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Zinsentwicklung: Wende bei Kreditzinsen in Sicht

Mit dem von der Regierung beschlossenen Wohnbaupaket sollte der Konjunkturmotor Bau wieder anspringen, aber es ist Sand im Getriebe. Wie so oft gibt es zwischen Bund und Ländern Auffassungsunterschiede über die Umsetzung. Einig hingegen sind sich die Finanzmarktexperten und das sind endlich mal gute Nachrichten für die Zinsentwicklung: Die Zinsen für Kredite werden in Kürze schrittweise und nachhaltig gesenkt. Mit heutigem Tag senkt die EZB erstmals seit 2019 den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent.

Die Konjunktur leidet unter den ungewohnt hohen Zinsen. Die anhaltend hohe Inflation bremst das Konsumverhalten, der erschwerte Zugang zu Hypothekarkrediten führte zu einem starken Rückgang bei der Kreditnachfrage. Die im 1. Quartal immer wieder nach unten revidierten Konjunkturprognosen bereiteten schließlich jenen Boden auf, auf dem vor allem Unsicherheit gedeiht. Alles in allem ungünstige Rahmenbedingungen für die Bau- und Immobilienwirtschaft: Nur mehr wenige Österreicher können oder wollen sich ein Eigenheim leisten oder Geld in die Sanierung stecken.

Mit heutigem Tag senkt die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen um 0,25 Prozent . In der zweiten Jahreshälfte 2024 sollen laut Analysten weitere Zinssenkungen erfolgen. Aber in der heutigen Rede von Präsidentin Christine Lagarde wollte sich die EZB noch nicht festlegen, was die weitere Vorgehensweise in der Zinspolitik betrifft. Auch wenn man von den heftigen Teuerungsraten von mehr als zehn Prozent mittlerweile weit entfernt ist, liegt die Inflation dennoch weit über den angestrebten 2,0 Prozent. 

Das Wohnbaupaket und seine Folgen

„Die österreichische Industrie setzt ihre Schrumpfung nach einem Minus von drei Prozent im letzten Jahr heuer um weitere 1,5 Prozent fort und dürfte sich erst 2025 erholen. Auch der Bau steckt weiter in der Rezession: Heuer steht ein Rückgang von 3,6 Prozent in unserer Prognose“, so Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). Seiner Einschätzung nach entfaltet das Baupaket der Bundesregierung erst ab 2025 seine positive Wirkung und schiebt die reale Wertschöpfung im Bausektor um knapp ein Prozent an.

Mit dem im April von der Regierung beschlossenen Wohnbaupaket sollte der Konjunkturmotor Bau eigentlich wieder anspringen. Die Freude darüber ist mittlerweile der Ernüchterung gewichen, denn wie so oft steckt der Teufel im Kleingedruckten. Der Bund hat zwar großzügig Geld für den Wohnbau in den Jahren 2024-2026 angekündigt, aber an Bedingungen geknüpft, die den Ländern gar nicht gefallen bzw. von ihnen nur schwer zu erfüllen sein werden. 

Um beispielsweise zu verhindern, dass die Länder ihre eigenen Wohnbauförderungen zurückfahren, also Länderbudgets durch Mittel vom Bund ersetzt werden, wird die Wohnbaumilliarde nur dann verteilt, wenn es sich um frisches Kapital, also um zusätzliche Mittel handelt. Die Länder müssen daher mehr Wohneinheiten fördern als im Durchschnitt der Jahre 2022 und 2023. Jene Bundesländer, die in den vorangegangenen Perioden also viel Wohnbauförderung zugesichert haben – wie etwa Oberösterreich – werden sich schwertun, die Quoten zu übertreffen.

Kritisch ist auch der Zeitfaktor. 25 Prozent der Mittel für den Neubau müssen noch heuer abgerufen werden. Wer die Vorlaufzeiten im Wohnbau kennt, kann sich vorstellen, unter welchem Druck Projektwerber und Länder jetzt stehen. Und die Milliarde steht auch nur bis 2026 zur Verfügung – das ist für das eine oder andere Projekt zeitlich schwer zu schaffen. Ein weiterer Punkt betrifft die Zinszuschüsse des Bundes für Darlehen mit dem Ziel, den Zinssatz für Konsumenten bei maximal 1,5 Prozent zu halten. Den Ländern wäre allerdings eine Finanzzuweisung, also „cash“ lieber. 

Die Länder – allen voran Wien – stoßen sich auch daran, dass die Sanierungsförderung für Mietwohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen vorgesehen ist und nicht generell für den kommunalen Wohnbau. 

Gespräche über diese aus Sicht der Länder ungünstigen Bedingungen zwischen den Wohnbaulandesräten und dem Finanz- bzw. Wirtschaftsministern hat es zwar gegeben, derzeit sieht es aber nicht so aus, als würde der Bund das Paket aufschnüren wollen.

Die Zinspolitik der EZB

Besser sieht es hingegen an der Zinsfront aus. Glaubt man den Analysten der großen Kreditinstitute scheint die Zinswende in greifbarer Nähe und der aktuell 4,5 Prozent hohe Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte in Kürze der Zenit in der jüngeren Finanzgeschichte gewesen sein. Wir erinnern uns: Seit dem Sommer 2022 hat die EZB im Kampf gegen die hohe Inflation in Europa nach einer mehrjährigen Nullzinsphase den Leitzins zehnmal in Serie angehoben. Diese rasante Bergfahrt der Zinsen hat die Immobilienwirtschaft und in der Folge die Bauwirtschaft nach der langen Nullzinsphase eiskalt erwischt.

In seiner geldpolitischen Sitzung am 11. April hat der Rat der EZB beschlossen, die Leitzinssätze vorerst unverändert zu lassen, aber es gab Andeutungen für eine Zinssenkung in der nächsten Sitzung im Juni 2024. Die Bedingungen für eine Lockerung der Geldpolitik sind an die Entwicklung der Inflationsrate und des Lohnwachstums geknüpft. EZB-Präsidentin Christine Lagarde nannte zwar keine konkreten Zahlen, sprach aber von „datenabhängigen Entscheidungen“. Soll heißen: Wenn der Inflationsausblick der EZB-Volkswirte im Juni weiter in Richtung Rückgang zeigt und sich das Lohnwachstum abschwächt, steht eine Senkung der Leitzinse in Aussicht. 

Zitat aus der EZB-Rat-Sitzung: „Sollte seine aktualisierte Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission die Zuversicht des EZB-Rats weiter stärken, dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert annähert, wäre eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung angemessen.“

a3BAU befragte bereits im Mai die Analyse-Experten Matthias Reith (Senior Ökonom bei RBI/Raiffeisen Research), Rainer Singer (Senior Analyst bei Erste Group Bank AG) und Stefan Bruckbauer (Chief Economist UniCredit Austria) nach Ihrer Einschätzung für die Zinsentwicklung in diesem Jahr:

Tabelle mit Zinsentwicklungs-prognosen von Analysten

Die hohe Inflationsrate hat ihren Ursprung im Ukraine-Krieg. Im Oktober 2022 wurde mit 10,6 Prozent die höchste Teuerungsrate seit Bestehen der Eurozone gemessen. Seither verringert sich der Wert – im März/April lag » die Inflationsrate stabil bei 2.4 Prozent – und nähert sich dem EU-Ziel von zwei Prozent. 

Hohe Inflation in Österreich

Der Preisauftrieb in Österreich schwächte sich zuletzt weiter ab, blieb jedoch im Vergleich zu vielen anderen Euro-Ländern hoch. Der seit längerem beobachtete Rückgang der Produzentenpreise, der seinerseits aus der Verbilligung von Energie folgt, dämpft mittlerweile deutlich die Verbraucherpreisinflation. Im März lag er bei 4,1 Prozent (und damit gleich hoch wie im Februar 2024), die Schnellschätzung für April lautet 3,5 Prozent (Quelle: VPI der Statistik Austria).

„Die Inflationsrate ist in Österreich immer noch etwa doppelt so hoch wie der Zielwert, wird aber weiter zurückgehen: bis Dezember 2024 auf etwa 3 Prozent. Im Jahresdurchschnitt dürfte sie 2024 3,8% betragen, 2025 dann 2,7%. In der Eurozone sinkt die Inflation, und zwar rascher als bisher prognostiziert. Wir erwarten im Laufe des Jahres die Zinswende, und zwar zuerst in der Eurozone, wo die Inflation stärker fällt und das Wachstum schwächer ist als in den USA. Wenngleich die Realzinsen nur langsam sinken werden, sollte sich das globale Investitionsklima wieder verbessern und die Nachfrage nach österreichischen Investitionsgütern steigen“, so Felbermayr (WIFO).

