehmens, das Leuchtturmprojekt HoHo und warum Lean Construction besseres Bauen ermöglicht. Interview: Sabine Müller-Hofstetter

a3BAU: Sie sind nun seit zehn Jahren in der Geschäftsführung tätig – wie hat sich die Bauwirtschaft in dieser Zeit verändert?

Markus Handler: Als ich das Baugeschäft kennenlernte, hat es sich nicht sehr edel verkauft. Niemand ragte besonders heraus, man befand sich sozusagen auf einer Bauhöhe. Die Leistung der Unternehmen war austauschbar. Als reiner Baumeister war es also sehr schwierig, wirtschaftlich zu bestehen. Man musste in neue Richtungen denken. Gewerke aufbauen, die nicht austauschbar sind. Mit dem Holzbaugewerk heben wir uns von anderen ab. Es erfordert ein sehr hohes Fachwissen und eine genaue Auseinandersetzung mit der Materie, genauso wie im Stahlbau und im Spenglergewerk. Deshalb sind diese Leistungen nicht einfach so zu kopieren. Und dann war es uns wichtig, die Evolutionskette in der Immobilienwirtschaft hinaufzusteigen. Grundstückssuche, Planung, Bau, schlüsselfertige Übergabe. Wir kaufen und entwickeln Liegenschaften selbst oder bieten das komplette Paket für Dritte an. Dass wir da auch noch die Baukompetenz im Haus haben, ist schon ein Alleinstellungsmerkmal. Es schafft Vertrauen bei den Kunden, das glauben wir nicht nur, das haben wir erlebt. So gesehen, hat sich das Bauen für uns massiv verändert.

Die Handler Gruppe ist per se kein klassisches Bauunternehmen, weil es auch eine starke Holzbau-Kompetenz besitzt. Ist das ein Vorteil in Zeiten, in denen verstärkt der Hybridbau am Vormarsch ist?

Den reinen Holzbau im großräumigen Wohnbau umzusetzen, ist schwierig. Natürlich kann ein Holzbaubetrieb als Generalunternehmer anbieten, allerdings ist jeder Holzbauer oder Zimmerer auf sein Gewerk konzentriert. Dagegen haben Bauunternehmen, die sich in Richtung General- oder Totalunternehmer entwickeln, die Kompetenz, Projekte auch logistisch und gesamthaft abzuwickeln.

Apropos Logistik. Es gibt jetzt zwei operative Handler-Standorte – hier in Bad Schönau, und der Holzbau befindet sich in Neutal. Wäre ein Ausbau am Standort nicht sinnvoller gewesen?

Nach Neutal zu gehen, war aus mehreren Gründen naheliegend. Für den Holzbau, wie er von uns gedacht ist, waren die Platzanforderungen am Standort Bad Schönau nicht gegeben. Außerdem war damals die Förderlandschaft im Burgenland besser.

Wie hat sich die Auftraggeber-Struktur in dieser Zeit verändert?

In den zehn Jahren, in denen ich die Handler Gruppe führe, ist unser Umsatz von 35 Millionen auf 130 Millionen Euro reine Bauleistung gestiegen, davon entfallen rund 20 Prozent auf den Holzbau. Überwiegend sind wir im Wohnbau tätig, zu einem kleinen Teil auch in der Sanierung von Wohnungen. Etwa 25 Prozent sind gewerbliche und öffentliche Bauten wie zum Beispiel Schulen.

Sie haben die Entwicklung von Immobilien erwähnt. Was darf man sich hier erwarten?

Der Plan ist, diesen Bereich in dieser Geschwindigkeit weiter auszubauen. Derzeit haben wir elf Projekte in Umsetzung, in verschiedenen Stadien. Bei manchen ist der Kauf der Liegenschaft abgeschlossen. Andere sind in der Einreichplanung. Ein paar in Fertigstellung oder auch schon in der Phase der Vermarktung. Insgesamt reden wir da von 25.000 Quadratmetern Wohnfläche. Mittelfristig wollen wir das in den nächsten zwei Jahren auf 40.000 bis 45.000 und langfristig auf 60.000 bis 80.000 Quadratmeter anheben.

Welche Leistungen werden dabei von Handler angeboten?

Bei den laufenden Projekten machen wir die komplette Immobilienentwicklung auf Eigeninitiative. Von der Grundstücksuche bis zur Vermarktung.

Geht es hier um Eigentumswohnungen oder wird Handler auch in die Vermietung gehen?

Beides. So sieht es unser Business-Plan vor. Wir behalten Liegenschaften, vermieten die Wohnung oder verkaufen sie einzeln. Wir vermieten aber auch Liegenschaften im Gesamten und verkaufen sie dann als Anlageobjekte für institutionelle Investoren.

