» Preise für ESG-konforme Immobilien werden stärker steigen «
a3BAU: Die EU-Taxonomie wird zu einem grundlegenden Umbruch in der Immobilienbranche führen. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Andreas Ridder: In Westeuropa ist schon sehr viel in Veränderung. In Österreich beginnt es gerade erst – allerdings mit enormem Tempo und hohem Bewusstsein.
Wie sehr ist das Thema EU-Taxonomie und ESG-Konformität in der Immobilienbranche bereits angekommen?
Vor allem bei Investoren aus Deutschland ist das seit Jahresbeginn ein sehr großes und wichtiges Thema. Objekte, die nicht ESG-konform sind, schauen sich viele gar nicht mehr an. Deutsche Investoren gehören zu den größten und wichtigsten Investoren in Österreich, d. h. Developer und Asset Manager fokussieren auch aus diesem Grund auf ESG.
Die kürzlich veröffentlichte Real Estate Benchmark Studie 2021 von PwC Deutschland zeigt, dass Entscheider ihre bestehenden Produkte auf Basis von ESG-Kriterien umstellen wollen. Zeigt sich das bereits in einer erhöhten Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien?
Ja, auf jeden Fall – nicht nur die deutschen, sondern auch die österreichischen Fonds haben sich da in den letzten Monaten sehr schnell umgestellt.
Wie stellt sich CBRE auf diese veränderte Nachfrage ein?
Unser Beraterteam in der Abteilung Building Consultancy beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren sehr intensiv mit der Thematik. Wir haben bereits viel Expertise im Team, zudem einen internen ESG-Koordinator, der alle Abteilungen auf das Thema ESG sensibilisiert und mit seinem Know-how unterstützt. Wir stellen fest, dass bei jeder Beratung – bei Investments wie bei Vermietungen, aber auch in der Immobilienverwaltung – ESG zu den wichtigsten Themen zählen.
Gibt es seitens CBRE eine Zusammenarbeit mit ESG-Beratungsunternehmen hinsichtlich der Bewertung von Immobilien nach ESG-Kriterien – woran wird sich der Immobilienmarkt orientieren?
Wir arbeiten mit sämtlichen bekannten Nachhaltigkeitszertifizierungen und insbesondere auch mit dem WELL Certificate, wo das Wohlbefinden der Gebäudenutzer im Vordergrund steht.
Die EU macht Druck – derzeit ist kein Abgehen vom Zeitplan angedacht, wodurch berichtspflichtige Konzerne eigentlich schon 2021 beginnen müssen, ihr Unternehmen nach ESG-Kriterien auszurichten. Wie gut ist der österreichische Markt darauf vorbereitet?
Ich würde sagen, die österreichischen Immobilienunternehmen sind derzeit in einer intensiven Findungsphase, wie auf die neuen Anforderungen am besten reagiert werden kann und wie sie ihren Anteil zu den ESG leisten können.
Welche Immobilien werden hinsichtlich dieser Entwicklung in nächster Zeit stärker nachgefragt – welche Assetklassen werden die Gewinner/Verlierer des Nachhaltigkeitstrends sein?
ESG betrifft Investitionen in alle Arten von Immobilien, d. h. alle Assetklassen im selben Ausmaß. Sind diese erfüllt, geht es bei der Entscheidung für oder gegen eine Assetklasse zusätzlich um andere Megatrends wie Digitalisierung, Online-Handel, Home-Office etc., die die Entscheidung für eine bestimmte Assetklasse beeinflussen.
Wie wird sich dieser Trend beispielsweise auf die Leerstände nicht nachhaltiger Immobilien auswirken?
Natürlich wird dieser Trend nicht nur einen Einfluss auf die Auswahl von Immobilien durch Investoren haben, sondern auch von Nutzern und wird somit den Druck auf die Eigentümer Richtung ESG nur noch verstärken.
Wird der Trend zu einer Ankurbelung des Sanierungsmarkts führen?
Davon gehen wir aus – auf jeden Fall.
Gibt es überhaupt genug nachhaltige Immobilien in Österreich, um die Nachfrage, die durch die EU-Taxonomie ausgelöst werden wird, zu befriedigen?
Im Moment gibt es generell nicht genug Angebot guter Immobilien für Investoren, was auch dazu beiträgt, dass die Preise weiter steigen, obwohl sie ohnehin schon sehr hoch sind. Aber natürlich wird der Preisanstieg bei ESG-konformen Immobilien größer sein als bei anderen, auch weil Finanzierungen für solche Immobilien günstiger sind als für andere.
Andreas Ridder
ist Geschäftsführer Austria & CEE. Er verwaltet und koordiniert die Büros in der Region. Vor CBRE arbeitete Ridder für die Bank Austria/Creditanstalt. Er war an den Immobilieninvestitionen und Immobilienentwicklungsprojekten der Bank in Österreich beteiligt und kam 1991 als Geschäftsführer des neu gegründeten Büros in Österreich zu CBRE.