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Bestellerprinzip: Ab 2023 zahlen Mieter keine Maklergebühren mehr

Die im Regierungsprogramm festgehaltene "Maklerprovision nach dem Bestellerprinzip" kommt nun doch. Am 22. März wurde der Entwurf vorgelegt, der erwartungsgemäß für sehr unterschiedliche Reaktionen gesorgt hat. Lesen Sie hier alle Reaktionen der Branche.

Ab 2023 müssen Mieter keine Maklergebühren mehr zahlen. Die Maklerprovision soll von demjenigen bezahlt werden , der den Makler beauftragt – das sind im Regelfall die Vermieterinnen und Vermieter. Am 22.3. präsentierte die Regierung einen Entwurf zur Regelung der "Maklerprovision nach dem Bestellerprinzip", wie es im aktuellen Regierungsprogramm festgeschrieben steht. Die Reaktionen fielen naturgemäß recht unterschiedlich aus:

Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft:

Die Regierungsparteien sehen endlich Gerechtigkeit verwirklicht, wenn der Mieter für Dienstleistungen, die er erhält, nicht mehr bezahlen soll. „Dieses Verständnis von Fairness ist nicht nachzuvollziehen, am Ende des Tages werden Mieter und Vermieter gleichermaßen verlieren,“ moniert Georg Flödl, Präsident des Österreichischen Verbandes der Immobilienwirtschaft – ÖVI. „Die österreichische Politik hat offenbar eine rosarote Brille auf, wenn sie sich den deutschen Immobilienmarkt ansieht, auf dem das Bestellerprinzip seit mehreren Jahren umgesetzt ist“, so Flödl weiter. „Der Vormieter wird zum neuen Makler, weil er sich auf Suche nach einem Nachmieter begibt, um selbst eine Ablöse zu lukrieren. Der Markt wird intransparenter, weil all diese Objekte nicht mehr professionell aufbereitet und angeboten werden. Das sichtbare Angebot wird deutlich sinken.“

Dass vor allem die Beratungsleistung des Maklers gegenüber dem Interessenten in Zukunft wegfallen wird, ist offenbar einer populistischen Politik auch gleichgültig. Der Makler könne ja weiterhin einen kostenfreien Maklervertrag mit dem Interessenten abschließen und als Doppelmakler tätig sein, wird argumentiert. Anton Holzapfel, ÖVI Geschäftsführer und Maklerrechtsexperte hält eine solche Vorgangsweise für nicht realistisch: „Der Makler wird sich auf seine Rolle als einseitiger Interessenvertreter des Vermieters zurückziehen“, wenn er nur noch vom Vermieter beauftragt wird.

Arbeiterkammer:

Eine gerechte Neuregelung der Makler:innenprovisionspflicht ist mehr als überfällig. „Es reicht aber nicht nur eine positive Verpackung, sondern auch der Inhalt muss stimmen“, sagt AK Wohnexperte Thomas Ritt in einer ersten Reaktion. „Noch liegt uns der Entwurf von der Regierung nicht vor. Erst wenn er da ist, können wir bewerten, ob die Regelung die Mieter:innen wirklich entlastet oder sie verwässert ist. Denn es darf keinesfalls sein, dass in der Praxis dann doch oft wieder Wohnungsuchende oder Mieter:innen die Provision zahlen müssen. Was Mieter:innen jedenfalls dringend brauchen, sind jetzt spürbare Entlastungen, damit Wohnen leistbar wird: Stopp der Mietenerhöhung im April, weg mit den Befristungen und mehr wohnpolitische Maßnahmen des Regierungsprogrammes umsetzen.

