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Nur mit der Vernetzung aller am Planen und Bauen Beteiligten kann mehr Effizienz im Bauablauf geschaffen werden.
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Lean Construction

„Wir müssen den Bauprozess neu denken“, erklärte Markus Handler im Exklusivinterview mit a3BAU im vergangenen Jahr und legte damit unbewusst den Grundstein für den Fachkongress „Österreichische Bautage – Bauen wir die Zukunft“, der im November erstmals über die Bühne gehen wird. Das Ziel: Die Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette Bau zu fordern und zu fördern.

Wie können wir mehr Effizienz bei der Planung, Errichtung und beim Betreiben von Gebäuden schaffen? Eine Frage, die sich praktisch jeder Unternehmer stellen sollte – gerade in Zeiten der Hochkonjunktur, in der sich die Bauwirtschaft derzeit befindet.  Denn baubegleitende Planung, ineffiziente Baustellenabwicklung, Claim Management sind leider die gelebte Realität, die sich auf die Margen negativ auswirken und so manchen vorerst lukrativen Bauauftrag ins Gegenteil kehren.

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Nur mit der Vernetzung aller am Planen und Bauen Beteiligten kann mehr Effizienz im Bauablauf geschaffen werden. Der Fachkongress „Österreichische Bautage“ bringt die führenden Köpfe der Bauwirtschaft – Investoren, Planer, Baufirmen, Zulieferindustrie, Installationsgewerke und Facility Manager – zusammen, um sich darüber auszutauschen, wie Kooperative Projektabwicklung in der Praxis gelingen kann.

Lean Construction

Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang immer öfter genannt wird, ist Lean Construction. Jüngst wurde an der TU Graz unter der Leitung von Gottfried Mauerhofer der Universitätslehrgang Lean Baumanagement gestartet. „In letzter Zeit gab es bei uns häufig – offensichtlich durch einen kontinuierlich steigenden Leidensdruck – Anfragen für die Anwendung von Lean-Methoden auch direkt am Bauvorhaben. Die Baubranche scheint tatsächlich reif für den Einstieg in einen nachhaltigen Paradigmenwechsel, da auch ein neuer Umgang „untereinander“ in Betracht gezogen wird, was sich durch das Aufgreifen von Themen wie ,kollaboratives Arbeiten‘ zeigt, meint Lean-Experte Dieter Budinsky.

Es besteht allerdings die Gefahr, dass Lean Construction als neuer Methodenkoffer gesehen oder, und das ist noch viel wahrscheinlicher, ausschließlich als solcher eingesetzt wird. Und zwar ohne die notwendige Veränderung des Mind-Sets, gibt Budinsky zu bedenken. In seiner Keynote legt er dar, warum in Projekten von Beginn an viel Wert auf eine starke Vor-Ort-Orientierung gelegt wird, somit direkt von der Wertschöpfungskette ausgehend gemeinsam mit den jeweils handelnden Personen die passenden Methoden entwickelt werden müssen. Budinsky: „Lean Construction muss als Paradigmenwechsel von allen Ebenen wahrgenommen werden, in dem erst viele 180 Grad Wendungen im Mind-Set zum Erfolg führen werden.“

Kurze Durchlaufzeiten, verringerter Platzbedarf, bessere Qualität im Prozess, zufriedenere Menschen am Bauvorhaben, sind einige der wesentlichen Parameter für den Erfolg von Lean Construction. Diese können nachhaltig erreicht werden, deutlich verringerte Kosten sollten dabei aus innerer Überzeugung als „Abfallprodukt“ obiger Kombination gesehen werden, sind sich die Lean-Experten einig.

Aber nicht nur ausgewiesene Lean-Experten wie Budinsky oder Guido Höhne (Drees & Sommer) werden am Fachkongress sprechen, wichtig ist vor allem Feedback aus dem Baualltag. „Wenn wir schon an der Idee des Projekts mitarbeiten, erkennen wir Engpässe und Schnittstellenprobleme in einem frühen Stadion und können sie ausräumen“, berichtet Markus Handler (Handler Bau) aus seiner Erfahrung. Mit am Podium zum Thema „Lean Management in der Praxis“ ist auch Elmar Hagmann (Wilhelm Sedlak GesmbH). Unter dem Motto „Reibungsverluste werden letztlich zu Kostentreibern“ nimmt der in seinem Beitrag die ineffizienten Bauabläufe unter die Lupe.

Ganz pragmatisch geht es in den Workshops zur Sache. Unter dem Titel „Schrenk macht Lean“ führt Stefan Schrenk, Geschäftsführer Schrenk Holztreppen und Türen, vor, wie die Denkprinzipien von Lean Management effizient in seinem Unternehmen eingesetzt werden. „Lean kommt ausgeprägt im Auto-Motiv Bereich zum Einsatz. Ich habe im Unternehmen einiges an Erfahrung gesammelt und meine Lehren gezogen. Die Denkweise ist nicht 1:1 am Bau anwendbar. Aber es geht“, so Geschäftsführer Stefan Schrenk. Ein weiterer Workshop ist dem „Last Planner System“ gewidmet, der von Christoph Kovacs, Gruppenbauleiter der Wilhelm Sedlak GmbH, geleitet wird.

Kooperative Projektabwicklung

Ein Schlüsselfaktor für effiziente Bauabläufe ist die Material-Logistik. Otto Handle, Geschäftsführer der Inndata Datentechnik und profunder Kenner und Begleiter der Baustoffbranche, widmet sich im gleichnamigen Best Practice Workshop der digitalen Unterstützung der Material- und Beschaffungslogistik. Sein Credo: Den Marktteilnehmern im Baustoffhandel wird zu Unrecht vorgeworfen, sie wären in der Digitalisierung rückständig. Das stimmt mit Sicherheit nicht. Das Problem ist, dass gerade der B2B-Baustoffsektor sehr komplex ist: „Den Baustoffhandel in der Logistikkette – wo es darum geht, dass Lieferungen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle sind, dass ich nicht überbordend viele Lieferungen habe, dass ich innerstädtische Bereiche nicht mit zahllosen Lkws verstopfe, dass der Lkw das richtige Lademittel und Hebemittel an Bord hat – alles das digital abzubilden, ist eine große Herausforderung.“

Kooperatives und kollaboratives Zusammenwirken und damit Probleme lösen ist das Kernthema des Fachkongresses. Wie aber ist diese neue Zusammenarbeit mit dem Vergaberecht in Einklang zu bringen? Dieser spannenden Frage widmen sich die Baurechtsexperten Martin Schiefer und Georg Karasek in ihren Vorträgen „Grenzen des Vergaberechts“ und „Ein neues Vertragsmanagement für bessere Verträge“. Karasek dazu: „Early Contracting wäre ein für öffentliche Auftraggeber durchaus sinnvolles Vertragsmodell, das der Gesetzgeber möglich machen sollte. Für private Auftraggeber ist es jedenfalls schon heute eine interessante Alternative zu den klassischen Vergabemodellen.“

1. Österreichische Bautage vom 13.-14 November im Congress Loipersdorf.