Der Abstieg vom Inflationsgipfel erfolgt in Österreich langsamer und steiniger als in der Eurozone, aber wir bewegen uns auch hierzulande talwärts, so Matthias Reith, Senior Ökonom bei RBI/Raiffeisen Research, verantwortlich für die Analyse der österreichischen Volkswirtschaft und des österreichischen Wohnimmobilienmarktes: „Aufgrund der vielen Indexierungen – in Österreich sind besonders viele Güter und Dienstleistungspreise an die Inflation gekoppelt – wird der Energiepreisschock viel öfter weitergegeben als in den meisten anderen Euroländern.“

Das bestätigt auch Stefan Bruckbauer, Chief Economist UniCredit Austria: „Die höhere Inflation in Österreich kommt vom starken Anstieg der Energiepreise und den darauf folgenden Zweitrundeneffekten über Löhne, Mieten und andere Kosten. Sinkende Zinsen bilden hier kaum ein Risiko, da die Inflation in Österreich nicht durch zu starke Kreditvergabe angetrieben wird, im Gegenteil, sinkende Finanzierungskosten könnten sogar die Kosten senken und damit den Inflationsdruck. Dies gilt jedoch nur solange die Konjunktur so schwach bleibt, wie wir es erwarten.“

Reith (RZB) relativiert: „Rein aus österreichischer Perspektive wäre nach ein längeres Verweilen auf dem Zinsgipfel durchaus angebracht, um die Inflationsrate in Österreich zu drücken. Die für den Juni erwarteten Zinssenkungen kommen aus österreichischer Sicht wohl etwas zu früh. Dass Österreich eine höhere Inflation hat als im Euro-Durchschnitt, ist ja keine neue Erfahrung. In den Jahren seit der Finanzkrise bis Corona war die Teuerung hierzulande immer etwas höher, im Durchschnitt waren es 0,5 Prozentpunkte. Dadurch sind auch die Löhne hierzulande etwas stärker gestiegen. Für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Exportindustrie war das aber kein Problem, da nicht nur die Löhne stärker gestiegen sind, sondern auch die Produktivität. Die Kostennachteile aufgrund stärkerer Lohnanstiege konnten dadurch ausgeglichen werden. Das ist seit 2023 natürlich ganz anders. Der „Österreich-Aufschlag“ bei der Inflation war im Vorjahr so hoch wie noch nie seit Euro-Einführung. Die Folge: Auch die Löhne sind so weit vorausgeeilt, wie noch nie in Euro-Zeiten. Und das hat bereits handfeste Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen, die im Vorjahr bereits deutlich gelitten hat. Ein Trend, der sich zumindest heuer, wohl aber auch 2025 fortsetzen wird. Das gilt umso mehr, da den dynamischen Lohnanstiegen – die Tariflöhne steigen hierzulande derzeit doppelt so stark wie in der Eurozone – eine nur äußerst schwache Produktivitätsentwicklung als zusätzlicher Belastungsfaktor gegenübersteht.“

Auf den ersten Blick paradox: Trotz gesunkener Wettbewerbsfähigkeit war Österreich 2023 fast „Export-Europameister“. „Nur in Griechenland und in Frankreich legten die realen Güterexporte im Vorjahr noch stärker zu. Dieser „Exporterfolg“ wurde aber auf Kosten der Profitabilität erkauft. Denn die gestiegenen (Lohn-)Kosten wurden von den Exporteuren nicht an die Abnehmer im Ausland weitergegeben, sondern auf die „eigene Rechnung“ genommen. Die Folge: Die Profitabilität österr. Unternehmen ist im Vorjahr deutlich gesunken. Lange Jahre lang waren österr. Unternehmen profitabler als die Konkurrenz im europäischen Ausland – das ist nun vorbei. Über kurz oder lang dürften sich die (Lohn-)Kostenanstiege jedoch in der Exportstatistik bemerkbar machen. Der Spielraum, Kostenanstiege selbst zu schulten ist nun kaum noch vorhanden. Zudem schränkt die gesunkene Profitabilität den Investitionsspielraum ein, was die langfristigen Wachstumsaussichten schmälert“, so Reith.

