Hände tragen Häuser
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Hürden und Chancen in der Kreditvergabe

Die Schere zwischen Bedarf und tatsächlicher Bautätigkeit geht weiter auseinander. Die Ursachen sind vielfältig: stark gestiegene Baukosten, zögerliche Kreditvergabe sowie unzureichende Fördervolumina. Aktuell kommt Bewegung in die Debatte: Die Zinspolitik der EZB, das Auslaufen der KIM-VO und neue Impulse zur Zweckbindung der Wohnbauförderung eröffnen Chancen für eine Neugestaltung der Rahmenbedingungen.

In einem Brief äußerte Wilfried Haslauer, Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz kürzlich seinen Unmut übe rein Rundschreiben der Bankenaufsicht FMA, die auch die KIM-Verordnung zu verantworten haben. Es sei nicht hinzunehmen, dass einerseits die KIM-Verordnung auslaufe, aber die Banken weiterhin zu einer streng(er)en Kreditvergabe aufgerufen werden. 

Die Diskrepanz zwischen Wohnraumbedarf und tatsächlicher Bautätigkeit verschärft sich ohnehin zunehmend. Beispiel Vorarlberg: Laut einer Studie des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) müssten jährlich rund 2.800 neue Wohnungen entstehen, um den Bedarf zu decken. Tatsächlich liegt der erwartete Output bis 2027 bei lediglich etwa 2.000 Einheiten jährlich – eine direkte Folge der eingebrochenen Neubautätigkeit seit Beginn der 2020er-Jahre. Steigende Baukosten und erschwerte Finanzierungsbedingungen trugen maßgeblich zu dieser Entwicklung bei.

In die Rahmenbedingungen für Wohnbaufinanzierung kam zuletzt Bewegung aus mehreren Richtungen. So hat die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts der sinkenden Inflation und der schwachen Konjunktur im Euroraum ihren Zinssenkungskurs fortgesetzt und der EZB-Rat den Leitzins im Euroraum um einen Viertelpunkt auf nunmehr 2,0 Prozent gesenkt.

Mit dem Auslaufen der hierzulande umstrittenen KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) öffnet sich aktuell ein Zeitfenster für die Neugestaltung der Wohnbaufinanzierung. Die KIM-VO, die 2022 vom Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) eingeführt wurde, sollte die übermäßige Verschuldung von Haushalten durch strenge Eigenkapital-, Laufzeit- und Tilgungsanforderungen eindämmen. In der Praxis führte sie jedoch vielfach zu einer drastischen Einschränkung der Kreditvergabe, insbesondere für junge Familien und mittlere Einkommensschichten, was den Rückgang der Neubautätigkeit zusätzlich beschleunigte. Mit dem Wegfall dieser strengen Vorgaben steht es den Banken nun wieder offen, flexiblere und kundenorientierte Finanzierungsmodelle zu entwickeln – etwa durch angepasste Eigenkapitalquoten oder differenzierte Risikoanalysen. Branchenvertreter fordern bereits, dass dieser Spielraum auch tatsächlich genutzt wird, um leistbaren Wohnraum zu fördern und dringend benötigte Bauprojekte wieder zu ermöglichen.

Bankenabgabe als Lenkungsinstrument in der Kreditvergabe

Gerade für den privaten Wohnbau und für gewerbliche Bauträger braucht es flexible, tragfähige Finanzierungslösungen, um dringend benötigte Projekte realisieren zu können. Ein möglicher Hebel könnte auch die geplante Bankenabgabe sein. Diese sollte so ausgestaltet werden, dass sie jenen Banken Vorteile bietet, die ihr Hypothekarkreditvolumen wieder ausweiten – besonders für Investitionen in Wohn- und Gewerbebau. Neben einer wirtschaftlichen Steuerungsfunktion könnte ein solches Modell auch Vertrauen und Zuversicht in der Branche stärken.