Wo sollen diese Developments geografisch gesehen stattfinden?

In Wien und Umgebung.

In Wien gehen derzeit die Grundstückspreise durch die Decke. Wie ist Ihre Strategie, um ein Projekt wirtschaftlich zu halten?

Derzeit ist es noch möglich, leistbare Grundstücke zu kaufen.

Von welchen Quadratmeterpreisen in Wien und Umgebung reden wir da?

Kommt darauf an, was man will. Möchte man im Luxussegment agieren oder eine Immobilie zu durchschnittlichen Preisen in die Vermarktung bringen. Die Frage ist, was am jeweiligen Standort funktioniert. Wir sind nicht im geförderten Wohnbau tätig. Unser Bereich ist das leistbare Wohnen, und das zu 90 Prozent.

Kommen wir zu einem Projekt, mit dem Handler kurzfristig ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt ist: das HoHo in Wien. Holz- oder Hybridbau?

Hybridbau. Das HoHo hat fünf Baukörper. Einer davon ist komplett fertig, zwei gerade in Fertigstellung. Das Hochhaus selbst, also der Leuchtturm des Projektes, ist gerade im Entstehen, also Mitte Rohbau.

Was wird man an der Fassade sehen?

Die beiden niedrigen Baukörper haben eine Fassade aus Lärchenholz. Bei den höheren hat sich der Bauherr für eine Eternit-Fassade in unterschiedlichen Brauntönen entschieden, weil ja in 84 Metern Höhe die Wind- und Wetter-Belastung ausschlaggebend ist. Im Holzbau kommt es sehr darauf an, wo man diesen natürlichen Baustoff idealerweise einsetzt. Das entscheidet über die Langlebigkeit des Gebäudes. Die hohe Qualität der Ausführung sichert die hohe Wohnqualität.

Sind Sie über die Ausschreibung an das Projekt gekommen oder hat man schon speziell an Handler gedacht, weil eben nicht nur die Kompetenz im Holzbau da ist?

Wir waren schon in einer sehr frühen Phase eingebunden, was uns natürlich sehr entgegenkommt.

Sie sprechen von Lean Management?

Lean Management wie wir es verstehen, war bei diesem Projekt nicht im Fokus, wurde aber in vielerlei Hinsicht gelebt. Das Projekt forderte den Lean-Gedanken, weil es eben ein Leuchtturmprojekt ist. Technisch gesehen ist es für den Holzbau ein Vorstoß in eine andere Dimension. Wir haben intensiv mit den Ingenieurbüros zusammengearbeitet. Als Ausführender war es notwendig, bei den Versuchsreihen vor Baustart und in der Planungsphase mitzugestalten.

Markus Handler„Wir wollen als sehr solides, frisches, in die Zukunft blickendes Unternehmen wahrgenommen werden, das als Arbeitgeber für helle Köpfe in Wien, Niederösterreich und Burgenland attraktiv ist.“

Was verstehen Sie unter Lean Management?

Wir beschäftigen uns seit acht Jahren damit, im Zuge der Überlegungen, wie wir unser Gewerbe besser positionieren können. Lean kommt ursprünglich aus der Automobilindustrie in Japan. Wenn Lean in einem Unternehmen in der Breite verinnerlicht ist, setzt das  Dynamiken in Gang, die man nicht für möglich hält.

Wie haben Sie den Lean-Gedanken im Unternehmen etabliert?

Wir haben einfach begonnen, die Lean-Kultur zu leben. Bei uns ist das eine sehr offene, lösungsorientierte Philosophie, die sehr positiv mit Fehlern umgeht. Sie sind da, um daraus zu lernen, und nicht, um denjenigen, der sie macht, zu verurteilen. Wir zeigen Probleme auf. Wir sprechen sie an. Wir wachsen daran. Und wir verbessern uns dadurch.

Funktioniert das über Schulungen oder wie muss man sich das vorstellen?

Wir reden hier nicht von einem abgeschlossenen Prozess, sondern von kontinuierlicher Weiterentwicklung. Durch Lean bekommt man im Laufe der Zeit ein ganz neues Bild von einem selbst und von den  Visionen. Wir haben mit ganz banalen Schulungen angefangen und Dinge hinterfragt. Wie interpretieren wir die Önorm? Wie benutzen wir Werkzeuge? Wie erhöhen wir unsere Fluss-Effizienz, um dem Kunden das Beste zu liefern? Damit ist ein Umdenken entstanden: Es geht nicht mehr vorwiegend um den Gewinn des Unternehmens. Das wäre von kurzfristigem Wert, wenn wir nicht gleichzeitig daran denken, wie wir das Beste für den Kunden erbringen. Dieser Gedanke ist der eigentlich erfolgsorientierte.

