Kaputtes Sparschwein mit Bauarbeitern, die versuchen es zu reparieren.
Die Baubranche verzeichnet ein Plus an Insolvenzen in den ersten drei Quartalen 2024
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Bauwirtschaft als Insolvenz-Treiber

Besonders von den Insolvenzen in den ersten neun Monaten des Jahres betroffen ist die Bauwirtschaft mit 814 Insolvenzen, das ergibt ein Plus von 22 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Den größten prozentuellen Anstieg verzeichnet das „Grundstücks- und Wohnungswesen“ mit einem Plus von 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Insolvenzdynamik in Österreich hält an: In den ersten drei Quartalen 2024 verzeichnete das Land laut aktueller KSV1870 Hochrechnung 4.895 Unternehmensinsolvenzen, was einem Anstieg von 24,6 % gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr entspricht. Besonders betroffen sind die Bauwirtschaft, der Handel sowie die Beherbergungs- und Gastronomiebranche. Diese drei Sektoren stellen nahezu die Hälfte aller Insolvenzen dar. 

Tabelle 1 Insolvenzen

Hochbau und Baunebengewerbe besonders von Insolvenzen betroffen

Den größten prozentuellen Anstieg in der Baubranche verzeichnet das „Grundstücks- und Wohnungswesen“ mit einem Plus von 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein tiefergehender Blick in die Bauwirtschaft belegt, dass derzeit, vor allem der Hochbau und das Baunebengewerbe (u.a. Elektriker, Installateure, Maler oder Dachdecker) mit zahlreichen Insolvenzen zu kämpfen haben. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres verzeichnet der Hochbau um 25 Prozent mehr Firmenpleiten, gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 zeigt sich eine Verdoppelung der Fälle. Gleichzeitig zeigt sich im Baunebengewerbe im Vergleich zum Vorjahr eine sehr ähnliche Entwicklung – hier gibt es um 21 Prozent mehr Firmenpleiten, gegenüber dem Jahr 2019 liegt der Anstieg bei 13 Prozent. Darüber hinaus gibt es im Baunebengewerbe mit aktuell rund 1.600 Fällen, abseits einer Insolvenz, eine hohe Zahl an mehr oder weniger freiwilligen Schließungen. Die Gründe sind unter anderem eine fehlende wirtschaftliche Perspektive, fehlendes Personal und eine zu geringe Auftragslage, die es kaum möglich macht, gewinnbringend oder zumindest kostendeckend zu wirtschaften.

Die Bauwirtschaft kämpft nicht nur mit der Vielzahl an Insolvenzen, sondern auch mit weiteren wirtschaftlichen Herausforderungen. Fehlende Aufträge, ein Mangel an qualifiziertem Personal und eine unzureichende wirtschaftliche Perspektive führen dazu, dass neben den Insolvenzen auch viele Betriebe freiwillig schließen. Besonders im Hochbau zeigt sich eine dramatische Entwicklung: Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 haben sich die Insolvenzen in diesem Bereich verdoppelt. Auch das Baunebengewerbe verzeichnet einen ähnlichen Trend, mit einem Anstieg der Pleiten um 21 %.

Eine zusätzliche Herausforderung für die Bauwirtschaft und andere Branchen stellt die stark gestiegene Zahl der Großinsolvenzen dar. Seit Jahresbeginn wurden 55 Insolvenzen von Unternehmen mit Passiva über 10 Mio. Euro gemeldet, doppelt so viele wie im Vorjahr. 

Plus 683 Prozent – Passiva* schießen durch die Decke

Massiven Einfluss auf die horrenden Passiva in der Höhe von rund 14,8 Mrd. Euro hat zwangsläufig die Vielzahl an „Signa-Insolvenzen“ mit zumeist überdurchschnittlich hohen Passiva. Die nach Passiva bis dato größte Pleite des Jahres verzeichnet jedoch die
Fisker GmbH aus Graz mit Passiva von knapp 3,8 Mrd. Euro. Dahinter folgen die Familie Benko Privatstiftung (Passiva: ca. 2,28 Mrd. Euro) und René Benko als Unternehmer
(ca. 2,02 Mrd. Euro). Selbst wenn man die beiden größten „Signa-Pleiten“ des laufenden Jahres herausrechnet, auch weil diese keine gewöhnlichen Unternehmensinsolvenzen darstellen und größtenteils bestritten sind, stünden vorläufige Passiva* in der Höhe von rund 10,5 Mrd. Euro zu Buche.

Tabelle 2 Großinsolvenzen

Ein weiteres besorgniserregendes Phänomen ist die Zunahme der nichteröffneten Insolvenzen. Fast 37 % der Unternehmenspleiten im Jahr 2024 wurden mangels Vermögens nicht eröffnet, was oft dazu führt, dass Gläubiger leer ausgehen. Dies verdeutlicht die prekäre Lage vieler Betriebe, die selbst die minimalen Gerichtskosten nicht mehr aufbringen können.

Die KSV1870 prognostiziert, dass sich der negative Trend bis Jahresende fortsetzen wird. Wie bereits zum Halbjahr 2024 prognostiziert, hat sich das Insolvenzaufkommen auch in den vergangenen Monaten nicht beruhigt. Hinzu kommen auslaufende Bankgarantien und das Ende der COFAG-Förderungen, wodurch sich die Situation noch zusätzlich verschärfen wird. „Die vorherrschende Insolvenzdynamik ist gekommen, um zu bleiben. Wir beim KSV1870 gehen aktuell davon aus, am Jahresende von einem Insolvenzjahr sprechen zu müssen, dass es schon sehr lange nicht mehr gegeben hat“, so Götze.

Mit rund 6.500 Firmeninsolvenzen rechnet der Gläubigerschutzverband für 2024 – das höchste Niveau seit 2009. Besonders in der Bauwirtschaft könnte es zu weiteren Schließungen und Insolvenzen kommen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich nicht deutlich verbessern.

*) Die Passiva für die ersten drei Quartale 2024 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Hochrechnung, den 18.09.2024. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern.