
Gebäudetechnik: Regierung verschleppt wichtige Entscheidungen
So paradox es klingen mag: Eine aufgeschobene oder in Aussicht gestellte Förderung ist eine schlechte Förderung. Weil diese hierzulande gern geübte Praxis immer wieder ganze Marktsegmente in den Standby-Modus versetzt. Zu beobachten war dieses wenig überraschende Phänomen in der Vergangenheit gleich mehrfach im Bereich der erneuerbaren Energieerzeugung und -nutzung. Lehren wurden daraus kaum gezogen. Auf Bundesebene kocht immer noch jede neue Regierung ihr eigenes Süppchen und leert dazu zunächst den Suppentopf der Vorgänger aus.
Mehr Kontinuität ist tendenziell auf Länderebene festzustellen. Förderzeiträume reichen über Wahltermine hinaus. Was wohl auch daran liegt, dass das politische Personal hier nicht so schnell ausgetauscht wird sowie an der breiten Einbindung der im Landtag vertretenen Parteien im Rahmen der in manchen Bundesländern üblichen Konzentrationsregierungen.
Was wird aus dem Heizungstausch?
Im Zuge der Regierungsverhandlungen wurden offenbar degressive Fördermodelle im Bereich der Raumwärme diskutiert. Diese sollten von einem niedrigeren Niveau als zuletzt starten und in der Folge in mehreren Schritten – beispielsweise über fünf Jahre hinweg – auf Null reduziert werden.
Das Regierungsprogramm bleibt diesbezüglich Details schuldig und enthält bloß ein allgemeines Bekenntnis zur thermisch-energetischen Sanierung und zum „Heizungstausch durch treffsichere steuerliche Anreize und Förderprogramme.“ Weiters heißt es: „Hierzu sollen die bestehenden Maßnahmen und Fördertöpfe evaluiert und weiterentwickelt werden.“
Dafür will man sich nun bis zum Sommer Zeit geben. Angekündigt wurde die Beauftragung eines unabhängigen Instituts. Ziel ist eine „integrierte Klima- und Energiepolitik“, die nebst der CO2-Einsparung auch die heimische Wertschöpfung und den Arbeitsmarkt im Auge hat. Überdenken möchte man die verschachtelte Förderstruktur zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Die Förderlandschaft soll damit insgesamt „einfacher, effizienter und transparenter“ werden.
Der Verdacht, dass angesichts des Sparzwangs der Einsatz öffentlicher Mittel reduziert werden soll, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Die ehemalige grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler warnt: „Was als nüchterne Analyse verkauft wird, droht zum nächsten Kahlschlag bei den so wichtigen Klimaförderungen zu werden.“
In einem gemeinsamen Appell warnen Wärmepumpe Austria und der Biomasseverband vor dem Vertagen wichtiger Entscheidungen. „Unsere Mitglieder haben in den letzten Jahren massiv in den Ausbau der Produktionskapazitäten investiert – im Vertrauen auf eine stabile Förderpolitik“, so Wärmepumpe-Austria-Präsident Richard Freimüller. „Die Heizungsbranche braucht Planungssicherheit und verbindliche Förderkriterien, damit die Investitionen nicht ins Leere laufen.“ Insbesondere das „Stop-and-Go bei Förderprogrammen“ gefährde den Wirtschaftsstandort und die Klimawende.
Noch ist genug zu tun
Die Zukunft ist somit ungewiss. Auf dem Prüfstand stehen der 2024 noch mit 660 Millionen Euro dotierte Klima- und Energiefonds, Energieeffizienz- sowie EAG-Förderungen. „Alle Förderzusagen, die bis Ende 2024 erteilt wurden, werden selbstverständlich ausbezahlt“, versichert Klima- und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig.
Fad wird den Installationsbetrieben und der Heizungsindustrie daher wohl nicht in nächster Zeit. „Bei der Förderstelle haben sich 90.000 Personen registriert“, sagt Elisabeth Berger, die Geschäftsführerin der Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie. „Auch heuer sollten deutlich mehr Anlagen als in einem normalen Jahr installiert werden.“ Für Planung und Einbau sind zwölf Monate ab dem Registrierungsdatum Zeit. Dann nämlich muss auch die Schlussrechnung bei der Förderstelle eingereicht werden. „Wer sich letztes Jahr noch registrieren konnte, sollte diese Chance dringend nutzen“, so Berger. Bei den aktuellen Sparplänen sei keine Erhöhung der Förderung zu erwarten. „Die Heizsaison ist zu Ende. Damit ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um mit den Arbeiten zu beginnen.“
Die Interessenvertretung rechnet generell mit geringeren Förderungen, hofft aber auf weniger restriktive Förderbedingungen: „Ähnlich wie in Nachbarländern sollten gut funktionierende Kessel durch Einbindung einer Wärmepumpe, eines Pellet- oder Stückholzkessels bzw. einer solarthermischen oder Photovoltaik-Anlage zu Hybridsystemen umgebaut werden, anstatt diese verschrotten zu müssen.“
Regierung bekennt sich zu Technologieoffenheit
Aus dem „Raus aus Öl und Gas“ würde somit ein „Rein mit den Erneuerbaren“ bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der bisherigen Heizungsinfrastruktur. Aus Konsumentensicht würden Hybridsysteme ein gewisses Maß an Unabhängigkeit von einzelnen Energielieferanten und Energieträgern gewährleisten. Aus Sicht des Energiesystems ließen sich damit saisonale Spitzenlasten verringern. Ein Anhaltspunkt in diese Richtung könnte das Bekenntnis zur Technologieoffenheit im Regierungsprogramm sein. Im Originalwortlaut: „Technologieneutrale Zugänge bei der Regulatorik stärken den Wettbewerb zwischen den Unternehmen und unterstützen Innovation und Forschung. Bei sich entwickelnden Technologien sorgt dies für Zukunftssicherheit und Stabilität.“
Diesen Paradigmenwechsel hat man auch beim EWO, der Interessenvertretung der Heizungssysteme für flüssige Brennstoffe, registriert. „Ein technologieneutraler Ansatz fördert die Nutzung verschiedener Heizmethoden. Diese Vielfalt sorgt für stabile und sichere Energieversorgung und reduziert das Risiko von Engpässen oder Überlastungen“, erklärt Geschäftsführer Martin Reichard. Zudem werde dadurch eine bessere Anpassung an regionale Gegebenheiten und Ressourcen ermöglicht. Reichard fordert Offenheit nicht nur im Hinblick auf das Heizungssystem, sondern gerade auch im Hinblick auf den Energieträger. Heizöl mit erneuerbarer Komponente wurde kürzlich seitens der OMV am Markt eingeführt.
