EAG-Novelle beschlossen - die Reaktionen
Mit dem am 7.7. im Nationalrat nach langen Verhandlungen beschlossenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wird der Ökostromausbau für die nächsten 10 Jahre gesichert (27 TWh zusätzlich). Das Ziel, bis 2030 den Strombedarf in Österreich über ein gesamtes Kalenderjahr betrachtet, vollständig aus nachhaltigen Energiequellen zu decken, soll damit erreicht werden. Mit dem EAG sind die Rahmenbedingungen geschaffen worden, um erneuerbare Energieerzeugung einfacher möglich zu machen.
Überblick über die wichtigsten Punkte des Erneuerbaren Ausbau Gesetzes
- Einführung von Marktprämien zur Förderung der Erzeugung von Strom aus Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik und fester Biomasse,
- Investitionszuschüsse für die Errichtung, Revitalisierung und Erweiterung von Photovoltaikanlagen, Wasserkraftanlagen, Windkraftanlagen und Stromspeichern,
- Einrichtung einer konzessionierten EAG-Förderabwicklungsstelle,
- Ermöglichung der Gründung von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften,
- Einführung eines Ortstarifs für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften,
- Ermöglichung der Gründung von Bürgerenergiegemeinschaften Überarbeitung des Herkunftsnachweissystems sowie der Strom- und Gaskennzeichnung,
- Erstellung eines integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplans,
- Vereinfachter Netzanschluss und Netzzugang für Anlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger,
- Regelungen zur Einführung einer Netzreserve Schaffung regulatorischer Freiräume für innovative Projekte,
- Ermöglichung des Eigentums von Netzbetreibern an Anlagen zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Gas sowie der Errichtung, Verwaltung und des Betriebs solcher Anlagen durch Netzbetreiber,
- Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Union Erweiterung der Regelungen zum Ladestellenverzeichnis,
- Vorlage eines Dekarbonisierungspfades bei Antragstellung nach dem WKLG,
- Festlegung ökologischer Kriterien bei Vergabe der Fördermittel nach dem WKLG
- Bewilligungsfreistellung für elektrische Leitungsanlagen bis 45 kV (ausgenommen Freileitungsanlagen),
- Regulierung von dritten Zahlungsdienstleistern Einführung der starken Kundenauthentifizierung bei der Durchführung von Online-Zahlungen,
- Festlegung klarer und kundenfreundlicher Haftungsregeln bei nicht autorisierten Zahlungen
Mit 21.1.2022 ist das EAG einer ersten Novelle unterzogen worden, die aufgrund von beihilferechtlichen Bedenken der EU-Kommission notwendig war.
Eckpunkte der Novelle
Gegenüber dem ursprünglichen Gesetz, das bereits Mitte vergangenen Jahres verabschiedet wurde, enthält der am 21.1.2022 beschlossene Änderungsantrag folgende wesentliche Neuerungen:
- Neben technologiespezifischen Ausbaupfaden für Wind, Wasser, PV und Biomasse sind nun auch technologieübergreifende Ausschreibungen mit variablen Marktprämien für Wasser- und Windkraft in der Höhe von 20 MW pro Jahr vorgesehen.
- Die Ausschreibungen der variablen Marktprämien für Windkraft können bereits 2022 starten. Zum Abbau der Warteschlange werden heuer noch einmalig Förderungen im Umfang von 200 MW administrativ vergeben.
- Restmittel zur Investitionsförderung der mittleren Wasserkraft aus der Ökostromförderung werden in das EAG übertragen und können nun in den Jahren 2022 und 2023 noch in diesem Fördersegment genutzt werden.
- Entfall der Erneuerbaren-Förderpauschale für das Kalenderjahr 2022.
Reaktionen aus den betroffenen Branchen
Die Reaktionen auf die kürzlich beschlossene Novelle und das nun in der aktuellen Version vorliegende Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz reichen von "Zufriedenheit" bis "Ausbauziele gefährdet".
E-Wirtschaft begrüßt Beschluss der EAG-Novelle
Österreichs E-Wirtschaft begrüßt den gestrigen Beschluss. Unsere Unternehmen stehen bereits in den Startlöchern. Damit der Erneuerbaren-Ausbau starten kann, brauchen wir nun rasch die entsprechenden Verordnungen, denn die Uhr tickt – bis 2030 sind es mittlerweile weniger als neun Jahre“ (Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der E-Wirtschaft)
Mit Marktprämien und Investitionszuschüssen stehen dabei künftig zwei Förderinstrumente zur Verfügung. Um sicherzustellen, dass keine Zeit verloren geht und alle Technologien – also Wind, Wasser und PV – gleichzeitig ausgebaut werden, sind weiters technologiespezifische Ausbaupfade vorgesehen. Insgesamt ist die Fördersumme im EAG mit einer Milliarde im Durchschnitt über drei Jahre gedeckelt. Damit sollen über zehn Jahre Anreize für ein Ausbauvolumen von 27 TWh geschaffen werden.
Bundesverband Photovoltaic Austria: EAG "lahmt"
Mit der heute beschlossenen Novelle wurde das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) an die Vorgaben der europäischen Kommission endlich angepasst. Das soll nicht davon ablenken, dass die Umsetzung der zweiten Förderschiene des EAG – die Investitionsförderung – längst überfällig ist. Diese steht in keinen Zusammenhang mit den EU-Vorgaben und hätte damit bereits vor Monaten starten können. Die dazu notwendige Förder-Verordnung scheitert noch immer an der fehlenden Einigung von BMK und BMLRT. Ein verbindlicher Zeitplan fehlt nach wie vor. Unzählige und dringend benötigte Projektumsetzungen werden dadurch unnötig aufgehalten.
