Roadmap Darstellung
Die Corporate Sustainability Reporting Directive der Europäischen Kommission zielt auf eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung ab.
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Kurskorrektur zwischen Anspruch und Realität

Die Corporate Sustainability Reporting Directive der Europäischen Kommission zielt auf eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung ab und fordert von Unternehmen umfassende Transparenz in Bezug auf ESG-Aspekte (Environment, Social, Governance).

Mit dem ersten Omnibus-Paket ruderte die EU wieder ein Stück zurück, um ein „unternehmensfreundliches Umfeld zu schaffen und übermäßige Regulierungslasten abzubauen“. Welche Pflichten stehen jetzt tatsächlich an und wie geht es weiter?

Anfang Mai veröffentlichte die Porr ihre neue ESG-Strategie. Sie wurde auf Basis der regulatorischen Anforderungen der CSRD-Richtlinie entwickelt und stellt nachvollziehbar dar, mit welchen konkreten Maßnahmen die Porr bis 2030 ihre strategischen Nachhaltigkeitsziele erreichen will. Porr-CEO Karl-Heinz Strauss dazu: „Unsere bisherige Nachhaltigkeitsstrategie wurde im Jahr 2022 eingeführt. Seitdem hat sich in den Standards und auch in den praktischen Handlungsmöglichkeiten rund um die Nachhaltigkeit vieles zum Positiven verändert. Unsere neue ESG-Strategie bildet den neuesten Stand der Forschung, der technologischen Entwicklung und Regulatorik umfassend ab.“

Als positive Veränderung wird in der Bauwirtschaft wie bereits berichtet das Omnibus-Paket I und die Ankündigung weiterer Omnibus-Pakete aufgenommen. Die Kommission strebt eine Neuausrichtung von EU-Vorschriften an, um politische Ziele kosteneffizient zu erreichen. Ziel ist eine Reduzierung der Verwaltungslasten um mindestens 25 Prozent, für KMU sogar um mindestens 35 Prozent bis Ende der Amtszeit. Damit sollen die Berichterstattungspflichten, die sich aus der „Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung“ (CSRD) und der „Richtlinie über die Erfüllung der Sorgfaltspflicht von Unternehmen“ (CSDDD oder auch Lieferketten-Richtlinie) ergeben, gelockert werden. Anfang April stimmte das Europäische Parlament in einem Eilverfah­ren der Verschiebung der Anwendungs­fristen mit klarer Mehrheit zu.

Für die Unternehmen bedeutet das mehr Zeit. Insbesondere für mittelständische Betriebe erschienen die Verpflichtungen auf den ersten Blick als erhebliche bürokratische Belastung, die eine Menge an zeitlichen und personellen Ressourcen bindet. „Firmen stehen vor der konkreten Herausforderung, zusätzliche Prozesse zu etablieren, umfassende Daten zu sammeln und auch ihre IT-Systeme auf den neuesten Stand bringen zu müssen.“ Das betrifft natürlich auch den Baubereich – beispielsweise wird für das erforderliche Sustainability Reporting eine detaillierte Erfassung und Bewertung ökologischer Kennzahlen wie etwa CO₂-Emissionen oder die Umweltbelastung spezifischer Baumaterialien erforderlich sein“, erklärt Günther Schwaiger, Gründer und Geschäftsführer der Network Dimensions-Unternehmensgruppe.

Alle Unternehmen mit bis zu 1.000 Beschäftigten und einem Umsatz von bis zu 50 Millionen Euro werden nicht unter den Anwendungsbereich der CSRD fallen. Für Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich fallen (mehr als 1.000 Beschäftigte und über 50 Millionen Euro Umsatz), wird die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlassen, um die bestehenden Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) zu überarbeiten und zu vereinfachen. Die neuen Fristen für die Anwendung der CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung sehen nun so aus:

Nachhaltigkeitsberichterstattung

Gelockerte Ketten bei der CSDDD

Das Omnibus-Paket bringt vereinfachte Sorgfaltspflichten sowohl für sehr große Unternehmen (einschließlich Unternehmensgruppen, Lizenz- und Franchisesysteme), die unter den Anwendungsbereich der CSDDD fallen (geschätzt etwa 6.000 EU-Unternehmen und 900 Nicht-EU-Unternehmen), als auch deren Wertschöpfungspartner einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). Den Unternehmen soll mehr Zeit zur Vorbereitung auf die Umsetzung des neuen Rahmens gegeben werden, indem die Umsetzungsfrist um ein Jahr verschoben wird (auf den 26. Juli 2027) und die erste Phase der Anwendung der Sorgfaltspflichten im Bereich Nachhaltigkeit, die die größten Unternehmen betrifft, auf den 26. Juli 2028 verlegt wird.

