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Blackout: Was tun, damit es nicht dunkel wird?

Vor einem Jahr kam es in Kroatien aufgrund einer überlasteten Kupplung zu einem Frequenzabfall, der das europäische Stromnetz an seine Grenzen gebracht hat. Seither geistert das Schreckgespenst Blackout durch Europa. Durch den steigenden Stromverbrauch und den Klimaschutz-bedingten Wandel in der Energieversorgung steigt die Gefahr derartiger Ereignisse tatsächlich. Mit Unterbrechungsfreier Stromversorgung (USV) und Notstrom-Anlagen lässt sich aber Vorsorge treffen.

Eine überlastete Kupplung im Umspannwerk Ernestinovo (Kroatien) stürzte ganz Europa im Jänner dieses Jahres fast in einen Blackout. Das technische Gebrechen im Südosten Europas sorgte für einen Frequenzabfall im europäischen Höchstspannungsnetz. Innerhalb weniger Sekunden sank die Frequenz von 50,027 auf 49,743 Hertz ab. Klingt nicht nach viel und zeigt, wie zum Zerreißen gespannt eben dieses Netz ist. Bei einem Frequenzabfall auf unter 48 Hertz wäre die Stromversorgung in bestimmten Bereichen automatisch abgeschaltet worden.

Das Schreckgespenst eines Blackouts geistert seit diesem Vorfall regelmäßig durch die Medien. Von einem solchen spricht man, wenn die Stromversorgung unerwartet, großflächig und überregional zusammenbricht.

 „Das Chaos kommt schneller, als die meisten befürchten“, schreibt das Büro für Technikfolgenabschätzung in einem vielzitierten Bericht für den Deutschen Bundestag. Verkehr und Internet etwa würden sofort zusammenbrechen. Schon in den ersten Stunden käme es zu großen Sachschäden. „Spätestens am Ende der ersten Woche wäre eine Katastrophe zu erwarten, das heißt, die gesundheitliche Schädigung bzw. der Tod sehr vieler Menschen.“ Ein Blick in die USA zeigt, wie real die Gefahr ist: Mitte Februar führte ein Blackout im Süden des Landes zu einem Zusammenbruch der Stromnetze. Menschen starben, Millionen waren zum Teil tagelang ohne Strom.

Mittlerweile weiß man: Hätten die Netzregulierer nicht so rasch reagiert, hätte es sogar zu einem völligen Systemausfall und damit zu einer mehrwöchigen Krise in großen Bundesstaaten wie Texas kommen können. Auch so traf es die Bewohner des US-amerikanischen Südens hart genug. In sozialen Medien kursierten Fotos von vereisten Toiletten oder von Eiszapfen, die an Deckenventilatoren hingen.

Die Wahrscheinlichkeit steigt

Die Wahrscheinlichkeit eines Blackout-Ereignisses hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen: Das liegt zum einen am gestiegenen Energieverbrauch, zum anderen am Wandel des Energiesystems. Kohlekraftwerke werden abgeschaltet, die Ökostrom-Produktion nimmt zu.

Saisonal bedingt erzeugen Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen jedoch einmal zu viel Strom und dann wieder zu wenig – man spricht von „volatiler Produktion“. Dadurch steigen die Anforderungen an die Netze.

Schon jetzt muss die österreichische Netzgesellschaft Austrian Power Grid (APG) an 300 Tagen im Jahr ins Netz eingreifen, um die Stabilität der Stromversorgung zu gewährleisten. Früher erfolgten derartige Eingriffe zwei- bis dreimal im Monat. Das beweist, wie sensibel die Netze geworden sind. Diese müssen sich in einem äußerst engen Frequenzband rund um 50 Hertz bewegen.

Bei Überschreiten gewisser Grenzen muss gegengesteuert werden. Dabei können durch Lastwechselreaktionen einzelne Netzteile abgeschaltet werden, was wiederum einen Dominoeffekt auslösen kann.

Auf österreichischer Netzebene ist es Aufgabe der APG zu verhindern, dass es zu einem Blackout kommt. Basis der sicheren Versorgung ist dabei ein robustes Stromnetz und ein Kraftswerksmix aus vielen Wind-, Wasser- und Pumpspeicher-Kraftwerken, ergänzt von Reservekraftwerken, sowie die laufende Abstimmung mit nationalen und internationalen Netzbetreibern.

Erschwert wird die Umsetzung dieser Aufgabe durch lange Genehmigungsverfahren bei Strominfrastrukturprojekten. Die Schließung des 380-kV-Rings etwa würde die Ausfallssicherheit deutlich erhöhen. Das 890-Millionen-Euro-Projekt im Bundesland Salzburg konnte jedoch erst im Herbst 2019 – nach dreieinhalbjähriger Verzögerung durch die Verfahrensabläufe – begonnen werden und wird voraussichtlich im Jahr 2025 abgeschlossen.