So zu tun als würde man sich für den Kampf gegen die Klimakrise einsetzen reicht schon lange nicht mehr. Die Menschen, wie die Unternehmen die aktiv zur Energiewende beitragen wollen werden ständig enttäuscht. Allein durch politische Ankündigungen wird die Versiebenfachung der PV-Leistung nicht gelingen (Herbert Paierl, Vorstands-Vorsitzender des Bundesverbands Photovoltaic Austria)
Die Verzögerungen bedeuten einen massiven wirtschaftlichen Schaden für die Unternehmen. „Seit Ewigkeiten ist die Rede vom Ausbauturbo, um das Ziel „100% Strom aus Erneuerbaren“ bis 2030 zu erreichen. Die PV-Branche macht ihre Aufgaben, berät Kund*innen, bereitet sich und ihre Mitarbeiter*innen vor und steht somit in den Startlöchern. Vom angekündigten Turbo fehlt jede Spur“, fasst Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Verbands, den Frust der Branche zusammen. Und das obwohl von der Photovoltaik zur Erreichung der Klima- und Umweltziele der größte Zubau abverlangt wird und längst die Arbeiten auf Hochtouren laufen müssten.
„Wir haben bereits unglaublich viel Zeit verloren und 2030 ist gleich ums Eck. Ohne ernst gemeinter Schritte, dem umgehenden Start des neuen Fördersystems und dem uneingeschränkten Bekenntnis der Bundesländer zu einem ganzheitlichen PV-Ausbau wird Österreich weiterhin massiv von Stromimport aus dem Ausland und damit von der fossilen Preisdiktatur und von Atomstrom abhängig sein“, warnt Paierl.
Nach dem die EU-Vorgaben nun eingearbeitet wurden, muss die fehlende Verordnung von den beiden Ministerien finalisiert werden.
Die Regierungsparteien müssen jetzt gemeinsam und fokussiert am Ausbau der Erneuerbaren arbeiten und die Energiewende vom Abstellgleis zurück auf den Fast-Track bringen. Die Branche hat kein Verständnis mehr und erwartet eine unverzügliche Vorlage der Verordnung (Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria)
IG Windkraft: Gesetzesbeschluss muss Turbo zünden
Mit der neuerlichen Änderung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes gestern im Nationalrat wurde ein wichtiger Schritt für den Start des Windkraftausbaus in Österreich getan. Nach achtjähriger Diskussion über eine große Reform des Ökostromgesetzes, geht die Windkraft bereits ins dritte Jahr ohne Realisierungsmöglichkeit für neue Projekte.
Nach diesem wichtigen Schritt, dem Beschluss des EAG im Parlament, muss bei der Umsetzung ein Turbo gezündet werden (Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft)
Österreich wird damit für die Windkraft ein standardmäßiges Förderregime, ohne relevante beihilfenrechtliche Ausnahmen erhalten, bemerkt Moidl: „Wie stark der Anreiz sein wird und welche Ausbaumengen mit diesem EAG möglich sind, wird die Zukunft zeigen. Höchste Priorität hat jetzt die rasche Umsetzung der nötigen Verordnungen und die Etablierung der EAG-Abwicklungsstelle. Nur dann kann der Ausbau der Erneuerbaren endlich beginnen.“
In Zukunft werden jährlich 390 MW Windkraftleistung gefördert und mittels Ausschreibung vergeben. Eine Ausnahme stellt das Jahr 2022 dar. Die Vergabe der Förderung erfolgt 2022 administrativ und lediglich im Ausmaß von 200 MW. Die restlichen 190 MW Windkraftleistung werden 2022 mittels Ausschreibung vergeben. Darüber hinaus wird es eine gemeinsame Ausschreibung für Wind- und Wasserkraft in der Höhe von 20 MW pro Jahr geben. Beihilfenrechtliche Ausnahmen von der Ausschreibung für kleine Windkraftprojekte hat Österreich nicht in Anspruch genommen. Das Förderregime wird als gleitende Marktprämie mit einer Laufzeit von 20 Jahren festgelegt. Somit werden die Windkraftbetreiber in Zukunft ab der ersten Kilowattstunde Windstrom am Strommarkt verkaufen. Das EAG wird darüber hinaus Unterschiede der Stromerträge am Standort bei der Unterstützung der Windkraft berücksichtigen.
Drittes Jahr ohne Windkraftförderung
Seit 2020 werden für neue Windkraftprojekte in Österreich keine Verträge vergeben, daher konnten diese bisher auch nicht mit dem Bau beginnen. Nun benötigt es neben dem Gesetz auch erforderliche Verordnungen und die Einrichtung einer eigenen EAG-Abwicklungsstelle. Voraussichtlich wird es zumindest bis Mitte des Jahres dauern, bis das EAG seine volle Wirkung entfalten kann. „Leider wurden die Möglichkeiten nicht genutzt, um dieses Loch zu überbrücken. Daher befinden sich schon wieder mehr als 120 MW Windkraftleistung in der Warteschlange und können derzeit nicht umgesetzt werden“, bemerkt Moidl: „Umso wichtiger ist es nun bei der Umsetzung des EAG einen Turbo zu zünden.“