Das Einfamilienhaus und der Klimaschutz
In ihrer Bestandsaufnahme basierend auf die Registerzählung 2021 berichtet Studienautorin Julia Lindenthal, dass der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser am Gebäudebestand gegenüber der letzten Registerzählung 2011 um 2% gesunken ist, doch die Anzahl der neuerrichteten Ein-und Zweifamilienhäuser pro Jahr ist gestiegen. (2011: 14.024, 2021: 16.370). 64,5% entfallen hierbei auf Einfamilienhäuser.
Den höchsten Anteil an Einfamilien- und Zweifamilienhäusern haben Niederösterreich mit 83,9%, Oberösterreich mit 78,4% und Steiermark (78,2%), den geringsten Anteil haben Wien (54,4%), Tirol (66,9%) und Salzburg (69,1%).
Wer heute im Einfamilienhaus lebt
Auffallend ist, dass die Zahl der mindergenutzten Häuser zunahm:
23,3% aller Einfamilienhäuser (296.982 der 1.274.396 Privathaushalte mit Hauptwohnsitz in Einfamilienhäusern) sind Einpersonen-Haushalte. (2011: 20,9%), 34,1% aller Einfamilienhäusern (434.698) sind Zweipersonen-Haushalte. Hier ist die Veränderung noch deutlicher, 2011 waren es noch 25,6%. 57,4% aller EFH (und 64,6% aller ZFH) werden nur von 1-2 Personen bewohnt.
In Wien und in Burgenland liegt der Anteil der Einpersonenhaushalte in Einfamilienhäusern sogar bei 27,7 bzw. 27%. Das ist sogar schon höher als der dortige Anteil an Paaren mit mind. 1 Kind unter 25 Jahren. Einfamilienhäuser werden im Schnitt nur mehr zu 35,1% und Zweifamilienhäuser nur mehr zu 28,6% von der klassischen Kernfamilie bewohnt.
Nur Tirol und Salzburg haben einen minimal höheren Anteil an Paaren mit mind. einem Kind unter 25 Jahren. Überall sonst ist der Anteil der Zweipersonen-Haushalte bereits höher. Seniorinnen-und Seniorenhaushalte sind Haushalte, in denen alle Haushaltsmitglieder 65 Jahre oder älter sind.
2021 fallen bereits 303.000 (23,8% aller Privathaushalte mit Hauptwohnsitz im Einfamilienhaus) in diese Kategorie, was gegenüber 2011 eine Erhöhung von 4% bedeutet. 109.798 der insgesamt 2.117.018 Wohnungen in Wohngebäuden mit einer oder zwei Wohnungen werden als Nebenwohnsitze genutzt (5%), 310.383 Wohnungen (167.603 der EFH und 142.780 der ZFH) weisen keine Wohnsitzmeldung auf (15%).
Zur Studie:
Wohnfläche pro Kopf nimmt zu
Die Wohnfläche pro Kopf nimmt seit den 1970er-Jahren kontinuierlich zu. Das liegt zum einen daran, dass die Häuser immer größer werden, aber auch daran, dass die größere Fläche von immer weniger Personen bewohnt und genutzt wird. 2022 lag die Wohnfläche pro Kopf über alle Gebäudetypologien hinweg bereits bei 46,6 m2.
Das ist allerdings ein Wert der nur durch den Wiener Schnitt (37m2) etwas gedrückt wird und bspw. in Burgenland bereits bei 55,8 m2 pro Kopf liegt. Bezogen auf die Ein- und Zweifamilienhäuser lässt sich folgendes feststellen: Österreichweit lag die durchschnittliche Nutzfläche von Wohnungen in Wohngebäuden mit einer Wohnung 2021 bei 128,7m2, besaß durchschnittlich 5,9 Räume und wurde von 2,1 Personen bewohnt. Das entspricht 60,3 m2/Kopf. Gegenüber 2011 hat sich die Nutzfläche um 7,6 m2 vergrößert, sind 0,5 Räume dazugekommen und wohnen 0,2 Personen weniger in einem EFH. Die NF/Kopf ist im Vergleich zu 2011 um 6,7m2 gewachsen.
Sanierung von Altbestand als Lösung
Das Ziel, die Flächeninanspruchnahme bis 2030 auf max. 2,5 ha/Tag oder 9 km2/Jahr zu reduzieren, wird kaum mehr erreicht werden können. Im Jahr 2022 wurden 43,8 km2 in Anspruch genommen, davon waren 55% versiegelt. 6,7 km2 wurden neu bebaut, davon gingen allein 2,7 km2 aufs Konto einer Überbauung durch Ein- und Zweifamilienhäuser. Jedes EFH in Österreich kann zur Halbierung seines Energiebedarfs saniert werden. Der verbleibende Bedarf kann aus einer Vielfalt an erneuerbarer Energie gedeckt werden.
Bis zu 75 Prozent an Förderung gibt es dafür von der öffentlichen Hand. Noch nie zuvor war der Umstieg auf Erneuerbare so sinnvoll. Er verschafft uns Unabhängigkeit und sorgt für Klimaneutralität. Die „low hanging fruits“wurden aber offensichtlich schon gepflückt: Die Gesamtsanierungsrate betrug für das Jahr 2022 österreichweit nur 1,4%. Die geförderten umfassenden Sanierungen stagnieren nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau von unter 0,4%. Der Stellenwert von Sanierungen ist zwar in den letzten Jahren gestiegen, doch die Sanierungsrate ist immer noch viel zu niedrig und weit entfernt von den 2,8%, die man bis 2040 schaffen müsste, um die Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen.
Die Raiffeisen Bausparkasse hat in Österreich rund 1,3 Millionen Kundinnen und Kunden. Ab 2022 konnte man eine deutliche Änderung beim Nachfrageverhalten nach Darlehen feststellen. Die Anzahl der vergebenen Darlehen für Sanierungen/Renovierungen sowie Um- und Zubau hat sich seit 2020 beinahe verdoppelt. Als Gründe anzuführen sind hier sowohl der rasante Anstieg von Zinsen, Inflation und damit auch Bau- und Finanzierungskosten sowie die strengeren Kreditvergaberegeln in Österreich. Darüber hinaus ist auch ein veränderter Mindset in Hinblick auf Wohnen feststellbar.
Zur Studie: