Porr CEO Karl-Heinz Strauss
© Astrid Knie

Porr-CEO Strauss: Shutdown in der Bauindustrie war unnötig

9 Prozent weniger Betriebsleistung und 5 Prozent weniger Umsatz verzeichnet der Porr-Konzern im 1. Halbjahr. Zurückzuführen ist das vor allem auf den "unnotwendigen" Shutdown, der lange Verzögerungen verursacht, so Porr-CEO Karl-Heinz Strauss.

Der Shutdown auf Österreichs Baustellen hatte und hat in der Folge gravierende Auswirkungen auf die Ergebnisse der Bauindustrie. Das Einstellen der Baustellen kam, wie Porr-CEO Karl-Heinz Strauss im Rahmen der Halbjahres-Pressekonferenz betonte, genau in der Zeit, als alle Baustellen nach der Winterpause hochgefahren wurden. 80 Prozent der Porr-Baustellen waren dicht. der "travel ban" führte dazu, dass viele polnische Kollegen auf den Baustellen fehlten und Mitarbeiter vom Balkan komplett ausfielen.

Das führte quasi auf allen Märkten der Porr zu Verzögerungen. Strauss: "Unsere Leute arbeiten ohnehin weitgehend an der frischen Luft, der Shutdown in der Bauindustrie war unnötig. Der öffentliche Auftraggeber wollte seine eigenen Leute schützen, aber wir sind dadurch zum Handkuss gekommen."

Verzögerungen verursachen enormen Kosten

Besonders kostenintensiv werden die dadurch verursachten Verzögerungen bei Projekten, die mit Jahres- bzw. Saisonende fertiggestellt hätten sein sollen, aber möglicherweise heuer nicht mehr fertig werden, und man die laufenden Fixkosten der Baustelle mit ins Frühjahr ziehen muss.

Angesprochen auf die Auswirkungen der Covid-Pandemie auf zukünftige Bauverträge, um dieses Risiken fair aufzuteilen, zeigte sich Strauss nicht überzeugt, dass sich Önormen- und FIDIC-Verträge "anpassen" werden. Die Porr setze daher auf gute Verhandlungen mit den Auftraggebern bzw. Bauherren, um individuelle Lösungen für alle Baustellen zu finden. "Bisher lassen sich die Streitfälle an einer Hand abzählen", meinte Strauss.

Zufrieden mit Konjunkturmaßnahmen

Bei einem All-Time-High-Auftragsbestand von über 7,6 Milliarden Euro blickt Strauss "mit einer großen Portion Skepsis, aber dennoch optimistisch" auf das Jahr 2021. Mit den von den öffentlichen Händen aufgelegten Konjunkturmaßnahmen – von der BIG über ÖBB, möglicherweise auch Asfinag und natürlich die Gemeindemilliarde – schaue die Situation aus heutiger Sicht ganz gut aus. Aber eine wirkliche Bilanz könne man erst Ende 2021 ziehen, so der Porr-Chef.

Letztere, also die Gemeinde-Milliarde, hält Strauss für zu gering bemessen. Die Gemeinden werden eher 2 bis 2,5 Milliarden benötigen, weil ja nicht nur zusätzliche Ausgaben, sondern auch weniger Einnahmen aufgrund von Kommunalabgaben-Rückgängen zu verzeichnen seien.

Rückgänge in den Zahlen, aber gute Stimmung

Die Produktionsleistung der Porr lag im ersten Halbjahr 2020 mit 2.273 Millionen Euro um rund 9,0 % unter dem Vorjahreswert. Mit rund 70 % der erwirtschafteten Leistung bleiben Österreich und Deutschland weiterhin die zwei wichtigsten Märkte des Baukonzerns. Die Umsatzerlöse gingen um 5,1 % oder 110,4 Mio. Euro auf 2.071,2 Mio. Euro zurück, was auf einen geringeren Anteil von Argen und Projekten in Joint Ventures zurückzuführen ist. Das Ergebnis vor Steuern sank – vor allem bedingt durch die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie – auf -26,6 Mio. Euro. Die gegenläufigen Maßnahmen wie u. a. Kurzarbeit, Investitions- und Ausgabestopps konnten die Folgekosten und -auswirkungen der Covid-19-Auflagen – insbesondere die vorübergehende Stilllegung der Baustellen sowie Leistungseinschränkungen – nicht kompensieren.

Die Stimmung im Konzern unter den Mitarbeitern sei aber dennoch "gut", wie Strauss betonte. Es wurden keine Kündigungen aufgrund der Covid-Auswirkungen ausgesprochen und es wurden bislang auch keine Baustellen aufgehoben, "nur verschoben" bzw. habe es Umplanungen gegeben. Aus dem einen oder anderen Büroprojekt wird nun ein Wohnbau.

Ausblick und Maßnahmen Porr 2025

Mit dem im Herbst 2019 gestarteten Transformationsprogramm Porr 2025 stellt sich der Konzern für den strukturellen Wandel im Bausektor auf. Die Corona-Pandemie zeigt jedoch, dass die bestehenden Strukturen und Abläufe noch schneller und noch umfassender angepasst und die angesetzten Effizienzmaßnahmen intensiviert werden müssen. Das bedeutet eine Beschleunigung und Fokussierung vieler Themen im Unternehmen.

"Wir haben in der Krise nun gesehen, dass die Porr datentechnisch einwandfrei funktioniert", meinte Strauss und führte dies nicht nur auf das bereits eingeleitete Digitalisierungsprogramm, sondern auch auf den im Jahr 2019 erfolgten Cyber-Angriff zurück: Die Erfahrungen aus dem letzten Jahr waren nun von Vorteil, weil man sich nach dem Cyber-Angriff komplett neu aufgestellt habe. Dennoch müsse die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden.

Man habe auch gesehen, dass sich der Konzern weiter verschlanken könne. Durch das Herausnehmen einer Ebene wolle man die Führungsspanne, die derzeit bei 8-10 liege, besser anpassen. Auch wolle man weiterhin am Geschäftsmodell des Totalunternehmertums festhalten. Strauss: "in Deutschland werden wir da stark nachgefragt." Man habe mit dem Konzept "1 Projekt  – 1 Ansprechpartner" schon viele Auftraggeber überzeugen können.