Hammertinger Sabine Müller
© Schmolke Gerhard

Immobilienentwicklung: Mutig denken und handeln

Der in Wien ansässige Entwickler des Viertel Zwei Stadtgebiets – Value One – wird Partner bei „Plug and Play“. Im Interview erklären Sabine Müller und Walter Hammertinger, warum gerade jetzt die Kooperation mit jungen Start-up-Unternehmen wichtig ist und welche Megatrends in der Immobilienentwicklung von Bedeutung sind.

Im August beteiligte sich der Immobilien- und Stadtquartiersentwickler Value One am US Konzern Plug and Play – der bisher größten Innovationsplattform mit 30 Standorten weltweit. Seit 2019 ansässig am Flughafen Wien, vernetzt der neue Standort in Österreich Akteure der Smart-Cities-Branche mit Start-up-Technologien aus der ganzen Welt. Ziel der neuen Partnerschaft ist der Zugang zum internationalen Start-up-Ökosystem aber auch zum Partner-Netzwerk Plug and Plays in Wien, Europa, Amerika und Asien, um die innovativsten Technologien in einer frühen Phase der Projektentwicklung mitzudenken und zu implementieren.

a3BAU: „Innovation als Lösung für derzeitige wirtschaftliche Hürden …“ Wie ist diese Aussage zu werten? Was sind denn derzeit die wirtschaftlichen Hürden im Immobilienbereich?

Sabine Müller: Die wirtschaftlichen Hürden sind im Wettbewerb mit anderen Entwicklern u.a., dass es ein Differenzierungsmerkmal für die Produkte, die wir entwickeln, braucht. Innovation mit dem Blick auf den Bedarf des Menschen in die Zukunft gerichtet ist der Weg sich abzuheben von der Masse. Wir gehen in diesem Sinne gerne mutige neue Wege.

Value One sieht sich als „Übersetzer von gesellschaftlichen Megatrends in gebauten Lebensräumen“. Bitte definieren Sie die die gesellschaftlichen Megatrends im Immobilienbereich …

Walter Hammertinger: Megatrends sind große Veränderungen unserer Gesellschaft. Es sind Lawinen in Zeitlupe. Manche Lawinen wurden in den letzten Monaten beschleunigt. Manche wurden zu Treibern. Manche haben sich verlangsamt. Zu den relevanten treibenden Megatrends für die Immobilienbranche gehören meines Erachtens New Work, Silver Society und Konnektivität. Weitere wichtige Megatrends für die Branche sind Gesundheit und Neo Ökologie. Wir beobachten diese Trends und gestalten entsprechende Immobilienprodukte – die Büros von Morgen sind künftig wichtige Orte der Kollaboration, Begegnung und des Erlebens der Kultur eines Unternehmens, Konzepte für das Wohnen im Alter werden immer wichtiger, wenn man den demographischen Wandel betrachtet und als letztes Beispiel: Es braucht neue Konzepte für Umfang und Verbrauch von Ressourcen in der Planung, Errichtung und dem Betrieb von Immobilien – egal welcher Assetklasse, Ökologie ist nicht mehr ein Nischenthema, sondern ein Thema, das unsere Kinder bewegt und es wird Zeit, darauf als Entwickler zu reagieren. Unsere Vision ist es, einfach guten Lebensraum zu gestalten und zu entwickeln, in dem sich Menschen bestmöglich entfalten können. Daher lautet auch unseren Purpose: Simply the good – we shape spaces beyond walls where people can be their best.

Value One ist derzeit vor allem im Zusammenhang mit der Entwicklung des Stadtgebiets „Viertel Zwei“ in den Medien. Welche Herausforderungen und welche Chancen sehen Sie in der Quartiersentwicklung?

Hammertinger: Wachsende Städte stehen vor der Herausforderung der Zersiedelung, des Verkehrskollapses, der Gentrifizierung, der Hitze, der schlechten Luftqualität. Eine kluge Verdichtung nach polyzentrischen Prinzipien – sprich die Entwicklung von gut durchmischten Stadtquartieren, funktionierenden Grätzeln – ist darauf die Antwort. Die Stadt der kurzen Wege funktioniert nur, wenn die Quartiere gut funktionieren.