Die Lager sind leer

Private, Gewerbetreibende und Industrie können auch selbst Vorsorge treffen, um negative Auswirkungen eines Blackouts zu minimieren. Mit USV-Anlagen (USV = Unterbrechungsfreie Stromversorgung) lassen sich kurzfristige Stromausfälle überbrücken. Das ermöglicht ein sicheres Herunterfahren sensibler Geräte, Maschinen oder Anlagen und schafft einen Zeitgewinn, bis Netzersatzanlagen oder Notstromaggregate anspringen.

Die Nachfrage nach USV-Anlagen und Notstromaggregaten ist groß, schildert Sapotec-Geschäftsführer Alexander Sautner: „Bei uns sind die Aufträge in diesem Bereich um knapp 30 Prozent gestiegen.“ Probleme machen jedoch Lieferengpässe – vom Motorenwerk bis zum Chip-Hersteller. „Wir sind gut ausgelastet mit Projekten, aber die Lager sind leer. Das betrifft momentan alle Anbieter in diesem Segment.“ Sautner rechnet damit, dass die Engpässe bis Mitte nächsten Jahres anhalten werden, „vor Ende März können wir neu hinzukommende Projekte auf keinen Fall umsetzen.“

Die Sapotec GmbH mit Sitz in Salzburg und einem Standort in Wien hat sich intelligenten Lösungen für unterbrechungsfreie und industrielle Stromversorgung verschrieben. Insbesondere die Nachfrage seitens privater Haushalte sei zuletzt sprunghaft angestiegen, beobachtet Sautner.

In der Corona-Krise wächst offenbar auch das Bewusstsein für andere Krisenszenarien. Auf die eigenen vier Wände beschränkt, investiert die Lockdown-geplagte Bevölkerung zudem mit Vorliebe ins Eigenheim. Bei einer marketagent-Studie vom Februar hatten 17 Prozent angegeben, über ein Notstromaggregat oder eine andere Form der Notstromversorgung zu verfügen. Jeder Zweite gab damals an, ohne Strom kochen zu können. Nur 46 Prozent hatten eine Möglichkeit, auch ohne Stromversorgung zu heizen. Hier ist also noch viel Luft nach oben.

Von Privatheim bis Industriebetrieb

Sapotec offeriert ein Rundum-Paket von der Erstberatung bis zu den Produkten und zur Umsetzung. USV-Anlagen und Notstromaggregate werden dabei in Kombination oder auch alleine angeboten. Für Private führt das Unternehmen eine eigene Notstromaggregat-Serie, die Produkte für den Industriebedarf reichen von 20 bis 3.200 kVA.

Bekannt ist eine Prognose des Österreichischen Bundesheeres von 2020, demnach innerhalb von fünf Jahren mit 100-prozentiger Sicherheit (!) mit einem Blackout zu rechnen sei. Der Sapotec-Chef teilt diese Einschätzung, er sieht den Zeitrahmen eher sogar noch kürzer. „Ich will nicht Panikmache betreiben, aber in Europa gab es nach dem Jänner noch zwei ähnliche Vorfälle, nur wurden diese medial nicht ausgeschlachtet.“ Wenig bekannt sei auch, wie gravierend der Beinahe-Blackout vom 8. Jänner tatsächlich gewesen sei: In ganz Österreich gingen an diesem Tag 22 Kraftwerke vom Netz.

„Keep it simple“, lautet das Motto bei vielen Projekten. Sautner rät zu strukturierten Anlagen statt großangelegter und entsprechend kostspieliger Projekte. Eine Tankstelle etwa ließe sich mit einem Aggregat um 10.000 Euro netto Blackout-tauglich machen. Häufig würden allerdings Umbau und PV-Installationen mitgeplant – mit der Folge, dass zurzeit erst fünf Tankstellen in Salzburg für einen Blackout gerüstet sind. Dabei zählen diese zur kritischen Infrastruktur im Falle eines Blackouts. Woher sonst sollte der Treibstoff für die Notstromaggregate im Land bezogen werden?

Ein Privathaushalt ließe sich bereits um 6.000 Euro brutto mit einem 7-kVA-Dieselaggregat Blackout-sicher machen, rechnet der Sapotec-Geschäftsführer vor. Ein Benzinaggregat käme zwar noch günstiger, „aber bei diesen Geräten läuft der Motor nicht so stabil, auch ist der Treibstoff schwieriger zu lagern“. Wichtig sei in jedem Fall ein Gesamtkonzept: „Ein Notstromaggregat hilft mir nichts, wenn ich keine Lebensmittel zu Hause habe. Als Firmenchef wiederum muss ich mir auch Gedanken machen, wie ich meine Mitarbeiter erreiche, wenn das Telekommunikationsnetz zusammenbricht.“

Wenn Stromausfall keine Option ist

Wie die Kombination aus USV-System und Notstromaggregat einen sicheren Betrieb im Produktionsbereich ermöglicht, demonstriert ein entsprechendes Vorzeigeprojekt der Kess Power Solutions im Waldviertel. Hier, in Gmünd, hat die NBG Fiber GmbH eine Produktionsstätte für hochwertige Glasfaser-Rohkörper errichtet. Auf 4.000 Quadratmetern entstand das einzige Glasfaser-Preform-Werk Europas und zugleich das modernste auf der Welt.