In diesem Zusammenhang wird auch eine Änderung des Mandats des Finanzmarktstabilitätsgremium diskutiert. So zweckmäßig die Tätigkeit des FMSG für die Finanzmarktstabilität Österreichs sein mag, zeigt der Umgang mit der KIM-VO dringenden Handlungsbedarf auf. Eine Institution mit der Schlagkraft des FMSG sollte nicht ausschließlich auf den einen Aspekt der Finanzmarktstabilität fokussieren. Es sollten unbedingt auch Aspekte der konjunkturellen Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen in seine Entscheidungen einfließen. Zur fachlichen Absicherung sollte dem Gremium in Ergänzung zu BMF, FMA und OENB auch das WIFO angehören.

Der Systemrisikopuffer kommt

Der österreichische Bankensektor zeigt sich aktuell laut dem jüngsten Financial Stability Report trotz konjunktureller Schwäche und geopolitischer Risiken stabil. Die heimischen Banken erzielten 2024 trotz eines leichten Rückgangs gegenüber dem Vorjahr mit 11,5 Milliarden Euro den zweithöchsten Jahres­gewinn ihrer Geschichte, den sie zur Stärkung der Kapitalausstattung verwendeten. Sowohl Gewinn als auch Kapital befinden sich nahe historischer Höchststände und sind wichtige Risikopuffer, gerade im aktuellen wirtschaftlich herausfordernden Umfeld.

Während sich im privaten Wohnimmobiliensektor die Kreditqualität verbessert habe, mutierte der Bereich der Immobilien- und Baukredite im Unternehmensbereich vom Musterschüler zum Sorgenkind, so OeNB-­Direktor Markus Schwaiger. Im Vorjahr lag der Anteil notleidender Unternehmenskredite in dem Sektor bereits bei 51 Prozent aller notleidenden Firmenkredite. Fünf Jahre zuvor, 2019, waren es nur 26 Prozent. 

Vor allem bei Projektfinanzierungen war der Anstieg in den vergangenen Jahren sehr hoch. „Nahezu jeder zehnte Projektfinanzierungskredit in dem Bereich ist schon ausgefallen“, sagte Schwaiger. Zudem sei das Risiko unter den Banken sehr ungleich verteilt. Vor allem kleinere und mittlere Banken würden teils hohe Ausfallquoten aufweisen, während große Banken deutlich besser abschnitten.

Um der Entwicklung entgegenzuwirken, haben die Notenbanker bereits vor einigen Monaten einen sektoralen Systemrisikopuffer von einem Prozent ab Juli 2025 angekündigt. In der 42. Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums im Oktober letzten Jahres wurde die Empfehlung für den Einsatz des Systemrisikopuffers ausgesprochen, um die systemischen Risiken aus Gewerbeimmobilienfinanzierungen einzudämmen. Er zählt zu den strukturellen makroprudenziellen Kapitalpuffern und ist im europäischen Rahmenwerk verankert (Capital Requirements Regulation und Capital Requirements Directive). Er ist damit Teil der aufsichtlichen Eigenmittelanforderungen an die Banken, die in nationalem Recht umgesetzt sind (§ 23e Bankwesengesetz) und ist in hartem Kernkapital zu halten.

Die vorgelegten Daten bestätigen nun die Notenbanker in ihrer Annahme, dass der Puffer notwendig ist, so Schwaiger. Eine rasche Senkung der NPL-Quoten aufgrund des Puffers ist aber nicht zu erwarten. „Bis die Quoten wieder sinken, wird eine gewisse Zeit vergehen“, auch weil das Problem nicht aktuelle Kreditvergaben seien, sondern bereits getätigte Vergaben aus der Vergangenheit, so der OeNB-Direktor. Bereits die Ankündigung des Puffers habe bei den Banken aber die „Awareness“ für das Thema erhöht, sagte auch OeNB-Direktor Thomas Steiner. Im Herbst evaluieren die Notenbanker, ob die Höhe des Systemrisikopuffers ausreicht oder angepasst werden muss.

