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China will über ein Bonitätssystem und Big Data auch die Märkte regulieren
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China startet Überwachungsstaat

Mit dem Gesellschaftlichen Bonitätssystem arbeitet China an einer vollkommen neuen Anwendung von Big Data: Es soll das Verhalten von Marktteilnehmern umfassender überwachen, bewerten und kontrollieren als alle bisher bekannten Systeme zur Bewertung der Kreditwürdigkeit. Eine erfolgreiche Umsetzung wird die chinesische Regierung stärken und sie in die Lage versetzen, den Markt zielgerichtet und subtil zu regulieren und zu steuern.

Unter dem Schlagwort „Gesellschaftliches Bonitätssystem“ setzt China zurzeit einen neuen und sehr innovativen Ansatz zur Überwachung, Bewertung und Regulierung des Verhaltens von Marktteilnehmern um. Das Gesellschaftliche Bonitätssystem wird sich auf das Verhalten von Privatpersonen, Unternehmen und anderen Institutionen wie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) erheblich auswirken. Zwar gilt die internationale Aufmerksamkeit bislang vor allem den möglichen Auswirkungen des Systems auf Privatpersonen. Doch die Hauptmotivation hinter dem Gesellschaftlichen Bonitätssystem ist eine andere: nämlich das Verhalten von Marktteilnehmern effektiver zu steuern.

Das Gesellschaftliche Bonitätssystem geht weit über Systeme zur Erhebung der Kreditwürdigkeit in Europa oder den Vereinigten Staaten hinaus, indem es die Bonitätsbewertungen auf die Bereiche Soziales, Umwelt und Politik ausweitet. Beim Gesellschaftlichen Bonitätssystem erhält ein Unternehmen nicht nur eine niedrigere Bonitätsbewertung, wenn es seine Kredite nicht rechtzeitig zurückbezahlt, sondern auch dann, wenn es Emissionsvorgaben, Arbeitsschutznormen oder staatliche Investitionsvorschriften nicht einhält oder Produkte, die über Internethandelsplattformen

bestellt wurden, nicht rechtzeitig ausliefert. Schlechte Bewertungen können folgende negative Folgen haben:

  • schlechtere Bedingungen für die Aufnahme eines neuen Kredits
  • höheres Steuerniveau im Vergleich zu regelkonformen Konkurrenten
  • keine Erlaubnis, Anleihen zu emittieren oder in börsennotierten Unternehmen anzulegen
  • geringere Chancen, an öffentlich geförderten Projekten teilzunehmen
  • verpflichtende staatliche Genehmigungen für Investitionen, selbst wenn diese in Branchen erfolgen, in denen der Marktzugang normalerweise nicht reguliert ist.

In gravierenden Fällen könnten die Online-Handelskonten des betreffenden Unternehmens sogar gesperrt und die individuellen Bonitätsbewertungen von Mitgliedern der Geschäftsführung herabgesetzt werden. Dies könnte zur Folge haben, dass ein Unternehmensmanager keine Fahrkarten mehr für Hochgeschwindigkeitszüge oder Tickets für internationale Geschäftsflüge erhält. Demgegenüber

kann ein absolut regelkonformes Unternehmen in den Genuss folgender Vorteile kommen:

  • Zugang zu einem weitgehend offenen chinesischen Markt mit zahlreichen Investitionsmöglichkeiten
  • geringe Steuerbelastung
  • gute Kreditbedingungen
  • großzügige Unterstützung durch staatliche Anreizmechanismen.

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