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EU-Parlament lehnt Omnibus-Verordnung ab: Entbürokratisierung vorerst gescheitert

Das Europäische Parlament lehnte am 22. Oktober die sogenannte „Omnibus I"-Verordnung mit knapper Mehrheit ab. Für die österreichische Bauwirtschaft bedeutet dies: Die erhoffte Entlastung bei Berichtspflichten und Lieferkettendokumentation bleibt aus.

Mit 318 Gegenstimmen, 309 Ja-Stimmen und 34 Enthaltungen scheiterte der Vorschlag des Rechtsausschusses, der vereinfachte Regeln für Nachhaltigkeitsberichte (CSRD) und Sorgfaltspflichten in der Lieferkette (CSDDD) vorsah. Die Ablehnung erfolgte trotz intensiver Verhandlungen zwischen den konservativen Kräften (EVP) und Sozialdemokraten.

Ausschlaggebend für das Scheitern waren offenbar Abweichler bei den Sozialdemokraten und Liberalen, während sowohl die Grünen als auch rechte Fraktionen aus gegensätzlichen Motiven gegen den Entwurf stimmten: Den Grünen ging der Abbau von Regeln zu weit, den Rechten nicht weit genug.

Was die Ablehnung für Bauunternehmen bedeutet

Die Omnibus-Verordnung sollte mehrere bestehende Richtlinien anpassen und den administrativen Aufwand für Unternehmen deutlich verringern. Konkret waren folgende Entlastungen geplant:

  • CSRD-Berichtspflichten: Vereinfachte Offenlegung und längere Übergangsfristen – bleiben nun unverändert komplex
  • Lieferkettenrichtlinie (CSDDD): Abgestufte Pflichten nach Unternehmensgröße – bleiben vollumfänglich in Kraft
  • KMU und Mittelstand: Vereinfachte Berichtsvorlagen – sind vom Tisch
  • Bauwirtschaft: Entlastung bei Nachweisen und Subunternehmerketten – entfällt, volle Dokumentationspflicht bleibt

Besonders für kleinere und mittlere Bauunternehmen bedeutet dies eine Fortsetzung der bestehenden Belastung. Die Vielzahl an Nachweisforderungen, die bereits jetzt den eigentlichen Bauprozess überlagern, bleibt unverändert bestehen.

Branchenreaktionen: Zwischen Enttäuschung und Erleichterung

Die Reaktionen auf die Abstimmung fallen erwartungsgemäß unterschiedlich aus:

Wirtschaftsverbände zeigen sich enttäuscht: Wolfgang Niedermark vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisierte, das Parlament habe „die Chance vertan, ein klares Signal für Vernunft und Lösungsorientierung an europäische Unternehmen zu senden". Das verzögere den Abschluss der Omnibusverhandlungen unnötig, die dringend nötige Rechtssicherheit für Unternehmen bleibe weiter aus. „Der Mittelstand braucht gezielte Entlastung, er darf nicht außen vor bleiben", so Niedermark.

NGOs begrüßen das Scheitern: Ganz anders klingt es bei Umweltorganisationen. Der WWF begrüßte das Votum als „neue Chance für ambitioniertere Nachhaltigkeitsstandards". Die Initiative Lieferkettengesetz kritisierte, „die EVP hat die Richtlinie so kompromisslos ausgehöhlt, dass selbst Parteien der demokratischen Mitte nicht mehr zustimmen konnten".

Wie geht es weiter?

Die Änderungen sollen nun bis zur nächsten Plenarsitzung am 12. November diskutiert werden. Dann will das Parlament eine Position beziehen, mit der es in die Verhandlungen mit dem Rat der EU-Mitgliedsstaaten geht. Erst nach diesen sogenannten Trilog-Verhandlungen werden die künftigen Regeln feststehen.

Aus Parlamentskreisen heißt es, man müsse bis Ende des Jahres zu einem Ergebnis kommen. Ob eine neue Mehrheit zustande kommt, ist jedoch ungewiss. Beobachter sprechen von einem „Signal der Blockade" und einem „Pyrrhussieg der Regulierung".

Rechtsunsicherheit statt Entlastung

Für die Bauwirtschaft bedeutet das Scheitern der Omnibus-Verordnung in erster Linie eines: Die erhoffte Entlastung bleibt aus. Stattdessen müssen Bauunternehmen weiterhin mit der vollen Komplexität der bestehenden Nachhaltigkeitsregeln leben – und das in einer Zeit, in der ohnehin zahlreiche neue EU-Vorgaben auf die Branche zukommen.

Die Ablehnung wirft auch ein Licht auf die politische Dimension der EU-Regulierung: Selbst technische Entbürokratisierung scheint politisch kaum noch durchsetzbar zu sein. Für die österreichische Bauwirtschaft, die seit Monaten auf mehr Pragmatismus und Praxistauglichkeit bei EU-Vorgaben dringt, ist dies eine ernüchternde Entwicklung.

In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob das Parlament eine überarbeitete Fassung verabschieden kann – oder ob die Branche noch länger auf Klarheit und Entlastung warten muss.

Weitere Infos: Fragen und Antworten zum Omnibus-Paket