Guido Strohecker
© Marija-M. Kanizaj

So kommt die Bauwirtschaft rasch aus der Krise

Nicht die Krise macht uns fertig, sondern wie wir mit diesem Umstand umgehen kann uns unsere Existenz rauben. Daher: Umdenken, Umplanen, Umsteigen.

Eine Krise ist immer erst dann eine, wenn wir Sie dazu machen. Jeder Tag, jede Woche, jedes Monat bieten immer wieder neue Herausforderungen und Anforderungen, uns neu zu denken. Unser Handeln, das Innehalten, das Neuüberdenken oder das traditionelle Weiterführen von Projekten und Prozessen setzen eigentlich schon seit jeher unternehmerisches Denken und Handeln voraus. Nicht die Krise macht uns fertig, sondern wie wir mit diesem Umstand umgehen kann uns unsere Existenz rauben.

Ein mögliches Gegenrezept: Umdenken, Umplanen, Umsteigen

Wenn die Bauwirtschaft nicht einfach weitermacht wie vor der Krise, gibt es eine reale Chance umzusteigen. Umdenken des gesamten Schaffungsprozesses im Bau, im Sinne der Reduktion der sogenannten „grauen Energie“ – von der Anforderung der Auftraggeber über die Planungen von Architekten, Hoch/Tiefbauingenieuren, technischen Gebäudeausrüstern, Bauphysikern, bis hin zu gesetzlichen Regelungen, OIB-Richtlinien, Ökogerechten Baustoffen, nachhaltiger Gebäudetechnik und langfristigen Gebäudekonzepten.

Mit der Einführung des BIM-Faktors könnte ein möglicher Weg, über kollaboratives Arbeiten und Schaffen, vom Anfang an und weit über das Ende hinaus, realisiert werden. Die Planung von Lebenszyklen bis hin zum kontrollierten Rückbau und der Wiederverwendung von Materialen bringt die Bauwirtschaft wieder in einen Kreislauf. Schlussendlich bietet jede Krise auch die Möglichkeit, über Althergebrachtes zu befinden und neue zukunftsweisendere Ideen umzusetzen. Dafür ist JETZT der richtige Zeitpunkt.

Ein Wunschszenario

  • Auftraggeber definieren exakter als bisher, mit entsprechender Fachbegleitung, den Gebäudeinhalt und den Gebäudezweck.
  • Architekten setzen klimagerechtes, nachhaltiges und ressourcenschonendes Planen ein – Stichwort: Architects4Climate.
  • Ingenieure setzen auf nachhaltige Werkstoffe und möglichst naturnahe Bauweisen
  • HKLS- und E-Planer führen alte Traditionen neuen modernen Interpretationen zu – Stichwort natürliche Klimatisierung, Lüftung und Energiegewinnung – Stichwort Photovoltaik, Erdwärme und Windkraft.
  • Bauphysiker plädieren vermehrt zu monolithischen Bausystemen, dadurch kommt es zur Reduktion von Baumängeln und der Vereinfachung von Baumethoden.
  • OIB-Richtlinien werden von Fachexperten (und nicht von der Bauwirtschaft) „klimanah“ durchforstet und mindestens auf die Hälfte der Vorschriften reduziert – Momentan mit ein Grund für die stetige Verteuerung am Bau. Es reicht nicht, nur den Wärmedämmkoeffizienten eines Gebäudes hinaufzuschrauben – Der Effekt daraus ist momentan rein das Fördern der Styroporindustrie und damit „klatschen“ wir wieder Erdöl auf unsere Fassaden. Der gesamte Recyclingprozess wird ad absurdum geführt – solche Vollwärmeschutzfassaden sind per se Sondermüll. Dazu spritzen wir noch Algizit und Fungizit auf die Fassaden, damit sie quasi keimfrei bleiben – in Berlin sind aufgrund dieser Maßnahmen stark erhöhte Giftstoffkonzentrationen in der Spree nachgewiesen worden – allein durch die das Ausschwemmen der Fassade der sanierten Plattenbauten im Berliner Umland.
  • Es müssen ganzheitliche, strukturelle Systembetrachtungen Einzug halten. Förderung neuer „alter“ Bauweisen, Reduktion der Mischbauweise und der mehrschichtigen Wandaufbauten sowie Förderung recyclingfähiger Bauweisen.
  • Der Einsatz von Ökologischen Baustoffen sollte mehr gefördert werden als bisher.
  • Die Entwicklung neuer ökologischer Baustoffe muss in den Fokus des Materialeinsatzes gestellt werden. Damit gibt es auch die Möglichkeit, mit entsprechendem Einsatz von Materialien, unsere eigene regionale Wertschöpfung verstärkt anzusprechen und die eigene Ökowirtschaft zu stärken – Stichwort Wärmedämmung aus naturnahen und/oder Naturbaustoffen. Mit dieser Regionalisierung kommt es auch zu einer Reduktion der Transportwege für Rohstoffe und Materialien.
  • Die gesamte Gebäudetechnik wird ausschließlich nach klimaschonenden Prozessen ausgerichtet – natürliche Be- und Entlüftungskonzepte, natürlicher Sonnenschutz, energiesparende Systeme bis hin zur effektiven Energiegewinnung vor Ort.
  • Klimatisierung: Die technischen Möglichkeiten haben viele Planer träge gemacht- Schon der Entwurf bestimmt wieviel Energie für Lüftung, Heizung und Kühlung benötigt werden wird. Eines der vielen Negativbespiele dafür sind riesige Glasfassaden mit direkter Sonneneinstrahlung, die nur mit starker Klimatisierung durchführbar sind. Der Entwurf muss als Gesamtprozess gesehen werden und je nach Region, klimatischen Voraussetzungen oder sozialen Gegebenheiten, die entsprechenden baulichen Lösungen dazu finden.

All diese Maßnahmen können gerade jetzt umgesetzt werden und würden die Bauindustrie auf einen neuen nachhaltigeren, klimaschützenden Weg lenken. Die Bauindustrie ist einer der größeren CO2-Emittenten im globalen Dorf.

Mit einem neuen klimagerechten Fokus lassen sich aber auch neue und vor allem regional beständige Arbeitsplätze schaffen.

ein neues Verständnis für klimagerechtes Planen und Bauen tun als Imagewandel auch der Branche prinzipiell gut.

Wenn es uns gelingt, von fünf Containern Waren und Material aus China nur mehr einen zu benötigen, haben wir generell etwas begriffen und gelernt. Es wird nicht alles regional erzeugbar sein, aber dann gibt es eventuell regionale Unterschiede und neue Zugänge sowie neue innovative Lösungen für die neuen Fragen einer neuen regional bestimmten Bauwirtschaft.