Baumaschinen Volvo Load Assist
Assistenzsysteme bei Baumaschinen sind im Vormarsch
© Volvo CE

Trends bei Baumaschinen

Alle drei Jahre findet Österreichs größte Leistungsschau der Baumaschinenbranche statt. Die Mawev Show fand heuer auf einem neuen Gelände in St. Pölten-Wörth statt und ist auch ein Gradmesser für die Innovationsbereitschaft der Baumaschinen-Hersteller, Händler und Vermieter.

Der europäische Bausektor setzt sein Wachstum fort. Der jährliche Bericht des europäischen Baumaschinenkomitees (CECE) weist zum ersten Mal Zuwächse in allen Ländern aus, in manchen Ländern wurden die besten Werte seit mehr als einem Jahrzehnt erreicht. Auslöser für die gute Entwicklung ist der Wohnbau. Für den Baumaschinenbereich werden ebenfalls starke Zuwächse bis zu 23 Prozent im vierten Quartal 2017 ausgewiesen. Die Absatzzahlen erreichen die guten Werte aus den Jahren 2006 und 2008, liegen jedoch noch gut 20 Prozent unter dem Spitzenwert von 2007. 

Für 2018 wird am europäischen Baumaschinenmarkt ein Wachstum von fünf bis zehn Prozent als realistisch angesehen. Das wäre das fünfte Jahr in Folge, dass die Baumaschinenindustrie zulegen kann – und vermutlich das letzte Mal, denn 2019 rechnet der europäische Verband mit einem Rückgang.

Davon ließen sich Aussteller und Besucher der Mawev Show Mitte März nicht beeindrucken und sorgten für gute Stimmung auf dem neuen Messegelände in St. Pölten-Wörth. Im Folgenden fünf wesentliche Trends, die bei Baumaschinen Einzug gehalten haben und die Entwicklung des Baggers 4.0 vorantreiben:

Trend 1
Vernetztes Arbeiten: Die abgestimmte Logistikkette

Eine schlechte Vernetzung ist oft Ursache für Verzögerungen auf Baustellen. Für ein optimales Einbauergebnis müssen etwa Transportbeton die richtige Konsistenz, Asphalt die richtige Temperatur aufweisen, die Fertiger kontinuierlich beschickt werden. All das erfordert eine abgestimmte Logistikkette, vom Mischmeister über den Lkw-Fahrer bis hin zum Bauleiter, der für den korrekten Einbau verantwortlich zeichnet. Alle relevanten Daten werden erfasst, in der Cloud gespeichert und mit externen Daten wie etwa Witterungsprognosen angereichert. Alle am Einbauprozess Beteiligten sind vernetzt, haben darauf Zugriff und werden über Kapazitätsengpässe informiert. Plastisches Beispiel: Ist auf der Lieferstrecke ein Stau gemeldet, wird die Temperatur des Asphaltmischgutes erhöht.

Die optimale Vorhaltung des benötigten Baugeräts ist für die Abwicklung einer Baustelle essenziell. Einige Unternehmen haben sich auf das Flottenmanagement im Rahmen der Baustellenlogistik spezialisiert. Über Online-Plattformen wird das passende Gerät identifiziert, Preise und Verfügbarkeit sind hinterlegt. Baulogistiker kümmern sich um die Verkehrssteuerung und damit auch um Transport, Versicherung und Abholung des Baugeräts zur, auf und von der Baustelle. Leistungsverzeichnis und Rechnung sind online abzurufen.

Aber auch unternehmensintern leistet die Vernetzung gute Dienste, um etwa die Wartungskosten für den Maschinenpark zu reduzieren. Asset Tracking nennt sich das System, das Fahrzeuge, Baumaschinen und Geräte mittels GPS und Sensorik elektronisch erfasst und die Daten per Machine-2-Machine-Kommunikation in Echtzeit überträgt. Ziel ist unter anderem eine ausgeklügelte Wartungs-Logistik. Durch eine zeitnahe Erfassung von Betriebsstunden und Kilometerstände werden die Wartungszeitpunkte der Maschinen optimiert. Im Flottenmanagement machen derartige Lösungen Freude, weil der aktuelle Standort per GPS-Signal übertragen wird und jederzeit abrufbar ist, wo sich welche Maschine befindet. Stichwort Diebstahl. 

Industrie 4.0 integriert derartige Support-Systeme in die IT-Umgebung der Bauunternehmen. Probleme bereitet derzeit, dass es keine einheitlichen Standards gibt. Alle großen Baugeräte-Hersteller verfügen über eigene Telematiksysteme, die untereinander bis auf wenige Ausnahmen nicht kompatibel sind.

