Geldscheine verschwommen, 100 Euro Noten, 500 Euro Noten
Die Bundesregierung will 1 Milliarde Euro in den Wohnbau investieren, um die Bauwirtschaft zu beleben.
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Eine Milliarde will die Regierung in Wohnbau investieren

Die Bundesregierung hat sich nach längeren Verhandlungen auf Maßnahmen zur Unterstützung des Wohnbaus und zur Belebung der Baukonjunktur verständigt. Wie Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag bei einer Pressekonferenz verkündete, soll eine Milliarde Euro in die Errichtung bzw. Sanierung von Wohnhäusern fließen

Für Häuselbauerinnen und Häuselbauer werden beim ersten Eigenheim die Nebengebühren entfallen, außerdem sollen die Länder dabei unterstützt werden, günstige Wohnbaudarlehen zu vergeben.

Konkret sollen mithilfe der Mittel 10.000 Eigenheime und zusätzliche 10.000 Mietwohnungen entstehen. 5.000 Objekte werden laut Nehammer saniert und wieder auf den Markt gebracht. Um Familien bei der Finanzierung des ersten Eigenheims zu unterstützen, streicht die Regierung beim Bau weiters die Grundbucheintragsgebühr sowie die Pfandrechtseintragungsgebühr (für die ersten 500.000 Euro). Das bedeute eine Entlastung von bis zu 11.500 Euro, rechnete der Kanzler vor.

Wohnbau-Darlehen ankurbeln

Vor dem Hintergrund der aktuell hohen Kreditzinsen und der strengen Regeln für die Kreditvergabe sollen die Länder zudem günstige Wohnbaudarlehen für Häuselbauer und künftige Wohnungseigentümer bereitstellen. Nehammer sprach dabei von Darlehen bis zu 200.000 Euro zu maximalen Zinssätzen von 1,5 Prozent.

Wohnbau sichert Arbeitsplätze

Erklärte Ziele des Pakets sind einerseits die Anhebung der Eigentumsquote in Österreich und andererseits die Unterstützung der derzeit schwächelnden Bauwirtschaft. Durch das Paket sollen 40.000 Arbeitsplätze in der Branche gesichert werden, sagte Nehammer.

Mäßig zufrieden zeigte sich SPÖ-Chef Andreas Babler, der in einer Pressekonferenz das Paket „zu schwach, zu spät und zu wenig wirksam“ nannte. Dass mehr Geld aufgewendet werde, sei zwar von der Zielrichtung gut und wohl auch nur dem Druck der Sozialdemokratie geschuldet. Doch beinhalte das Paket nichts, was den Menschen jetzt aktuell helfe. So gebe es weiter kein Einfrieren der Mieten bzw. auch keine Rücknahme der letzten Erhöhungen. Zudem fehlt Babler eine Zweckwidmung der Mittel. (APA)

Die Reaktionen auf das präsentierte Maßnahmenpaket ließen nicht lange auf sich warten:

So macht der Klubobmann der SPÖ im Parlament, Philip Kucher zum von der Regierung vorgestellten Maßnahmenpaket deutlich: „Zu mutlos und zu spät. Die Regierung wiederholt die Fehler in der Teuerungsbekämpfung und gibt mit dem Paket zwar viel Steuergeld aus, senkt gleichzeitig aber keinen einzigen Preis. Es ist zwar erfreulich, dass die Regierung einzelne Punkte der Sozialpartner zur Belebung der Baukonjunktur aufgegriffen hat und kurzfristig zusätzliches Geld in den gemeinnützigen Wohnbau fließen soll, Wohnen wird dadurch auf absehbare Zeit aber nicht billiger."Er bedauert, dass es weder ein echtes Einfrieren der Mieten, noch einen Zinspreisdeckel im Maßnahmenpaket gäbe.

Eine Milliarde jährlich für sozialen Wohnbau gefordert

Der soziale Wohnbau benötige eine Milliarde jährlich, nicht so wie geplant, einmalig für die nächsten zwei Jahre, argumentiert die Chefökonomin des ÖGB, Helene Schuberth. „Wir haben vor mehr als einem halben Jahr einen 10-Punkte-Plan präsentiert, ein wesentlicher Punkt war ein Baukonjunkturpaket, um der Krise in der Bauwirtschaft entgegenzuwirken. Sehr spät hat jetzt auch die Bundesregierung etwas vorgelegt – und klar ist: Es gibt in Detailbereichen gute Impulse, aber das wird bei Weitem nicht reichen“.

Bodenversiegelung und Leerstandsabgabe thematisiert

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace meldete sich angesichts der Präsentation des neuen Wohnbaupaketes der Bundesregierung zu Wort und bewertet das von der Regierung vorgestellte Baukonjunkturpaket als durchwachsen: so kritisiert Greenpeace, dass mit den geplanten hohen Förderungen in den Neubau weiterhin enorme Flächen an Boden versiegelt werden sollen. Mit 780 Millionen Euro soll deutlich mehr Geld in Neubau als in die Sanierung bestehender Gebäude fließen. Zwar ist im Paket eine Verpflichtung zum mehrgeschoßigen Bau festgelegt, weitere ökologische Förderkriterien für Neubauten fehlen jedoch. Positiv bewertet Greenpeace, dass die Leerstandsabgabe vereinfacht werden soll.

„Die Sanierungsquote liegt in Österreich bei weniger als zwei Prozent, während gleichzeitig gut ein Drittel aller Gebäude in Österreich saniert werden muss. Hier ist extrem viel Luft nach oben. In Zeiten von Klima- und Artenkrise mehr Fördergeld für Neubauten statt für Sanierungen in die Hand zu nehmen, ist unverantwortlich”, sagt Greenpeace-Bodenschutzsprecherin Melanie Ebner.

Auf Versiegelung zu setzen ist falsches Signal

Seitens der Bundeskammer der Ziviltechnikerinnen begrüßt man zwar das Maßnahmenpaket, aber mit Vorbehalt, wie in einer Aussendung mitgeteilt wurde: „Stärker auf Neubauten und somit auf Versiegelung zu setzen, um die Bauwirtschaft anzukurbeln, wäre als würden Ärztinnen und Ärzte eine weitere Pandemie fordern, um mehr Patientinnen und Patienten behandeln zu können. Das aktuelle Paket bedeutet aber 780 Millionen Euro für die Pandemie und 220 Millionen Euro für die Lösung des Problems“, zeigt sich Präsident DI Daniel Fügenschuh besorgt.

Prinzipiell begrüßen die Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker ein Baukonjunkturpaket. „Das Verhältnis Neubau zu Sanierung ist kritisch zu sehen. Diese Abgrenzung wäre vielleicht auch nicht notwendig, wenn die Schaffung hochwertigen Wohnraums gefördert wird und die Fördermittel an die Umweltauswirkungen, ermittelt über eine Lebenszyklusanalyse, geknüpft werden. Damit würde dem Sanieren und Bauen im Bestand meist automatisch der Vorzug gegeben werden“, fordert Bernhard Sommer, Präsident der Länderkammer der Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker für Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Neubau fördern ist prinzipiell gut, aber es sollte sichergestellt werden, dass dafür kein neues Bauland gewidmet wird. Denn es gibt bereits jetzt einen Überhang an gewidmetem Bauland. Beispielsweise sollten Brachflächen im vorhandenen Siedlungsraum genutzt werden. Auch das Ziel der Anhebung der Sanierungsrate auf 3% wird durch die ungleiche Aufteilung der Förderung nicht erreicht werden können.