Fachverband Immobilientreuhänder:

Der vorgestellte Entwurf zum Bestellerprinzip bringt erhebliche Nachteile für alle Beteiligten, kritisiert der Fachverband Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). „Bei näherer Betrachtung gibt es mit dem Bestellerprinzip nur Verlierer. Allen voran die rund 5.500 aktiven Immobilienmakler in ganz Österreich und ihre rund 10.000 Mitarbeiter, die durch ein solches Modell ganz erhebliche finanzielle Verluste hinnehmen müssen“, betont WKÖ-Fachverbandsobmann Georg Edlauer. 96 Prozent der Betriebe in der Branche sind Kleinunternehmen, die so einen Eingriff nur sehr schwer verkraften und Mitarbeiter kündigen müssten. Dazu kommen in weiterer Folge Unternehmen und deren Mitarbeiter aus mit der Immo-Wirtschaft eng verbundenen Bereichen, etwa Medien, Werbung und IT-Services. Edlauer: „Damit hat diese als Entlastungspaket titulierte Maßnahme weitreichend negative Folgen.“

Die vorgestellten Einsparungen sind offenbar bewusst hochgegriffen, um den Eindruck zu erwecken, dass dieser Eingriff der breiten Bevölkerung helfe, nimmt der Branchensprecher an. So wird in den genannten Beispielen immer die Höchstprovision von zwei Monatsmieten bei langfristigen bzw. unbefristeten Verträgen herangezogen. Dass überwiegend befristete Mietverhältnisse abgeschlossen werden und daher nur eine Bruttomonatsmiete verrechnet wird, wird dabei verschwiegen.

„Wer auf der Suche nach einer Mietwohnung ist, schätzt die professionelle Beratung und Begleitung eines Immobilienmaklers bei der Wohnungssuche und beim Mietvertragsabschluss - diese wertvolle Dienstleistung fällt nun weg“, stellt Arno Wimmer, Berufsgruppensprecher Makler im WKÖ-Fachverband, klar. Besonders das Suchen wird deutlich schwieriger werden, da ein erheblicher Anteil der Angebote am sichtbaren Wohnungsmarkt verschwinden wird, wenn diese nicht vom Makler professionell aufbereitet werden. „Es besteht die Gefahr, dass tausende Wohnungen aufgrund längerer Verwertungszeiten monatelang leer stehen werden“. Dazu kommt, dass Wohnungssuchende womöglich häufig mit Geldforderungen vom Vormieter konfrontiert sein könnten, obwohl es im österreichischen Mietrecht grundsätzlich ein Ablöseverbot gibt.

„Wir haben in Deutschland gesehen, dass dieses Modell untauglich und für den Markt schädlich ist. Es erscheint verlockend: Auf den ersten Blick „erspart“ sich der Mieter eine Monatsmiete bei einem Dreijahres-Vertrag. Aber: Was er dafür verliert beziehungsweise dann an Leistungen extra teuer dazu kaufen muss, das sagt man ihm nicht“, kritisiert Wimmer. Edlauer fasst zusammen: „Wohnen wird durch das Bestellerprinzip definitiv nicht billiger, so viel ist fix. Im Gegenteil: der Spruch: Billig ist teuer kommt hier zum Tragen. Der angehende Mieter muss mit Mehrkosten und viel mehr Aufwand rechnen. Und eine ganze Branche mitsamt verbundenen Unternehmen und Mitarbeitern hat massive Einbußen“.

Mietervereinigung Österreich:

"Die Ankündigung des sogenannten „Bestellerprinzips“ bei Maklergebühren für Mieterinnen und Mieter ist ein Schritt in die richtige Richtung“, kommentiert Georg Niedermühlbichler, Präsident der Mietervereinigung Österreichs, die heutige Erklärung der Bundesregierung zum Thema. „Wir werden uns die Novelle im Detail anschauen. Wichtig ist, dass es tatsächlich zu konkreten Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter kommt und dass es keine Umgehungsmöglichkeiten gibt“, sagt Niedermühlbichler.

Schon seit Jahren forderte die Mietervereinigung, dass die Maklerprovision von demjenigen bezahlt werden soll, der den Makler beauftragt – das sind im Regelfall die Vermieterinnen und Vermieter. Eine Neuregelung könnte Mieterinnen und Mietern bei Neuanmietungen nun zwei Monatsmieten an Maklerprovision ersparen.Mit dieser Maßnahme allein würden die explodierenden Wohnkosten allerdings nicht in den Griff zu bekommen sein, erklärt Niedermühlbichler.

