Ziviltechniker
Mehr als 1.000 Ziviltechniker haben die Blitzumfrage der Kammer beantwortet
© Adobe Stock

Ziviltechniker in der Corona-Krise

Die Bundeskammer der ZT hat innerhalb der Berufsgruppe der Architekten und Zivilingenieure eine Umfrage durchgeführt, um aus der Corona-Krise resultierende Engpässe und Probleme der Büros und ihrer Mitarbeiter zu identifizieren.

Trotz erwarteter Umsatzeinbußen durch die Corona-Krise, die 79% der Antwortenden erwarten, ist wohl eines der erfreulichsten Signale, dass Kündigungen bisher sehr selten als Maßnahme ergriffen (7%) wurden und etwa nur 22% diese für die Zukunft, aber in Abhängigkeit von der Dauer der Krise, erwägen. Als Gründe hierfür werden häufig angegeben, dass die Akquise von neuen Aufträgen derzeit schwerer durchführbar sei.

Außerdem komme es vermehrt zur Einstellung von geplanten Projekten durch Kunden. 31% geben an, dass ihr Unternehmen von Kurzarbeit betroffen ist, 23% erwägen die Beantragung von Kurzarbeit.

Vorsichtig positives Signal

80% der Rückmeldenden halten eine Liquiditätssicherung des Unternehmens aktuell für nicht erforderlich. Einen starken Rückgang der Aufträge erwarten 66% durch private Auftraggeber, 46% durch öffentliche Auftraggeber. Bei 29% haben private Auftraggeber und bei 9% öffentliche Auftraggeber angekündigt, offene Honorare nicht innerhalb des sonst üblichen Zeitraums zu begleichen.

Aus den Kommentaren zu diesem Punkt geht aber gleichzeitig hervor, dass die Zuversicht betreffend die Liquidität des Unternehmens sehr wohl davon abhängt, wie lange die Krise noch andauert.

„Technische Berufe, wie jene der Planerinnen und Planer, sind Mangel-Berufe. Daher versuchen unsere KollegInnen auch in Krisensituationen alles, um ihren MitarbeiterInnen den Arbeitsplatz zu erhalten. Die Umfrage zeigt aber auch deutlich, dass Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker auf die Zahlungspünktlichkeit ihrer Auftraggeber, im Speziellen der öffentlichen Hand, angewiesen sind“, warnt Bundeskammerpräsident Kolbe.

Verzögerung durch geringe Digitalisierung

In der Zusammenarbeit mit Gemeinden und Behörden führt eine längere Bearbeitungsdauer bei 76% (betreffend Behörden), bzw. 70% (betreffend Gemeinden) zu Projektbehinderungen – z.B. durch Verzögerung bei Bescheiderstellungen, Verhandlungen, Projektbearbeitungen oder Gutachten durch Amtssachverständige.

Die ZT-Kammer sieht hier Handlungsbedarf: „Aufgrund der teilweise noch fehlenden Digitalisierung laufen die Projekte hier holpriger als es sein müsste“, skizziert Kolbe das Problem. Die Digitalisierungsbestrebungen seitens der Kammer und der Behörden der letzten Jahre, so Kolbe, waren ein erster Schritt in die richtige Richtung. Jetzt haben wir eine Krise, die den Ruf nach Digitalisierung verstärkt: Kontaktlose  Kommunikation, die aber dennoch Rechtssicherheit bieten muss, ist wichtiger denn je.

„Für mich ergibt sich daraus der klare Auftrag, die digitale Kommunikation zwischen ZT und Behörden noch mehr zu forcieren, als wir es bisher schon getan haben. Ziel muss es sein, dass ein Umschalten auf digitale Kommunikationswege keine Projektverzögerungen herbeiführt “, kündigt Kolbe an.

Beeinträchtigung von geplanten und laufenden Projekten

  • 72% geben an, dass ihre Arbeiten aufgrund aktueller Baustopps der Auftraggeber oder der ausführenden Unternehmen (69%) nicht fortgesetzt werden. Zu Vertragskündigungen seitens der Auftraggeber sei es jedoch nur bei 9% gekommen.
  • Pönalforderungen (4%) und Schadensersatzforderungen seitens der Auftraggeber wurden bisher nur bei unter 3% der Betriebe gestellt.
  • Bei 70% kam es zu einer Verschiebung des Projektbeginns durch Auftraggeber.
  • Auftragsverzögerungen würden zudem häufig (77%) durch die eingeschränkte Erreichbarkeit von EntscheidungsträgerInnen entstehen.
  • 65% sehen Lieferengpässe bei ausführenden Unternehmen als Grund für Projektbehinderungen.
  • 33% geben an, dass ausführende Unternehmen Mehrkostenforderungen angemeldet haben.
  • Probleme und Projektverzögerungen entstehen laut den Mitgliedern der ZT-Kammern aufgrund der schwierigen Durchführung interdisziplinärer Planungsprozesse und laufendem Informationsaustausch (62%) sowie notwendiger Arbeitsschritte, wie Kolloquien, Jurysitzungen oder Vor-Ort-Besichtigungen (70%).
  • Zu verminderter Arbeitsleistung im eigenen ZT-Büro durch Personalmangel oder Personalkapazitäten komme es bei 45%.

Aktuelle Arbeitssituation und Hygienemaßnahmen

Die Einhaltung des Sicherheitsabstands von einem Meter sowie die notwendigen Hygienemaßnahmen am Arbeitsplatz, also in den Büros, einzuhalten hält die überwiegende Mehrheit für unproblematisch. Die notwendige IT-Infrastruktur für Online Meetings und Videokonferenzen
sehen 85% als jederzeit gegeben. 77% geben an, ihren Mitarbeitern die notwendige IT-Hardware auch im Home-Office zur Verfügung stellen zu
können.

Den Koordinationsaufwand innerhalb des ZT-Büros durch die Umstellung auf Home-Office sehen 71% als erhöht an. 77% geben an,
dass die Produktivität der Arbeitsleistung innerhalb des ZT-Büros durch die Umstellung auf Home-Office vermindert ist. 66% sehen einen Effektivitätsgewinn dadurch, dass viele Meetings virtuell abgehalten werden können.

Know-how zur Verfügung stellen

Im Zuge einer offenen Frage, haben wir um Rückmeldung gebeten, welchen Beitrag ZT für das Gemeinwohl leisten können, um die Covid-19-Krise und deren Auswirkungen gemeinsam zu meistern.

Viele sehen auch einen besonders wichtigen Beitrag darin, den sicheren Betrieb auf Baustellen zu überwachen und somit dafür Sorge zu tragen, dass die Bauwirtschaft nicht völlig zum Erliegen kommt.

Etliche Kommentare behandeln den Wunsch der Ziviltechniker, ihr Know-how zur Verfügung stellen zu wollen. Konkrete Beispiele waren die Hilfestellung bei provisorischen Adaptierungen von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen (z. B.: Adaptierungen von KH-Bereichen
als provisorische Intensivstationen…) für die Aufnahme von COVID-19-Patienten oder auch bei der Verbesserung von Infrastruktur wie 5G, Lichtleiterkabel, usw. damit Home-Office auch in Krisenzeiten funktionieren kann.

Die abgegebenen Kommentare der Teilnehmer zeigen auf, dass die ZT vor allem der öffentlichen Hand, wie Bund, Ländern und Gemeinden mit
ihrem Wissen betreffend die Fortsetzung von aktuellen Projekten gerade in der Krise unter die Arme greifen wollen.