Zweckwidmung der Wohnbauförderung

Experten, Verbände wie VWBF und gemeinnützige Bauvereinigungen sowie die Wirtschaftskammer fordern mit Nachdruck die Rückkehr zur Zweckbindung – also die verbindliche Verwendung der Mittel ausschließlich für Wohnbaumaßnahmen. Argumentiert wird mit der Notwendigkeit, plan- und kalkulierbar bezahlbaren Wohnraum sicherzustellen. Der VWBF fordert zudem eine Erhöhung des Fördervolumens auf ein Prozent des BIP und eine verfassungsrechtliche Absicherung dieser Zweckbindung. Ziel ist, die Finanzierung auf stabile Beine zu stellen und die Förderquote langfristig zu erhöhen. Ein methodisch begleitender Finanzausgleich wird als Voraussetzung für die Umsetzung betrachtet.

„Die Wohnbauförderung spielt insbesondere in Bundesländern wie Vorarlberg eine große Rolle, wo sie oft die einzige Möglichkeit darstellt, Eigentum zu erwerben. Eine Verlängerung der bestehenden Förderkonditionen über das derzeitige Laufzeitende 2025 hinaus ist dringend erforderlich, um Bauvolumen und Arbeitsplätze zu sichern“, so Amann.

Alternative Finanzierungsformen

In diesem herausfordernden Umfeld gewinnt auch Leasing als alternative Finanzierungsform an Bedeutung. Es ermöglicht Unternehmen und Kommunen Investitionen zu tätigen, ohne sofort hohe Kapitalbeträge binden zu müssen. Leasingmodelle bieten Flexibilität und können auf die spezifischen Bedürfnisse der Bau- und Immobilienbranche zugeschnitten werden.

» Mobilien-Leasing: Maschinen und Geräte effizient nutzen

Leasing von Baumaschinen und -geräten ermöglicht es Bauunternehmen, stets auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben, ohne hohe Anschaffungskosten zu tragen. Hersteller und bankenunabhängige Leasinggesellschaften bieten individuelle Vertragsmodelle an, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Bauunternehmen zugeschnitten sind. Dabei stehen Transparenz, Kosteneffizienz und eine partnerschaftliche Beratung im Vordergrund, um nachhaltiges Wachstum und wirtschaftlichen Erfolg zu fördern.

» Immobilien-Leasing: Vorfinanzierung und Nutzung

Immobilien-Leasing verbindet die Vorteile von Miete und Eigentum. Dabei erwirbt die Leasinggesellschaft die gewünschte Liegenschaft und errichtet das Gebäude nach den Vorstellungen des Leasingnehmers. Der Leasingnehmer profitiert von der Vorfinanzierung und zahlt erst ab Fertigstellung des Bauvorhabens – also dann, wenn er auch einen Nutzen von der Immobilie hat. Dies ermöglicht eine kostensparende und langfristig sichere Finanzierung von gewerblichen oder kommunalen Immobilienprojekten.

Trend Green Leases

Projektentwickler und Immobilieneigentümer sehen sich im Zuge strenger werdender gesetzlicher und europarechtlicher Anforderungen zunehmend in der Pflicht, nicht nur beim Bau, sondern auch bei der laufenden Nutzung ihrer Gebäude ökologische Standards zu erfüllen. Neben der Verbesserung der Energieeffizienz rücken dabei auch grüne Energieerzeugung und nachhaltige Mobilität in den Fokus. Vor diesem Hintergrund gewinnen sogenannte Green Leases – also Mietverträge mit Nachhaltigkeitsklauseln – stark an Bedeutung. 

Diese zielen darauf ab, den Gebäudebetrieb nach ökologischen Kriterien auszurichten, etwa durch verbindliche Maßnahmen zur Energieeinsparung, den Einsatz umweltfreundlicher Materialien, nachhaltige Hausverwaltung oder Mobilitätslösungen wie E-Ladestationen. Obwohl Green Leases bisher keiner normierten Definition oder Zertifizierung unterliegen, orientieren sich viele an den Empfehlungen des deutschen ZIA, die auch in Österreich Beachtung finden. 