„Die Einführung des Bestellerprinzips darf nicht die einzige Maßnahme der Bundesregierung beim Wohnen bleiben. Es gibt in vielen Punkten dringenden Handlungsbedarf, vom Aussetzen der drohenden Mieterhöhung über das Aus von Befristungen bis zu einem fairen Mietrecht mit echten Preisobergrenzen für alle“, erinnert Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien, an die ungelösten Probleme im Wohnrecht.

Fachgruppe Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder:

Der Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien, KommRat Michael Pisecky, reagiert auf die heute vorgestellten Vorschläge der Bundesregierung zum Bestellerprinzip bei der Maklerprovision. Vor allem in Hinblick auf den Wiener Wohnungsmarkt mit seinem hohen Anteil an Mietwohnungen warnt Pisecky vor einem solchen Schritt. Er erweist dabei auf die negativen Erfahrungen, die mit dem Bestellerprinzip schon in Deutschland gemacht worden sind. „Die geplante Streichung der Mieterprovision wird tausende Arbeitsplätze vernichten und nimmt hunderten Immobilienmaklerunternehmen die Existenz. Die Vermieter werden Makler künftig nicht kostenpflichtig beauftragen, denn für sehr gefragte und vor allem für gesetzlich preisgeregelte Wohnungen wäre das nicht kostendeckend. In Wien betrifft das über 70 Prozent der gewerblichen Mietwohnungen“, verweist Pisecky auf Folgen des Bestellerprinzips. Makler werden künftig nicht mehr beauftragt.

Pisecky weist auch auf weitere Folgen des Bestellerprinzips hin: „In Deutschland, wo das Bestellerprinzip bereits eingeführt worden ist, wurde damit auf Schutz und Sicherheit der Konsumenten verzichtet. Das geschah für einen Quick Win, mit dem die Mieter aber tatsächlich verlieren. Das wollen wir in Österreich nicht.“ In Deutschland ersparen sich die Mieter zwar nun die Provision, finden aber immer schwerer Wohnungen. Über Nacht sind mit Einführung des Bestellerprinzips sofort 40 Prozent des Wohnungsangebotes von den öffentlich zugängigen Internetportalen verschwunden! Auch verlieren die Mieter den rechtlichen Schutz, weil sie nicht mehr von professionellen Maklern betreut werden, sondern in vielen Fällen direkt mit den Vormietern verhandeln. Denen müssen sie dann oft illegale Ablösen bezahlen, um zu einer Wohnung zu kommen, wie das in Deutschland nunmehr passiert! Der Vermieter hat keine Kosten und keine Leerstandzeit, der Altmieter freut sich, der Neumieter zahlt mehr als bisher.

Immobilienring iR:

„Es war und ist uns ein besonderes Anliegen, eine offene Diskussion auf sachlichem Niveau, zum Mietrecht und zur Honorierung österreichischer MaklerInnen für Ihre Vermittlungstätigkeit bei Mietwohnungen zu führen“, sagt Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienring, der mit rund 60 Kanzleien und mehr als 400 ImmobilienexpertInnen auf über 80 Standorten Österreichs größtes unabhängiges MaklerInnennetzwerk bildet. „Jedoch,“ führt Spiegelfeld weiter aus, „fand bisher kein Austausch zu den Themen statt, egal wann und egal was wir vorschlugen.“

Bereits seit 2010 erfolgte in regelmäßigen Abständen der Vorschlag des Immobilienring zur Bildung einer interdisziplinären Expertengruppe aus Unternehmen sowie unterschiedlichen Netzwerken und Interessensgruppen- bzw. vertretungen. Gemeinsam sollten Überlegungen für eine grundlegende Reform zum Mietrechtsgesetz gemacht und über Alternativen neuer, transparenter Abrechnungssysteme zur Vermittlungstätigkeit von Mietwohnungen nachgedacht werden. Spiegelfeld: „Es ist enttäuschend, mit welchen populistischen Aussagen die gesamte Branche der ImmobilienmaklerInnen diffamiert und Vorschläge der ExpertInnen nicht berücksichtigt wurden.“