Konjunktur-Lokomotive Tiefbau
Mitte August erfolgte der formale Abschluss des größten jemals in Österreich vergebenen Bauloses: Das Auftragsschreiben über das Bauvorhaben H51 Pfons-Brenner des Brenner-wurde von den Vertretern des Porr-Konsortiums – bestehend aus der Porr, ihrer im vergangenen Jahr erworbenen Tochter Hinteregger und Joint Venture Partnern aus Italien sowie dem Vorstand der Brenner Basistunnel Gesellschaft unterzeichnet. 966 Millionen Euro und rund sechs Jahre Bauzeit wird die Errichtung von zwei Haupttunnelröhren zwischen Pfons und Brenner, rund neun Kilometer Erkundungsstollen und die Nothalte- und Überleitstelle bei St. Jodok benötigen.
„Wir sind sehr stolz darauf, den Zuschlag für das bislang größte Tunnelprojekt Österreichs erhalten zu haben. Das rund 18 Kilometer lange Baulos ‚Pfons-Brenner‘ stellt aufgrund der komplexen geologischen Gegebenheiten und den beschränkten Platzverhältnissen eine anspruchsvolle Herausforderung dar“, so Porr-CEO Karl-Heinz Strauss. Die beiden eingleisigen Haupttunnelröhren werden vorrangig mit Tunnelbohrmaschinen mit einem Ausbruchdurchmesser von 10,37 m aufgefahren. So lässt sich eine Strecke von bis zu 30 m pro Tag und Tunnelbohrmaschine vortreiben. Der Ausbruch des geplanten Erkundungsstollens erfolgt durch Sprengvortrieb mit Spritzbetonsicherung. Die komplette Versorgung findet über einen einzigen Zugangsstollen statt.
Karl-Heinz Strauss, Porr-CEO: „Das rund 18 km lange Baulos ‚Pfons-Brenner‘ stellt aufgrund der komplexen geologischen Gegebenheiten und den beschränkten Platzverhältnissen eine Herausforderung dar“
Der feierlichen Unterzeichnung des Auftrags waren durchaus Aufregungen vorausgegangen. Der Zuschlag wurde nämlich bereits im März erteilt, danach wurden allerdings Feststellungsanträge auf Annullierung des Vergabevertrags gestellt, unter anderem vom Baukonzern Strabag. Im Juli hatte aber das Bundesverwaltungsgericht entschieden, den Anträgen nicht stattzugeben. Grund für die Anträge war die finanzielle Schieflage eines Konsortialpartners der Porr. Anfang des Jahres hatte die Società Italiana per Condotte d’Acqua SPA beim Landesgericht in Rom einen Antrag auf gerichtlichen Ausgleich mit Fortführung gestellt. Aus der Porr heißt es dazu: „Die Folgen der Insolvenz eines Vertragspartners sind bereits im Konsortialvertrag geregelt. Wir rechnen nicht damit, dass die aktuelle Situation von Condotte sich negativ auf das Projekt auswirkt.“ Nachsatz: Immerhin verfügt die Porr über Erfahrung von mehr als 600 Kilometer Tunnelvortrieb und hat bereits für den Brenner Basistunnel einen Erkundungs- und Zugangstunnel gebaut.
Großauftrag Karawankentunnel
Mitte August verkündete auch der Baukonzern Swietelsky einen Großauftrag, ebenfalls ein Tunnelprojekt. Der Auftrag über den Neubau einer zweiten Röhre beim Karawankentunnel hat ein Volumen von rund 90 Millionen Euro. „Der Auftrag ist eine Auszeichnung für die Swietelsky-Baugesellschaft und ihr Tunnelbau-Unternehmen, die in diesem Fall gemeinsam als ARGE beauftragt wurden. Wir sind auf Untertagebauprojekte hochspezialisiert und können auf jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen“, betont Swietelsky-GF Karl Weidlinger.
Karl Weidlinger, Swietelsky-GF: „Die großen Infrastrukturauftraggeber, Gemeinden und Länder sind meist konjunkturunabhängig stabil“
Für die Tunnelbauer von Swietelsky, die bereits bei der Errichtung der ersten Röhre maßgeblich mitgewirkt hatten, liegen die besonderen Herausforderungen des Projektes in der Beherrschung der als schwierig prognostizierten geologischen Verhältnisse, sowie den zu erwartenden massiven Wasserzutritten von bis zu 100 l/s, heißt es in einer Aussendung. Weidlinger: „Das Projekt wird durch die ambitioniert bemessene Bauzeit und die sicherheitstechnische Vorgabe, sämtliche Querschläge noch während der Vortriebsarbeiten zur Bestandsröhre hin durchzuschlagen und elektromaschinell auszustatten, auch zu einer logistischen Mammutaufgabe.“ Aktuell ist Swietelsky bei zahlreichen großen europäischen Tunnelbau-Projekten engagiert – von Stuttgart 21 über den Albaufstieg der Bahnstrecke Wendlingen-Ulm bis hin zum Semmering Basistunnel-Abschnitt „Fröschnitzgraben“.
