Baustoffhandel während Corona
Trotz wochenlanger Schließung sämtlicher Geschäftsräumlichkeiten war die Warenbereitstellung für die Bauwirtschaft nie unterbrochen.
© Shutterstock

Baustoffhandel in Corona-Zeiten

Trotz wochenlanger Schließung sämtlicher Geschäftsräumlichkeiten für den Kundenverkehr war die Lieferlogistik und Warenbereitstellung für die Bauwirtschaft nie unterbrochen oder in Frage gestellt. Der Baustoffhandel ist damit seiner volkswirtschaftlichen Kernaufgabe als zentraler Lager-, Logistik- und auch Prozesspartner unter schwierigsten Bedingungen flächendeckend vollinhaltlich gerecht geworden.

Der erste Höhepunkt der Coronakrise in Österreich, geprägt von gesundheitlichen und sozialen Fragen sowie seit 70 Jahren nicht dagewesenen Beschränkungen der individuellen und kollektiven Bewegungsfreiheit scheint zwischenzeitlich überwunden.

Der weitere Verlauf sowie die langfristigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen sind noch nicht absehbar. Die kurzfristige Krisenbewältigung des noch stark von mittelständischen (Familien)betrieben geprägten Baustoff- und Baumarktgeschäftes kann aber als beeindruckend beschrieben werden.

Lieferfähigkeit der Baustoffhändler war stets gegeben

Trotz wochenlanger Schließung sämtlicher Geschäftsräumlichkeiten für den Kundenverkehr war die Lieferlogistik und Warenbereitstellung für die Bauwirtschaft nie unterbrochen oder in Frage gestellt. Der Baustoffhandel ist damit seiner volkswirtschaftlichen Kernaufgabe als zentraler Lager-, Logistik- und auch Prozesspartner unter schwierigsten Bedingungen flächendeckend vollinhaltlich gerecht geworden.

Neben dem unermüdlichen Einsatz der Unternehmen und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben dazu sicher auch die in den letzten Jahren erreichten Fortschritte in den digitalen Prozessen beigetragen. Die zwischenbetrieblich bereits vorhandenen digitalen Prozessketten haben ihre Bewährungsprobe in vielen Fällen bestanden und die Geschäftsabwicklung ohne persönlichen Kontakt sicherstellen können.

Beispiellose Solidarisierung mit dem regionalen Handel

Bereits unmittelbar nach Verkündigung der Ausgangsbeschränkungen am Freitag den 13. März und Bekanntwerden der Schließung für den Kundenverkehr konnten in kürzester Zeit  flächendeckend Online-Bestellsysteme für gewerbliche und private Endkunden mit zigtausenden Produkten ausgerollt und mit der Lieferlogistik der Handelsbetriebe integriert werden.

Die beispiellose Solidarisierung der Bevölkerung mit den zu internationalen Internet-Giganten in Konkurrenz stehenden regionalen Handelsbetrieben konnte so auch im Baustoff- und Baumarktbereich unmittelbar genutzt werden und hat bei manchen Betrieben mit hunderten Onlinebestellungen nicht nur zur Aufrechterhaltung des Betriebes beigetragen, sondern vereinzelt die Kapazitäten von Kommissionierung und Auslieferung an die Grenzen gebracht.

Erfolgsfaktoren für Baustoffhändler

Drei wesentliche, bisher möglicherweise unterschätzte Erfolgsfaktoren haben es ermöglicht, dass die Baustoff- und Baumarktwirtschaft auch auf KMU-Ebene so rasch reagieren konnte:

  • Die gemeinsamen, erfolgreichen Bemühungen der Verbände von Baustoffhandel und Baustoffindustrie zum Aufbau eines umfassenden zentralen Datenpools sind die unerlässliche Basis aller digitalen Maßnahmen.
     
  • Gerade der diesbezüglich unterschätzte familiengeführte regionale Baustoffhandel verfügt seit Jahren über digitale Strukturen hoher Qualität, deren Bedeutung nunmehr stark sichtbar geworden ist
     
  • Die Softwarelandschaft in der Baustoffwirtschaft ist von einer relativ großen Zahl kleinerer inhabergeführter Softwarehäuser geprägt, deren Flexibilität und zum Teil über Wochen bis an die Belastungsgrenze ausgereizte Bereitschaft zur Unterstützung der nötigen Maßnahmen die nötige Geschwindigkeit in der Umsetzung überhaupt erst ermöglicht haben.
    In einer derartigen Krisensituation sind die vierteljährlichen Bereitstellungszyklen internationaler Softwarekonzerne keine Option.

Lehren aus der Krise

Die vergangenen Wochen haben uns nicht nur die lange unterschätzte, wesentliche Bedeutung des Baustoffhandels als zentraler Lager-, Prozess- und Logistikdienstleister drastisch vor Augen geführt, sondern das Märchen von der digital rückständigen Baustoffwirtschaft eindrucksvoll widerlegt.

Die Investitionen in die digitalen Prozessketten die sowohl einzelbetrieblich als auch auf Verbandsebene in den letzten Jahren durchgeführt wurden, haben sich unmittelbar bezahlt gemacht.

Auch herstellerseitig haben jene Unternehmen, die sich mit gut aufbereiteten Produktinformationen am gemeinsamen Stammdatenpool beteiligen, die Krise wesentlich besser bewältigen können als andere.

Mit der nun sehr schnell erreichten hohen Akzeptanz der bereitgestellten Online-Bestellsysteme wurde auch für viele regionale Baustoff- und Baumarktanbieter der Grundstein für eine langfristig erfolgreiche Teilnahme am Onlinegeschäft gelegt. Es wurde aber auch erkennbar, dass die Bereitschaft zur Auslieferung in der Region ein zentraler Erfolgsfaktor ist und hier in der Kommissionierung und Prozesskette noch Verbesserungen möglich sind.

Der Kunde hat seine Bereitschaft bewiesen, auch digital bei „seinem“ Baustoffhändler in der Region einzukaufen. Die Solidarisierung mit dem regionalen Handel war nicht nur im Baustoffmarkt beeindruckend und gibt Hoffnung, dass digital gut aufgestellte Mittelständler aufgrund ihrer guten Verankerung in der Region auch in der Konkurrenz mit internationalen Online-Versendern dauerhaft bestehen können.