Welche Herausforderungen ergeben sich daraus in der Energieversorgung von Stadtquartieren?

Hammertinger: Stadtquartiere sollten vernetzt gedacht werden. Auch in Bezug auf die Energie. Unser Anergienetz im Viertel Zwei ist dafür ein gelungenes Beispiel. Wir versorgen 70.000 m2 Nutzfläche mit regenerativen Energien mit Wärme und Kälte, indem wir einerseits unterschiedliche Gebäude mit unterschiedlichen Nutzungen miteinander vernetzen und andererseits die Ressourcen vor Ort, wie Geothermie, Abwärme und Solarenergie effektiv nutzen. Durch dieses von BauConsult Energy geplante und gemanagte Versorgungssystem sparen wir 70 Prozent an CO2-Emissionen gegenüber herkömmlichen Systemen ein.

Was erwarten Sie sich in diesem Zusammenhang von der Beteiligung/Partnerschaft mit der Innovationsplattform „Plug and Play“?

Müller: Wir erwarten uns Inspiration, einen Blick über den Tellerrand in andere Branche, in andere Länder, in andere Kontinente, das Kennenlernen von neuen Lösungen für alte Fragestellungen. „Plug and Play“ ist ein Matchmaker von innovativen Start-ups mit Unternehmen wie uns, die mit Weitblick gerne neue Wege gehen, wenn sie im Sinne unserer Kunden einen Mehrwert schaffen. Wir setzen uns oft viel zu viele Grenzen in Bezug auf Machbarkeit, auf Veränderung. Gerade instabile Zeiten wie diese sind oft die Unternehmerischsten. Fordernde Zeiten sind immer auch ein fruchtbarer Boden für neue frische Ideen. Es ist also grundvernünftig ,jetzt mutig zu denken und zu handeln.

Es gibt auch andere Start-up-Plattformen in Österreich, warum die Zusammenarbeit mit einer internationalen Plattform. Kennen österreichische Plattformen den österreichischen Immobilienmarkt nicht besser? Bzw. lassen sich internationale Trends und abgeleitete Entwicklungen auf den österreichischen Markt übertragen?

Müller: Wir arbeiten mit unterschiedlichen Plattformen zusammen. Unter anderem sind wir Mitglied bei APTI – Austrian Proptech Initiative. Wir sind nicht nur in Österreich tätig, sondern mittlerweile in vielen Ländern Europas, wir entwickeln uns immer mehr von einem nationalen Immobilienentwickler und Betreiber zu einem globalen. Daher liegt es nur nahe auch das Innovationsnetzwerk international aufzuspannen. Wichtiger als die Frage der Übertragbarkeit von internationalen Start-up-Lösungen auf Österreich, sind die neuen Impulse, die wir als Unternehmen durch die Partnerschaft bei „Plug and Play“ bekommen.

Sabine Müller

ist seit Jänner 2019 als Chief Innovation & Marketing Officer in das Management Team der Value One Holding aufgestiegen und in dieser Tätigkeit für die Weiterentwicklung der holdingeigenen Marken und die Produktentwicklung verantwortlich.

Walter Hammertinger

ist Geschäftsführender Gesellschafter der Value One Development. In seiner Funktion verantwortet er den gesamten Development-Bereich der Projekte in Österreich. Die value one holding AG entwickelt und betreibt seit 20 Jahren Immobilienprojekte in Österreich und mittlerweile europaweit, unter anderem das Wiener Stadtentwicklungsgebiet Viertel Zwei und die Premium-Studenten-Apartments von Milestone.

Über Plug and Play (PnP)

Seit seiner Gründung im Jahr 2006 im Silicon Valley haben sich die PnP-Programme auf über 30 Standorte weltweit ausgeweitet, sodass Start-ups die erforderlichen Ressourcen erhalten, um im Silicon Valley und darüber hinaus erfolgreich zu sein. Mit über 20.000 Start-ups und 400 offiziellen Unternehmenspartnern hat Plug and Play das größte Start-up-Ökosystem in vielen Branchen weltweit geschaffen.