Semmering-Basistunnel
Noch bis 2025 wird am Baulos SBT 1.1 Tunnel Gloggnitz mit einer Länge von ca. 7,4 km gebaut. Auftragnehmer ist die Arge SBT 1.1 Tunnel Gloggnitz, bestehend aus Implenia Österreich, Hochtief Infrastructure Austria und Thyssen Schachtbau. Der Auftragswert beläuft sich auf knapp 460 Millionen Euro.
Aufgefahren wird von zwei Seiten – von Gloggnitz und vom Zwischenangriff Göstritz aus – nach der neuen österreichischen Tunnelbaumethode (NÖT). Es handelt sich um zwei parallel verlaufende eingleisige Tunnelröhren mit 16 Querschlägen in Abständen von max. 500 Metern. Der Zwischenangriff Göstritz ist neben den beiden Portalvortrieben in Gloggnitz aufgrund der in diesem Bereich vorherrschenden geologischen Störungen notwendig. Es wird ein rund 1000 Meter langer Zugangstunnel in den Berg vorgetrieben, der zur baulogistischen Versorgung dient. Am Tunnelende werden zwei ca. 260 Meter tiefe Schächte mit für den Baubetrieb notwendigen Kavernen errichtet.
Implenia ist auch beim Abschnitt Los SBT 2.1, der sowohl im TBM-Vortrieb (8,6 Kilometer) als auch in bergmännischer Bauweise (4,3 Kilometer) erstellt wird, 26 Querschläge, eine Nothaltestelle und zwei über 400 Meter tiefe Lüftungsschächte umfasst, über welche die gesamte Baustelle versorgt wird, beteiligt. Die Auftragssumme beträgt rund 623 Millionen Euro. Eine besondere Herausforderung des Großprojekts sind die geologischen Verhältnisse im Bohrgebiet. Hinzu kommen die Versorgung der Baustellen mit Baustoffen sowie der Abtransport des Ausbruchmaterials. Die seit Sommer 2014 laufenden Bauarbeiten dauern voraussichtlich bis 2024.
Konjunkturlokomotive Infrastruktur
Die großen Tunnelprojekte wirken sich auf die europäische Bauleistung aus. Laut Euroconstruct wird der Hochbausektor im Zeitraum 2018 bis 2020 spürbar an Dynamik verlieren wird, der Tiefbau jedoch im laufenden sowie im kommenden Jahr zu einem bemerkenswerten Zwischenspurt ansetzen. Umfangreiche Investitionsmittel fließen vor allem in die Straßennetze und Schienenwege – aber auch in die Energieinfrastruktur. Neben der Verbesserung der öffentlichen Finanzsituation spielen in diesem Zusammenhang der vielerorts gestiegene Investitionsbedarf sowie die europäischen Strukturhilfen eine maßgebliche Rolle, hieß es auf der Euroconstruct-Sommerkonferenz 2018.
Nach den aktuellen Prognosen der Euroconstruct-Experten werden die Tiefbaumaßnahmen in diesem und im nächsten Jahr um jeweils rund 4,5 Prozent zunehmen „und damit 2019 die unangefochtene Rolle des Zugpferds der europäischen Baunachfrage übernehmen“. Im Jahr 2020 dürfte das Tiefbauvolumen dann um weitere 2,5 Prozent auf rund 345 Milliarden Euro klettern. Dies würde einen Zuwachs von insgesamt 36 Milliarden Euro (jeweils in Preisen von 2017) innerhalb dieses Dreijahreszeitraums bedeuten.
In Österreich vor allem ÖBB und Asfinag im Tiefbau entscheidend
Das Infrastruktur-Investitionsprogramm der Asfinag sieht ein Budget von 500 Millionen für den Neubau von Strecken und zweiten Tunnelröhren vor, ebenfalls 500 Millionen gehen in die Erneuerung bestehender Straßen und Tunnel. Daneben sind weitere 100 Millionen Euro etwa für Mauttechnik oder Datenleitungen budgetiert. Die aktuelle Sechs-Jahres-Planung sieht bis 2023 insgesamt 7,8 Milliarden Euro für das hochrangige Straßennetz vor.
„Die Asfinag ist und bleibt ein verlässlicher Auftraggeber für die Bauwirtschaft und investiert auch in den kommenden Jahren kräftig in die österreichische Infrastruktur. Und zwar sowohl in den Neubau als auch in die bestehenden Straßen, um diese zukunftsfit zu halten und die Sicherheit generell und auch den Wert der Straßen zu erhöhen. In Summe sind in den kommenden sechs Jahren Investitionen von 7,8 Milliarden Euro vorgesehen“, berichtet Andreas Fromm, Geschäftsführer Asfinag Bau Management GmbH.
