Baustoffklassifizierung: Standardisierung schreitet voran
Um die Vorteile von Building Information Modeling (BIM) und der generierten Modelle nützen zu können, sind Standardisierungen in allen planenden, aber auch ausführenden Baubereichen und der herstellenden Industrie erforderlich. Mit der österreichischen BIM Norm A 6241-2 wurde die Grundlage für einen umfassenden, einheitlichen, produktneutraler, systematisierten Austausch von graphischen und Metadaten geschaffen.
Seit 2007 arbeiten Baustoffindustrie, Handel, Bauindustrie und Softwareunternehmen an einer durchgängigen Baustoffklassifikation für Österreich und seinen Nachbarländern. „FreeClass“ ist kostenfrei in sieben Sprachen (Ländern) verfügbar.
Im 2021 gestarteten Projekt „BIM Parameter für die österreichische Bauwirtschaft“ werden Inhalte für die BIM Norm definiert und einem der Norm vorgelagerten Qualitätssicherungsprozess unterzogen. Hierbei wird zwischen Parametern und IFC Properties unterschieden. Die Parameter werden basierend auf dem Bestand des A.S.I. Merkmalservers definiert. Die IFC Properties hingegen werden mit IFC abgeglichen. Alle Inhalte, die nicht in IFC enthalten sind, werden als neue, nur in Österreich gültige Inhalte definiert. Das bedeutet, dass die Parameter bzw. IFC Properties möglichst vollständig und fehlerfrei im Modellierungsprozess befüllt werden können. Die Einstiegshürde in die BIM-Methode soll besonders für kleinere Architektur- und Planungsbüros geringgehalten werden. Es ist nicht das Ziel, alle Sonderfälle abzubilden, sondern vielmehr, eine solide Basis an breit akzeptierten Properties zu definieren (mehr Informationen dazu auf a3bau.at/merkmalserver-reloaded).
Das Austrian Institute of Technology (AIT) sorgt für die inhaltliche Befüllung mit standardgemäßen Properties, die Plattform „Digital Findet Stadt“ ist Schnittstelle zu den Stakeholdern. Ins Leben gerufen wurde „BIM Parameter“ gemeinsam mit Austrian Standards (ASI), der Zukunftsagentur Bau (ehemaliges Kompetenzzentrum Bauforschung) und von inndata – mit Unterstützung der Verbände der Baustoffindustrie und des Verbands der Baustoffhändler Österreichs (VBÖ). Kofinanziert wurde die Initiative von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).
BIM-Parameter-Projekte arbeiten seit einiger Zeit an der Erarbeitung von LV-, Material- und Systemparametern welche sowohl für die Anforderungsdefinitionen der Planung im BIM als auch für AVA und die Leistungsbeschreibung in Form klassifizierter Baumaterialdaten genutzt werden können.
Schrittweise Erweiterung
Neben der Bereitstellung der Daten für den Ausschuss A 01109 (digitale Bauwerksdokumentation) im Normungsinstitut werden diese Parameter auch mit der österreichischen Baustoffklassifikation harmonisiert. Ziel der Zusammenarbeit mit Baubook – Datenbank mit ökologischen Bauprodukten – ist es, die wesentlichen Nachhaltigkeitsparameter in den Datenfluss zu integrieren.
„Um später der überwiegend international tätigen Baustoffindustrie die Befüllung dieser Parameter mit konkreten Werten zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass diese Klassifikationssysteme auch über die Grenzen hinaus harmonisiert werden“, erklärt Otto Handle (Inndata): „Dazu konnte eine Kooperation mit dem in anderen Industriebereichen sowohl in Deutschland als auch international erfolgreichen ECLASS e.V. vereinbart werden. Der ECLASS-Standard ermöglicht den digitalen Austausch von Produktstammdaten über Branchen, Länder, Sprachen oder Organisationen hinweg.“
André Lindner (ECLASS) über den aktuellen Stand: „In den nächsten Wochen wird Inndata/freeClass einen vollständigen, mit dem Projekt BIM Parameter abgeglichenen Parametersatz für Dämmstoffe zur Verfügung stellen auf dessen Basis wir gemeinsam in die Abstimmung mit den vorhandenen ECLASS-Klassen gehen werden um hier für die nächste ECLASS-Version bereit zu stehen. Dann werden die weiteren Fachbereiche sukzessive folgen. Besonders wichtig sind dabei sowohl die inhaltlichen Ausrichtungen – also BIM-Planung, Produktion, Ausführung – als auch eine überregionale Durchgängigkeit auch hinsichtlich der überregional tätigen Marktteilnehmer. Wichtig ist uns dabei auch die Abstimmung mit den Baustoffverbänden als auch mit den GS1 Standards, um in alle Richtungen Kompatibilität zu erreichen.“
Gleichzeitig finden mit der im Elektrotechnikbereich tätigen ETIM, der Interessensgemeinschaft für den Klassifizierungsstandard ETIM, Gespräche statt, um auch in dieser Richtung eine Harmonisierung zu erreichen. ETIM stand ursprünglich für „Europäisches Technisches Informations-Modell“ bzw. „Elektrotechnisches Informationsmodell“, mittlerweile haben sich verwandte Branchen wie Heizung, Lüftung, Klimatechnik und Sanitärtechnik dazu gesellt. Die ETIM-Klassifikation ist mehrsprachig, medien- und anbieterneutral. ETIM ist auch so strukturiert, dass die Nutzung weiterer Standards der Industrie, wie z. B. ECLASS, ohne Schwierigkeiten möglich ist.
Fazit: Derzeit entsteht aus der Zusammenarbeit verschiedenster Verbände und Stakeholder in verschiedenen Fachbereichen nun die Möglichkeit, die Vernetzung der vielen an Bauprojekten beteiligten Partner wesentlich zu verbessern, um den störungsfreien Austausch von Daten in zunehmend digitalen Prozessen entlang der Wertschöpfungskette Bau und im BIM-Modell zu garantieren.
Kommentar Gunther Sames
Zentralverband industrieller Baustofferzeuger und Geschäftsführer der Ardex Baustoff GmbH
„Einheitliche Sprache ist ein Grundfaktor“
Die Anforderungen an Bauprodukte und -systeme steigen stetig. Nicht nur die technischen Eigenschaften der Produkte selbst betreffend, sondern es steigen auch die Anforderungen an die technischen Beschreibungen selbst. Wichtig ist dabei, dass diese Informationen in entsprechender Qualität, gut und schnell an die handelnden Partner weitergegeben werden. Nachdem die Fülle an diesen Informationen mehr wird, müssen die Prozesse optimieren werden um den Aufwand, ohne die Qualität der Daten zu beeinträchtigen, gering zu halten. Diese Informationen bilden in Zukunft die Basis für effizientes und nachhaltiges Bauen. Dabei ist ein wesentlicher Grundfaktor die einheitliche Sprache, damit die Informationen von allen Stakeholdern auch richtig ohne individuelle Erklärung interpretiert werden. Denn es bringt nichts, wenn jeder einzelne Handelspartner seinen eigenen Standards weitergibt. Nur durch Harmonisierung entstehen einheitliche Standards, natürlich über die Landesgrenzen hinaus, mit denen es gelingen kann, praktikable Prozesse zu entwickeln. Auf der einen Seite steht die Vernetzung der an Bauprojekten beteiligten handelnden Personen und auf der andern die digitale Transformation der Informationen. Die Zusammenarbeit der verschiedensten Verbände und Stakeholder aus den verschiedenen Fachbereichen ist der Grundstein für nachhaltiges Bauen der Zukunft.