Trend 2
Digitales Arbeiten: Big Data im Führerhaus

Die Effizienz steigern und die Kosten senken, sind Schlagworte, die Bauunternehmer gerne hören. Stand der Kraftstoffverbrauch, respektive die Verringerung, vor wenigen Jahren noch im Fokus der Entwicklungen, werden nun Telematiklösungen in ihrer Bedeutung zu. Sie bieten die Möglichkeit, den Maschineneinsatz auf den Baustellen zu optimieren. Der Einbau der Systeme erfolgt beim Hersteller ab Werk, der Besteller wählt die Ausstattungsvariante. 

Gefragt sind etwa motorbezogene Parameter. Die Maschinendaten werden via Telematrie an ein Web-Portal übertragen, ausgewertet und stehen dem Maschinennutzer in Echtzeit zur Verfügung, abrufbar am PC, Tablet oder Smartphone. Der Maschinenzustand ist jederzeit transparent. Kombiniert mit einer automatischen Service-Erinnerung soll so die Lebensdauer der Geräte verlängert werden. 

Intelligente Maschinensteuerung geht einen Schritt weiter. Industrie 4.0 und Big Data beschreiben den Ansatz, Informationen in Prozesse mit einzubeziehen. Dem Maschinenführer werden jene Daten zur Verfügung gestellt, die er braucht, um sein Gerät optimal einzusetzen. Assistenz-Systeme bewahren den Baggerfahrer etwa davor, mit dem Löffel zu tief ins Gelände einzudringen und zu viel Material abzutragen. Eingesetzt auf einer Planierraupe erfolgt eine automatische Schildsteuerung, die eine Schädigung des Untergrunds minimiert. Der komplette Planiervorgang vom Grob- bis zum Feinplanum wird mit höchster Präzision automatisch gesteuert.

Eine optimale Verdichtung ist auch beim Einsatz von Straßenfertigern und Walzen gefragt. Durch Kartierung der Überfahrten, der Dichte und bei Asphaltwalzen der Temperatur sollen Unregelmäßigkeit beim Walzschema, Unter- oder Überverdichtung vermieden werden. Über Farbanzeigen am Display weiß der Fahrer, welche Flächen mit wie vielen Überfahrten bearbeitet wurden. Ziel ist eine gleichmäßige Verdichtung der gesamten Fläche in möglichst kurzer Zeit. Apropos Einbauqualität: Mittels Infrarot-Kameras erfolgt ein Temperatur-Monitoring, um bei zu geringen Temperaturen des angelieferten Asphaltguts entsprechende Rückmeldung geben zu können. In einigen Ländern wird eine entsprechende Dokumentation bereits in der Ausschreibung gefordert oder ein so genanntes „Reporting“ finanziell honoriert.

Trend 3:
Elektro-Antrieb: Emissionsfrei bei voller Leistung

Die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs war viele Jahre im wahrsten Sinne des Wortes Innovations-Motor der Branche. Auch wenn Dieselmotoren mittlereile durch strenge Abgasvorschriften weniger Emissionen ausstoßen, so ist die Feinstaubbelastung durch Baumaschinen nach wie vor ein heikles Thema. Emissionsfreies Arbeiten gewinnt daher weiter an Bedeutung.

Einige Hersteller bieten heute bereits Baugerät mit elektrischem Antrieb an. Wichtig ist dabei, dass die Leistungsparameter der meist mit Akku angetriebenen Maschinen denen der dieselbetriebenen Modelle entsprechen, um auch in Sachen Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu punkten. Die Maschinen werden vor allem in Innenräumen, Parkgaragen oder bei Gebäudesanierungen eingesetzt. Hinzu kommt der Vorteil der geringen Lärmemission und nahezu Wartungsfreiheit. Der Einsatz von Kompressoren mit Elektroantrieb ist an sensiblen Plätzen, beispielweise in der Nähe von Krankenhäusern, zu empfehlen.

Sofern die Maschinen nicht pausenlos im Einsatz sind, sollte ein durchschnittlicher Arbeitstag ohne Aufladen des Akkus bewältigbar sein. Der Fokus der Entwicklung liegt derzeit in der Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Akkus. In der Zwischenzeit können für den Dauereinsatz Ersatz-Akkus verwendet werden. Hersteller bieten Baugeräte im Kombipaket mit zwei Akkus und einem Ladegerät an. Rund 15 bis 20 Prozent kosten batteriebetriebene Maschinen mehr. Die Amortisation erfolgt über die Kosteneinsparung bei Kraftstoff, Wartung und Service im Betrieb.