Bei Glasfaser-Rohlingen, oder englisch: Preforms, handelt es sich um Glaskolben aus hochreinem Glas. NBG Fiber produziert die weltweit größten Preforms mit einer Länge von 2,5 Metern und einem Gewicht von bis zu 200 Kilogramm. Damit der höchstmögliche Reinheitsgrad erreicht wird, muss die Produktion in einem keimfreien Reinraum stattfinden. Sieben Tage dauert es, bis eine Preform fertig ist. Anschließend wird diese erhitzt und in die Länge gezogen.

Für die Herstellung der Rohlinge wurde ein jährlicher Stromverbrauch von 11 Mio. kWh ermittelt. Ausfallssicherheit in der Stromversorgung ist von größter Wichtigkeit. Christian Zwettler, technischer Leiter bei NBG: „Passiert etwas Unerwartetes in der Maschine, fällt die Lüftung aus oder funktioniert die Gasversorgung nicht, ist unser Produkt kaputt.“

Die Experten von Kess wurden frühzeitig beigezogen. In der ersten Ausbaustufe wurde ein USV-System aus zwei parallelen Schränken à 650 kW mit einer maximalen Gesamtkapazität von 1.600 kW installiert. Für Redundanzen sorgen 26 Module mit 50 kW, die jederzeit gemäß Lastprofil skaliert werden können. Diese USV-Systeme überbrücken kurzzeitige Netzstörungen mittels spezieller Reinblei-Batterien.

Installiert wurden zwei Batterie-Bänke des Herstellers EnerSys, die selbst am Ende der Lebensdauer noch die erforderliche Leistung erbringen. Bei länger andauernden Stromausfällen liefert das Notstromaggregat von Kohler-SDMO zuverlässig Strom. Die Notstromlösung mit einer elektrischen Leistung von 2 Megawatt ist in einen 40-Fuß-Container integriert und übernimmt die Versorgung bei Netzproblemen. Regelmäßige Wartungen stellen die Verfügbarkeit der Stromversorgungsanlagen sicher – dazu hat NBG gemeinsam mit Kess ein Service-Konzept ausgearbeitet.

Autarke Autobahnmeisterei

Bemerkenswert ist auch ein jüngst realisiertes Projekt in der Autobahnmeisterei Klagenfurt, bei dem die autarke Versorgung im Bedarfsfall mit Strom aus der eigenen Photovoltaik-Anlage kombiniert wird. Es handelt sich um ein sogenanntes „hybrides Smart Grid“. So werden lokale, intelligente Stromnetze bezeichnet, die zwar mit dem öffentlichen Versorgungsnetz verbunden sind, sich aber bei Bedarf abtrennen und eigenständig versorgen können. Realisiert wurde die erste Blackout-sichere Autobahnmeisterei von der K.E.M. Montage GmbH als Generalauftragnehmer. Im Zuge des Asfinag-Klimaschutzprogramms war in Klagenfurt bereits 2020 auf einer Fläche von 1.100 Quadratmetern eine Photovoltaik-Anlage mit 702 Modulen und einer Spitzenleistung von 220 kWp installiert worden. Diese wurde nun um einen Batteriespeicher und ein Notstromaggregat erweitert.

Ein intelligentes Energiemanagement-System erkennt automatisch, aus welcher Stromquelle die benötigte Energie bezogen werden kann. Unterbrechungsfrei schaltet die Steuerung zwischen PV-Anlagen, Batteriespeicher, Notstromaggregat und öffentlichem Netz um.

Fällt Letzteres – beispielsweise bei einem Blackout – aus, übernimmt der Lithium-Ionen-Batteriespeicher mit einer Kapazität von 550 kWh die Funktion als Spannungsquelle für den Wechselrichter. Damit kann genügend Strom für Autobahnmeisterei, Verkehrsmanagement-Zentrale und die drei jeweils bis zu 70 kW starken E-Ladestationen geliefert werden. Ist die Kapazität des Energiespeichers bei einem anhaltenden Stromausfall ausgeschöpft, schaltet die intelligente Steuerung vollautomatisiert auf einen Back-up-Dieselgenerator um. Nach Wiederherstellung der öffentlichen Netzversorgung sorgt das Energiemanagement-System für die unterbrechungsfreie Rücksynchronisierung in den Netzparallelbetrieb.