In der Zwischenzeit wird die Kommission die notwendigen Leitlinien bereits bis Juli 2026 vorlegen, sodass die Unternehmen stärker auf bewährte Verfahren (Best Practices) zurückgreifen und ihre Abhängigkeit von rechtlicher Beratung und externen Dienstleistungen verringern können. Mehr zu den geplanten Änderungen auch im Beitrag von Rechtsexperten Georg Karasek ab Seite 14.

Darüber hinaus wird eine Reihe von vereinfachenden Änderungen an der CSDDD vorgeschlagen, die die Belastung kleinerer Geschäftspartner in der Wertschöpfungskette verringern sollen. Dazu gehört die Reduzierung der Sorgfaltspflichten über direkte Geschäftspartner hinaus sowie die Verringerung der Häufigkeit der Überprüfung der Wirksamkeit von Sorgfaltspflichtmaßnahmen, wobei von einer jährlichen Bewertung auf eine Bewertung alle fünf Jahre übergegangen wird. Diese Maßnahmen werden die Belastung für KMU und kleine Midcap-Unternehmen in der Wertschöpfungskette größerer Unternehmen, die unter die CSDDD fallen, erheblich verringern.

Richtlinien als Chance sehen

„Eine ganzheitlich durchdachte digitale Umsetzung der regulatorischen Anforderungen im Betrieb kann jedoch als ‚Effizienztreiber‘ bisher ungeahnte Vorteile und Chancen für Unternehmen eröffnen. Es bringt konkrete Möglichkeiten, sich zukunftssicher aufzustellen und mittel- bis langfristige Wettbewerbsvorteile zu sichern“, so sieht es Schwaiger.

Und damit zurück zur Porr: Grundlage der Strategie ist eine umfassende doppelte Wesentlichkeitsanalyse, einschließlich ­Risiko-, Auswirkungs- und Chancenbewertung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Daraus leiten sich 18 messbare Ziele und 55 konkrete Maßnahmen ab, die bis 2030 umgesetzt werden. Im Bereich „Environmental“ bildet die Dekarbonisierung das zentrale Handlungsfeld: Die Porr setzt sich das Ziel, bis 2030 die Scope-1- und Scope-2-Emissionen um 43 Prozent und die Scope-3-Emissionen um 25 Prozent zu reduzieren. Diese ­Ziele stehen in Einklang mit dem Commitment der Porr zu den wissenschaftsbasierten Klimazielen der internationalen Science Based Targets initiative (SBTi). Strauss erklärt: „Wir haben uns bei den Maßnahmen genau angesehen, wo die größten Hebel liegen. So stammt der Großteil der Scope-1-Emissionen aus dem Geräte- und Fuhrpark. Das Thema alternative Treibstoffe und Elektrifizierung ist daher einer von sieben Hebeln im Dienste der Emissionsreduktion. Zu den weiteren Maßnahmen gehören der Ersatz von nicht erneuerbarem Strom mit Grünstrom und der Product Carbon Footprint als neues Vergabekriterium im Einkauf.“

Im Bereich „Social“ stehen Arbeitssicherheit und Gesundheit ebenso im Vordergrund wie Diversität und Gleichstellung. So strebt die Porr an, den Frauenanteil konzernweit sowie im Management auf 18 Prozent zu erhöhen. Unterstützt wird dies durch gezielte Recruiting-Maßnahmen, interne Förderprogramme und ein strukturiertes Diversity Management.

Im Bereich „Governance“ fokussiert die Porr auf Menschenrechte, ethisches Handeln und transparente Unternehmensführung. Der Anteil der Mitarbeitenden mit absolvierten Anti-Korruptions-Schulungen soll von 88,7 auf 95 Prozent steigen, Lehrlinge und gewerbliches Personal erhalten spezifische Schulungsformate, während das Programm der „Bau-Compliance-Botschafter“ konzernweit weiter ausgerollt wird. Strauss: „Mit der ESG-Strategie 2030 schaffen wir einen verbindlichen Handlungsrahmen zur Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsziele. Sie basiert auf belastbaren Daten, wurde konzernweit mit hoher fachlicher Exper­tise erarbeitet und ist ein wesentlicher Teil unserer strategischen Positionierung am Markt. Wir sind überzeugt, dass ESG künftig ein entscheidender Wettbewerbsfaktor bleibt.“ ■