Auf Auftragnehmerseite sorgt das für Zuversicht. „Für den Tiefbau war bereits 2017 ein sehr positives Jahr, für die kommenden Jahre erwarten wir ebenfalls eine nachhaltige Steigerung“, meint etwa Thomas Birtel, Vorstandsvorsitzender Strabag SE, und ergänzt: „Diese ist auch nötig, um den Bestand zu erhalten. Neben einigen Großprojekten von den großen öffentlichen Auftraggebern wie Asfinag, ÖBB und Wiener Linien, konzentrieren wir uns vor allem auf das kleinteilige Flächengeschäft in Österreich.“
Thomas Birtel, Vorstandsvorsitzender Strabag SE: „Für die kommenden Jahre erwarten wir uns im Tiefbau eine nachhaltige Steigerung“
Die Auslastung ist im Tiefbau ist derzeit, insbesondere bedingt durch die großen Infrastrukturprojekte und den Breitbandausbau, gut bis sehr gut, schätzt Weidlinger (Swietelsky) die aktuelle Konjunkturlage ein. „Die großen Infrastrukturauftraggeber, Gemeinden und Länder sind meist konjunkturunabhängig stabil. Das Ende des Konjunkturhochs wird mittelbar mehr von der weiteren Entwicklung der sich aufbauenden Handelsbarrieren abhängig sein als von Jahreszahlen.“
Schwerpunkte seitens der Regierung
Von Seiten der Regierung gilt dem Ausbau der Schiene zur nachhaltigen Bewältigung des Verkehrsaufkommens das besondere Augenmerk, wie Verkehrsminister Norbert Hofer betont. Mit der Schieneninfrastruktur-Offensive werde er das größte Investitionsprogramm in der Geschichte der Republik umsetzen. Verschiebungen von Projekten des ÖBB-Rahmenplans gebe es in erster Linie dann, wo technische oder rechtliche Umstände es verlangen. Im Falle der Koralmbahn seien beispielsweise schwierige geologische Gegebenheiten aufgetreten, die das Projekt verzögern, in anderen Fällen gebe es Einsprüche von Anrainern. Und In bestimmten Fällen sei es einfach günstiger, angesichts der guten konjunkturellen Auslastung den Beginn von Bauprojekten ein, zwei, höchstens drei Jahre zu verschieben, meint Hofer.
Die Versorgung mit gesichertem Breitbandzugang für Unternehmen und private Haushalte bleibe ebenfalls ein wichtiger Schwerpunkt des Infrastrukturausbaus, betonte der Verkehrsminister. Geplant sei es auch, die Mittel der nächsten Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen weiter in den Breitbandausbau zu stecken.
Die Förderungsprogramme zu Access, Backhaul, Connect und Leerverrohrung bilden im Rahmen von Breitband Austria 2020 die Grundlage für die Vergabe von Fördergeldern, die aus der Breitbandmilliarde stammen. Mit Hilfe dieser Förderungsmittel soll die digitale Kluft zwischen Land und Stadt geschlossen werden, indem sie in jenen Gebieten zum Einsatz kommen, in denen es in absehbarer Zeit sonst keine Versorgung mit Hochleistungsbreitband geben würde. Die Nachfrage bei den ersten Calls war aber zurückhaltend.
Im Zuge der Breitband-Milliarde werden weitere knapp 30 Millionen Euro an Förderung für die Leerverrohrung ausgeschüttet. Die Ausschreibung dafür startet am 3. September und soll 12 Wochen dauern. Die Gemeinden sollen diese Chance zu nützen, so Verkehrsminister Hofer: „Damit intensivieren wir unser Bestreben, alle Österreicher und unsere heimischen Betriebe mit schnellem Internet zu versorgen. Damit machen wir speziell die ländlichen Regionen zukunftsfit.“
Projekt Voestbrücke
Im März erhielt Swietelsky den Auftrag, die Voestbrücke um zwei zusätzliche Brücken zu ergänzen. Die Hauptbaumaßnahmen für die Zusatzbrücken und den Umbau der An- und Abfahrten laufen bereits seit Jänner 2018. Damit die Sanierung der Hauptbrücke ermöglicht wird, werden die zwei Bypassbrücken gebaut und bleiben auch nach der Sanierung bestehen, um den innerstädtischen Ziel- und Quellverkehr einfacher über den Fluss zu bringen.
- Gesamtlänge: rund 2,5 Kilometer
- Gesamtkosten: ca. 170 Millionen Euro
- Baubeginn Bypässe: 16. Jänner 2018
- Geplante Fertigstellung Voest-Brücke: Bypässe: Sommer 2020
- Sanierung Fahrbahn: Herbst 2023
A 11 Karawanken Autobahn
Neubau zweite Röhre Karawankentunnel
- Gesamtlänge (Österreich und Slowenien): 7,9 Kilometer
- Gesamtkosten (Österreich): ca. 190 Millionen Euro
- Baubeginn Vorbereitungsmaßnahmen im Portalbereich: Oktober 2015
- Fertigstellung Vorbereitungsmaßnahmen im Portalbereich: Oktober 2017
- Geplanter Baubeginn 2. Tunnelröhre: 2018
- Geplante Gesamtfertigstellung: Ende 2023