Bei aller Euphorie für die E-Mobilität sind die Entwicklungen in der Hybrid-Technologie nicht zu vergessen. Vor rund zehn Jahren kamen die ersten Baumaschinen mit hybrider Antriebstechnik auf den Markt. Es sind Maschinen, die mehr als eine Energiequelle nutzen und Energie beispielsweise beim Abbremsen von Bewegungen zurückgewinnen, speichern und von einem Elektromotor wiedernutzen. 

Trend 4
Multifunktionalität: Vielseitigkeit ist Trumpf

Neben der Leistung zählt vor allem im kommunalen Bereich die Vielseitigkeit beim Einsatz der Geräte, meist Kompaktlader. Bei den Leitern der österreichischen Bauhöfe punkten daher Geräte, die für den Sommer- wie auch den Wintereinsatz geeignet sind. Der Kraftstoffverbrauch, zuverlässiger Service und ein angemessenes Preis-/Leistungsverhältnis sind wichtig, aber angesichts der Multifunktionalität der Geräte nachrangig (siehe Umfrage auf Seite ??).

Voraussetzung um etwa aus einem Hydraulikbagger einen vielseitigen Geräteträger zu machen, sind Schnellwechselsysteme, die Umrüstaufwand und damit die Stehzeit massiv verringern. Dazu ist der Einsatz des jeweils optimalen Werkzeugs gewährleistet. Eng mit Schnellwechslern verbunden ist der Trend zur Fertigung von Einzelkomponenten für individuelle Einsätze. Individuelle Anforderungen sind vor allem eine Chance für kleinere Unternehmen, die im Vergleich zu Konzernen bei Einzelkomponenten flexibler fertigen können.

Trend 5
Komfort & Sicherheit: Der Mensch im Fokus

Sicherheit auf der Baustelle hat für die Baumaschinen-Hersteller höchste Priorität. Die bereits erwähnten Assistenz-Systeme leisten ihren Beitrag für ein stressfreies und damit sicheres Arbeiten auf der Baustelle. Eine Reihe weiterer Innovationen tragen ebenfalls dazu bei, das Unfall- und Verletzungsrisiko, weit über die von der AUVA festgeschriebenen Allgemeinen Sicherheitsanforderungen hinaus, zu minimieren. Dazu zählen Features wie ausgezeichnete Rundumsicht aus der Kabine, die durch den Einsatz von Kameras ergänzt wird.

Kräne verfügen über Systeme, bei denen jede einzelne Kranabstützung beliebig weit ausgefahren werden kann, wenn der Arbeitsbereich der Baustelle beengt ist. In Richtung Fehlervermeidung zielt auch eine intelligente Steuerung, die dem Bediener das Auseinander- und Zusammenlegen des Kranes erleichtert, womit Beschädigungen am Lkw oder Kran vermieden werden können. Ein System zur Standsicherheitsüberwachung bei Ladekränen ermöglicht mehr Reichweite durch Beladungserkennung. Es reagiert auf den Beladungszustand des Lkw und errechnet anhand der Neigung die maximale Lastgrenze.

In dieselbe Richtung gehen auch Systeme zur Arbeitsraumbegrenzung, die ihren Ursprung im „Geofencing“ haben. Der Fahrer legt dabei Sollwerte für den Arbeits- und Schwenkbereich der Maschine fest, sodass der Fahrer nicht irrtümlich beispielsweise bei Straßenbaustellen in den Fließverkehr ragt oder in einen Gefahrenbereich schwenkt. 

Schutzbelüftungen sorgen nicht nur für Schutz vor Schadstoffen, sondern verbessern die Atemluft etwa bei Abrissarbeiten. Abhilfe bei der Staubentwicklung schaffen auch Staubbindesysteme, die direkt an der Quelle, also direkt auf den Schneidkopf  oder im Fräsbereich angebracht sind. Der Fahrer kann im Bedarfsfall einen Wasserneben auslösen. Ein verstärktes Fahrerhaus, das auch im Fall eines Überschlags den Fahrer optimal schützt.

Neben der Sicherheit ist der Fahrerkomfort ein wesentliches Element zur Erhöhung der Arbeitseffizienz. Kontinuierlich wird daher an der Verbesserung der Fahrerkabine hinsichtlich Vibrationen und Schallisolierung gearbeitet. Letztere erreicht mittlerweile Werte auf Niveau eines Pkw-Geräuschpegels. Klimaautomatik, integrierter Bluetooth-Radio und Freisprecheinrichtung gehören ebenfalls dazu. Speziell gefederte, beheizte Sitze mit großzügiger Beinfreiheit und individuell einstellbare Bedienelemente, die nach ergonomischen Aspekten angeordnet sind, verbessern den Arbeitsplatz „Baumaschine“.