In der Praxis sind sie vorrangig im gewerblichen Bereich zu finden und erlauben individuelle Ausgestaltungen, von Absichtserklärungen über konkrete Zielvereinbarungen bis hin zu Energie-Monitoring und ökologischen Modernisierungspflichten. Die damit verbundenen Vorteile – wie Betriebskostensenkung, Erhöhung der Gebäudewertigkeit und ESG-Konformität – sind beträchtlich. Gleichzeitig stellen die engen Vorgaben des Mietrechtsgesetzes (MRG) sowie die strengen AGB-Vorgaben eine juristische Herausforderung dar, die eine sorgfältige und transparente Vertragsgestaltung erforderlich macht. Green Leases sind somit ein zukunftsweisendes Instrument, das ökologische und wirtschaftliche Interessen sinnvoll miteinander verbindet.

Kreislaufwirtschaft durch Leasing von Bauteilen pushen

Leasingmodelle können auch zur Förderung der Kreislaufwirtschaft beitragen. Ein Ansatz besteht darin, ganze Bauteile wie Fassaden zu leasen. Nach einer bestimmten Nutzungsdauer können diese Bauteile an den Leasinggeber zurückgegeben und durch moderne, den aktuellen Standards entsprechende Komponenten ersetzt werden. Dies ermöglicht es Herstellern, hochwertige Rohstoffe zurückzugewinnen und gleichzeitig den Nutzern innovative und schadstofffreie Gebäude zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten.

Im Rahmen des Projekts „RessProKA“ der Fachhochschule Münster wurden Methoden entwickelt, um fest installierte Bauprodukte wie Türen, Fußbodenplatten und Deckenelemente zu leasen. Diese Produkte bleiben im Besitz des Herstellers und werden nach der Nutzung zurückgegeben, aufbereitet und erneut verwendet. Ein Beispiel ist die Wiederverwendung von Gipsfaserplatten für Fußböden, bei der eine CO₂-Einsparung von bis zu 75 Prozent im Vergleich zur Herstellung neuer Platten erzielt werden kann.

Sustainable Finance im Bauen

Banken spielen bei der nachhaltigen Transformation der gebauten Umwelt eine zentrale Rolle. Entscheidungen im Rahmen von Finanzierungen beeinflussen den Erfolg unmittelbar. Damit haben Finanzinstitute die Chance, aktive Treiber der Entwicklung zu werden – stehen aber auch gemeinsam vor der Herausforderung, wie sie dieser Rolle im Kontext bestehender sowie sich entwickelnder Regulatorik gerecht werden.
 
Genau hier setzt die Initiative „Sustainable ­Finance im Bauen“ an. Ihr Ziel ist es, kommerzielle Immobilienfinanzierer und Retailbanken dabei zu unterstützen, aktive Partner der Transformation hin zu einem zukunftsfähigen Gebäudebestand zu werden. Als Bottom-up-Initiative verbindet sie die Akteure des Finanzsektors mit der technischen Expertise des DGNB-Netzwerks. Durch ihren starken Praxisfokus trägt sie dazu bei, effektive und umsetzbare Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung des Gebäudesektors zu fördern.
 
„Die Grundlage für Finanzierungsentscheidungen im nachhaltigen Bauen ist teils verheerend. Und das nicht, weil das Thema den Banken egal ist. Sondern weil eine große Unwissenheit herrscht, wie eine verlässliche Bewertung der Nachhaltigkeitsqualität vorgenommen werden kann. Oder weil bestehende Methodiken als Basis zur Einstufung von Gebäuden genutzt werden, die dafür schlichtweg nicht geeignet sind. Als DGNB versprechen wir uns von der Zusammenarbeit mit den Banken eine Menge“, erklärt Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. 

„Schon bei den ersten Treffen war deutlich spürbar, dass bei den teilnehmenden Finanzinstituten ein großer Wille besteht, das Richtige zu tun. Was bislang gefehlt hat, war der Brückenschlag zur Bauwirtschaft und der Zugang zu unabhängigem, tiefgehendem Fachwissen zum nachhaltigen Bauen. Genau das ändern wir mit der Initiative."