Europas größte Lehmfassade
Die jeweils zwölf Meter hohen, 3,5 Meter breiten und 69 Zentimeter starken Lehmsegmente sind eines der Highlights des neuen Firmensitzes der Alnatura Produktions- und Handels GmbH in Darmstadt. Sie erstrecken sich über die beiden 94 Meter langen Längsseiten des dreigeschossigen Baus und stellen damit die größte Lehmfassade an einem Bürogebäude in ganz Europa dar. Konzipiert und umgesetzt wurden die Stampflehm-Fertigteile von der Lehm Ton Erde Baukunst GmbH im österreichischen Schlins. Der Clou: Während die Innenwände noch mit einem natürlichen Bindemittel imprägniert werden, verbleibt die Außenseite gänzlich unbehandelt. Die Lehmoberfläche wird anfangs zwar durch Regen etwas abgewaschen, konserviert sich aber durch austretende Salze mit der Zeit von selbst und ist dadurch imprägniert.
Klimaneutrale Gesamtbilanz
Die Lehmelemente passen in ihrer Materialität perfekt zum Neubau, der den Unternehmensgrundsätzen folgend auch selbst ganz auf Ökologie, Natürlichkeit und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. So ist das Gebäude dank der Verwendung natürlicher, wiederverwertbarer Baustoffe ein in der Gesamtbilanz nahezu klimaneutrales Bauwerk. Eine Photovoltaik- und eine Geothermieanlage liefern die nötige Energie und ein Erdkanal sorgt für Frischluft. Die Gebäudegeometrie mit dem offenen, asymmetrischen Dachfirst erlaubt gleichzeitig eine optimale, natürliche Tageslichtnutzung in allen Gebäudestockwerken. Konzipiert wurde die neue Firmenzentrale mit rund 13.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche vom Architekturbüro haas cook zemmrich in Stuttgart.
Sichere Verbindung zum Gebäudeskelett
Die einzigartigen Fassadenteile aus Lehm stellten aber auch eine Herausforderung für die Objektplanung dar. Konkret ging es darum, eine stabile Basis für die Lehmelemente zu finden und sie auch dauerhaft und sicher mit dem Stahlbetonskelett des Gebäudes zu verbinden. Die Lösung boten Sockel und Ringanker aus Liapor-Leichtbeton. Die Sockel bilden den unteren Abschluss jedes Fassadensegments. Sie bestehen aus quaderförmigen, rund 50 Zentimeter hohen Fertigteilen eines LC12/13 mit Leichtsand, die mit einem Gesamtvolumen von rund 90 Kubikmetern von der Schneider Betonfertigteilewerk GmbH in Philippsburg erstellt wurden. Die 14 Zentimeter starken Ringanker aus Liapor-Leichtbeton vom Typ LC12/13 1.4 befinden sich – von außen unsichtbar – in den Lehmelementen, und zwar immer jeweils auf Höhe der Geschossdecken. Sie wurden vor Ort eingegossen und mittels Armierung und Stahlwinkeln mit dem Gebäudeskelett verbunden. Hergestellt und geliefert wurden die insgesamt rund 24 Kubikmeter Leichtbeton vom Mörlenbacher Betonwerk Richard Wagner GmbH & Co KG in Mörlenbach.
Multifunktionale Natürlichkeit
Die Sockel und Ringanker aus Liapor-Leichtbeton geben der Lehmfassade aber nicht nur die nötige statische Sicherheit. Vielmehr verhindert ihr hohes Wärmedämmvermögen auch die Bildung von Wärmebrücken. Nicht zuletzt ist Liapor-Blähton wie die Lehmelemente ähnlich diffusionsoffen. Dies gilt auch für die zusätzlichen, rund acht Zentimeter starken Leichtbetonelemente, die als vorgehängte Verblendungelemente auf Höhe der Zwischendecken montiert sind. Sie bestehen aus rund 30 Kubikmeter eines LC20/22 mit Leichtsand und wurden ebenfalls vom Schneider Betonfertigteilewerk hergestellt.
Fertigstellung Anfang 2019
Nach gut zweijähriger Bauzeit steht Anfang 2019 die Inbetriebnahme der neuen Alnatura-Zentrale an. Als besonders ökologisches Bauwerk passt sie perfekt zum Unternehmen, das bereits vor zwei Jahren mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2016 in der Kategorie der mittelgroßen Unternehmen ausgezeichnet wurde. Das Objekt zeigt, wie sich selbst außergewöhnliche Bauweisen mit Liapor-Leichtbeton zu einer wegweisenden Lösung verbinden lassen, die keine Abstriche an Sicherheit und Alltagstauglichkeit macht.