Wettbewerbsfähigkeit leidet

Die allgemeine Erwartung ist zwar, dass sich der Inflationsabstand zur Eurozone spätestens 2026 wieder auf jenem Niveau einpendelt, das wir vor dem Energiepreisschock gesehen haben, also den besagten 0,5 Prozentpunkten. Die dauerhaft hohe Inflation hat aber zusammen mit den Lohnanstiegen und fehlenden Arbeitskräften erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen.  Reith erklärt: „Hier gibt es aber ein zentrales Risiko, das einen dauerhaft höheren „Österreich-Aufschlag“ zur Folge haben könnte – mit entsprechenden Implikationen für die Wettbewerbsfähigkeit österreichsicher Unternehmen. Und das ist sind die seit, oder besser gesagt durch Corona geänderten Arbeitsgewohnheiten, Stichwort Work Life Balance.

Seit der Pandemie sprechen wir nicht mehr von einem reinen Fachkräftemangel – sondern von einem Arbeitskräftemangel. Daran hat auch die Rezession grundsätzlich nichts geändert. Das hat sicherlich auch mit dem allgemeinen Rückgang der Wochenarbeitszeit zu tun, der seit Corona stattgefunden hat. Im Durchschnitt ist die Wochenarbeitszeit der österr. Arbeitnehmer seit 2019 um vier Prozent gesunken – insbesondere aufgrund des Anstiegs der Teilzeitarbeit, aber auch wegen weniger Überstunden. Ein Wert, der Europaweit fast seinesgleichen sucht. Würden alle Arbeitnehmer in Österreich im selben Ausmaß arbeiten wie vor der Pandemie, hätten wir auf einen Schlag 140 Tausend zusätzliche Vollzeitstellen. Die fehlen vielleicht nicht jetzt, spätestens aber im nächsten Aufschwung. Diese „hausgemachte Angebotsverknappung“ kann dann den „Österreich-Aufschlag“ bei den Lohnanstiegen dauerhaft höher ausfallen lassen als in frühen Jahren – mit entsprechenden Implikationen für die Wettbewerbsfähigkeit.“ Sein Ausblick: Wir müssen das einfach durchtauchen und warten, bis sich der Energiepreisschock über die Indexierungen über mehrere Runden einmal „durchgefressen“ hat.

Hilfspakete schuld?

Die deutlich höhere Inflationsrate in Österreich im Vergleich zum EU-Durchschnitt ist zum Teil aufgrund der vielen Indexierungen und dem Anstieg der Energiepreise, der hierzulande viel öfter weitergegeben wurde, erklärbar. Sie ist zum Teil aber vielleicht auch hausgemacht, durch die beinahe monatlich beschlossenen Hilfspakete und Zuschüsse der Bundesregierung. 

Für einen Teil sind sicherlich die diversen Regierungsmaßnahmen verantwortlich, mit denen die Haushalte in Zeiten
der Gesundheits- und Energiekrise unterstützt worden sind. Im europäischen Vergleich waren wir hier großzügig, aber nicht sonderlich zielgenau, Stichwort Gießkanne“, so Reith.

Rainer Singer, Senior Analyst bei Erste Group Bank AG glaubt das nicht: „Die Inflationsdynamik ist bereits deutlich abgeklungen. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Prozess fortsetzt, vor allem aufgrund der schwachen Konjunktur. Ob und in welchem Ausmaß die Maßnahmen der Regierung zur Inflation beigetragen haben, können wir nicht feststellen. Fest steht, dass es während der letzten Jahre in ganz Europa und vielen anderen Ländern weltweit zu einem Anstieg der Inflation gekommen ist. In Österreich sind die Preise im Tourismus besonders stark gestiegen, was wohl auch auf die starke Nachfrage ausländischer Gäste zurückzuführen war. Weiters sind Ausgaben im Tourismus (Beherbergung, Gastronomie) im österreichischen Warenkorb besonders hoch gewichtet, was zusätzlich zur höheren Inflation beiträgt.“ Bruckbauer (UniCredit) meint dazu: „Die Hilfspakete haben natürlich einen Anteil, da sie erst ermöglichten, dass die Wirtschaft ihre Kosten weitergeben konnte und auch die Nachfrage da war. Allerdings wäre die Alternative eine schwere Rezession gewesen. Im Wesentlichen ist die höhere Inflation in Österreich die Folge eines unglücklichen Umgangs mit der Haushaltsenergiepreisexplosion die dann im österreichischen Kontext – Löhne stark an VPI gebunden, viele Kosten wie etwa Mieten an VPI gebunden – und der Tatsache eines hohen Anteils der Freizeitwirtschaft im Warenkorb zu starken Zweitrundeneffekten geführt hat.“