Was sind die Eckpfeiler von Lean Management für ein Bauunternehmer, also Lean Construction?

Das Wichtigste ist die Vision. Was wir uns wünschen, ist: mit dem Kunden schon an der Idee des Projekts mitzuarbeiten. Dadurch erkennt man die Engpässe, Schnittstellen und Problematiken in einem frühen Stadium und kann sie ausräumen. Das erhöht die Fluss-Effizienz und senkt die Baukosten. Es ist ein partnerschaftliches Modell, weil es vom Kunden eine Bindung an das Bauunternehmen erfordert. Letztlich aber profitieren beide davon, das haben wir gesehen. Für den  Kunden bedeutet es ein schnelleres, friktionsfreieres und günstigeres Bauvorhaben.

Sich sehr früh an ein Bauunternehmen zu binden, da muss man vermutlich bei den Auftraggebern noch viel Überzeugungsarbeit leisten …

Das Stichwort ist Transparenz. Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig, dass der Kunde weiß, was das Bauunternehmen verdient. Das Bauunternehmen wiederum muss informiert sein, was mit der Immobilie passiert. Was soll das Ding können? Wie geht es in die Vermarktung? Nur dadurch lässt sich die Identität schaffen, die für ein gemeinsames Arbeiten wichtig ist. Nur so kann die Vision in allen Köpfen leben. Der Planer, der Bauunternehmer und alle Gewerke müssen wissen, wofür sie ihre Arbeiten leisten. Geht es nur darum, wer was wann abgearbeitet hat und die Baustelle wieder verlässt, erreicht man so ein Zusammenspiel nicht.

Also kooperative Projektabwicklung ist der richtige Weg?

Ja.

Bedeutet aber auch längere Vorlaufzeiten …

Die Vorbereitungszeit ist länger, vor allem intensiver, und es bedarf eines Vertrauensvorschusses vom Kunden. Die Gesamtabwicklungszeit dagegen ist kürzer.

Derzeit läuft es aber gerade in eine andere Richtung. Bauindustrie und -gewerbe leiden unter immer kürzeren Vorlaufzeiten. Wenn sich der Bauherr für ein Projekt entscheidet, soll drei Wochen später am besten schon mit dem Bau begonnen werden …

Stimmt, das passiert leider laufend. Wobei das Projekt an sich in der Entwicklung schon eine längere Lebensdauer hat. Dass innerhalb so kurzer Zeit ausgeschrieben und vergeben wird, liegt daran, dass die Projektentwickler die Finanzierung oft erst mit Vorliegen der Baugenehmigung verhandeln und bekommen. Da ist die Zeit zwischen Angebotsabgabe und Baustart dann knapp.

Wie lässt sich das auflösen?

Mit einem Umdenken in der Abwicklung des gesamten Projektprozesses. Damit können die Projekte in Zukunft sauberer aufgesetzt werden, die Kunden werden zufriedener sein, und es wird weniger Gewährleistungsthemen geben.

Damit lassen sich letztendlich auch die Margen erhöhen, die in der Bauindustrie ja nicht gerade hoch ausfallen …

Das Gewinn- und Verlustthema in der Bauindustrie und im Baugewerbe ist immer mal wieder am Tisch. Ich glaube, es ist legitim, als Bauunternehmer einen Verdienst zu erzielen. Jeder erledigt sein Gewerk, um am Ende des Tages erfolgreich zu sein. Erfolg kann auf verschiedenen Ebenen definiert sein.

Handler Bau in Zahlen

  • Das Unternehmen Handler gibt es seit 1862. Das Bauunternehmen Handler in seiner jetzigen Form wurde vor knapp 60 Jahren in Kirchschlag durch KommR. Ing. Walter Handler als Baumeisterbetrieb gegründet, davor war es ein Holzbau/Zimmerei-Betrieb
  • Im Jahr 2000 wurde das Bau- und Zimmereiunternehmen von Kirchschlag nach Bad Schönau verlegt
  • 2010 wurde der Immobilienzweig mit der Entwicklung und Vermarktung von Eigenprojekten begonnen
  • seit 2014 ist der Holzbau sowie Spenglerei und Dachdeckung in Neutal angesiedelt
  • DI Markus Handler führt das Unternehmen in der 5. Generation
  • ca. 380 Mitarbeiter
  • 3 Standorte (Zentrale in Bad Schönau, Holzbau in Neutal, Büro in 1060 Wien)

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