Zinsausblick der Analysten

„Wichtig ist zunächst einmal, dass die Unsicherheit über den Zinsgipfel – das große Thema des Jahres 2023 – der berechtigten Hoffnung auf Zinssenkungen im Verlauf des Jahres 2024 gewichen ist. Abgesehen von den hohen Zinsen war ja die Unsicherheit, wo das Zinsniveau am Ende des Tages zum Liegen kommen wird, ein großer Belastungsfaktor. Diese Unsicherheit ist nun draußen, Planbarkeit wieder gegeben“, erklärt Reith (RZB). Gleichzeitig muss man aber auch sagen: Auf die schnellen und kraftvollen Zinserhöhungen werden keine ebenso schnellen und kraftvollen Zinssenkungen folgen..Alle Analysten sind sich bei Ihrer Einschätzung aber einig: Ab Juni wird die EZB den Leitzins von derzeit 4,5 auf 4,25 Prozent senken, weitere Zinssenkungen in kleinen Schritten sind bis Jahresende erwartbar.

Fix oder variabel verzinst?

Die Senkung der EZB-Leitzinsen werden zu einem Sinken der Zinsen für Hypothekarkredite führen. „Für variabel verzinste Hypothekarkredite bedeutet dies ein Rückgang von derzeit 4,5 Prozent auf etwa 3,75 Prozent. Für Kreditnehmer mit langfristiger Zinsfixierung, die bei Neukrediten derzeit ca 3,5 Prozent zahlen dürfte der Rückgang gering ausfallen da die langfristigen Zinsen bereits viele Zinssenkungen vorweggenommen haben“, so die Einschätzung von UniCredit-Chefökonom Bruckbauer. Die Frage, ob man als Häuslbauer in eine fixe oder variable Verzinsung gehen sollte, kann man laut Bruckbauer nicht seriös beantworten. 

Beide Möglichkeiten sind von den Erwartungen praktisch ident, denn die langfristigen Zinsen entsprechen den erwarteten kurzfristigen Zinsen. Relevanter sollte die Risikotragfähigkeit sein, also wieviel Zinsen kann ich mir leisten und da ist „fix“ zu präferieren wahrscheinlich für viele. Auch wenn vielleicht die fixen Zinsen in den nächsten beiden Jahren noch etwas fallen könnten, sie sind derzeit günstiger als die variablen Zinsen und dies ist gerade zu Beginn bei noch hohem Kapital ein Vorteil.

Reith bestätigt: „Ob fix oder variabel besser ist, hängt von den eigenen Präferenzen ab und ist letztendlich eine individuelle Entscheidung. Das gilt umso mehr für die Frage, wie lange eine etwaige Zinsbindung ausfallen soll. Was man aber schon sagen kann: Am Umstand, dass variable Immobilienkreditzinsen über den fixen liegen, dürfte sich zumindest kurzfristig kaum etwas ändern. Heißt: Die Zinskurve bleibt zunächst invers, auch nach Beginn des Zinssenkungszyklus der EZB.“ Laut Einschätzung Singers (Erste Group) sollten die Zinssenkungen der EZB zu einem Rückgang der kurzfristigen (variablen) Zinsen führen, wobei aber das Tempo ungewiss ist, was aber schlussendlich über die Attraktivität entscheiden wird:  „Auch aus Sicht der Risikoabwägung sehen wir die langfristigen (fixen) Zinsen derzeit als die attraktivere Finanzierungsvariante.“

Zuletzt noch eine Einschätzung Bruckbauers für Unternehmenskredite: Die Zinsen für Unternehmenskredite sind sehr stark von Laufzeit und Bonität, aber auch von der Höhe des Kredits abhängig, natürlich auch von der Zinsfixierung. Bei variablen Unternehmenskrediten bis eine Million Euro liegt der Zinssatz derzeit bei 5,5 Prozent, könnte also auf 4,75 Prozent sinken, bei Krediten über eine Million Euro von 5,2 Prozent auf 4.5 Prozent. 

Auch hier gilt: Bei länger fixierten Krediten, etwa über fünf Jahren dürfte der Zins von derzeit 3,8 Prozent (bis 1 Mio.) bzw. 3,5 Prozent (über 1 Mio.) bis Jahresende nur wenig sinken.“