Das Produkt, Eco10, enthält gegenwärtig zehn Prozent HVO (= Hydrotreated Vegetable Oil) aus erneuerbaren Abfall- und Reststoffen – ein Anteil der sukzessive erhöht werden soll. „Für Unternehmen bieten wir dazu Zertifikate, um die Verwendung als CO2-senkende Maßnahme im Nachhaltigkeitsbericht anführen zu können“, erklärt Michael Niklas, OMV-Verkaufschef im B2B-Geschäft (Energiehandel).
Österreichs Sonderkonjunktur
Mit Ausnahme der Öl- und Gasheizungen haben sich die guten Rahmenbedingungen des Vorjahrs in den Zahlen niedergeschlagen. Verdoppelt hat sich der Absatz von Holzheizungen – auf 28.850 Stück, was in etwa dem Niveau des Rekordjahres 2022 entspricht. Die Verkäufe von Heizungswärmepumpen legten um sechs Prozent auf 45.900 Stück zu.
Sogar der Solarthermie schien zuletzt die Sonne. „Der Absatz legte im vierten Quartal 2024 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um zehn Prozent zu. „Die Solarwärme liefert klimaneutral und preisstabil Energie, unabhängig vom Weltgeschehen, das scheint mehr und mehr Menschen klar zu werden“, meint Roger Hackstock, der Geschäftsführer des Branchenverbands Austria Solar.
Eine sichere Energieversorgung gelinge am besten mit Technologien, bei denen nicht auf Bauteile aus China gewartet werden müsse. „Wir haben in Österreich die besten Solarwärme-Unternehmen der Welt. 75 Prozent der Wertschöpfung bleiben im Land.“ Darüber hinaus trage Solarthermie zu mehr Unabhängigkeit und Preisstabilität bei der Energieversorgung bei. „Mit insgesamt knapp 104.000 abgesetzten Heizsystemen konnten wir beinahe an das Rekordjahr 2022 anschließen“, so das Fazit des VÖK-Vorstandsvorsitzenden Helmut Weinwurm. „Damit entwickelte sich der österreichische Heizungsmarkt entgegen dem europäischen Trend und lieferte einen positiven Beitrag zur Konjunkturentwicklung.“
Besser als das Nachbarland
Dass speziell die Förderungen eine Sonderkonjunktur ermöglichten, zeigt der Blick nach Deutschland. Dort brach der Wärmemarkt im Vorjahr völlig ein. In Summe betrug das Absatzminus 46 Prozent gegenüber 2023. Besonders traf es Biomasse-Heizungen (minus 52 Prozent), Gasheizungen (minus 48 Prozent), Trinkwasser-Wärmepumpen (minus 50 Prozent) und Heizungswärmepumpen (minus 46 Prozent). Das Minus zieht sich durch sämtliche Bereiche von der Hackschnitzelheizung bis zur Solarthermie.
Wie so oft ist auch hier die ungewisse politische Situation ein Grund für den Einbruch. „Unter anderem führt die mit dem öffentlich debattierten Gebäudeenergiegesetz verknüpfte kommunale Wärmeplanung dazu, dass die Menschen die Heizungsmodernisierung aufschieben und auf mögliche Angebote ihrer Kommunen warten“, so die Einschätzung von Markus Staudt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Damit spielt er auf den geplanten Ausbau und die Nachverdichtung von Wärmenetzen an. „Die Menschen müssen schnellstmöglich wissen, in welchen Gebieten Wärmenetze geplant sind und wo nicht. Diese Information sollte unabhängig von der Fertigstellung der kommunalen Wärmeplanung erfolgen.“
Die Umsatzsteuer ist wieder da …
Nicht alles bedarf in Österreich der Evaluierung, so scheint es. Seit 1. April ist der Entfall der Umsatzsteuer auf Photovoltaikanlagen bis 35 Kilowatt peak Geschichte. Hier gilt nun wieder der Normalsteuersatz von 20 Prozent.
Wenig erfreut darüber ist man beim Bundesverband Photovoltaic Austria (PVA). Nach acht Jahren des Wachstums zeigte sich bereits 2024 ein Minus von zehn Prozent bei der neu installierten Leistung. „Bleibt die Regierung weiterhin säumig bei der Schaffung klarer Förderbedingungen und wichtiger gesetzlicher Rahmen, drohen der Branche noch in diesem Jahr weitere Einbrüche“, stellt PVA-Geschäftsführerin Vera Immitzer fest.
2024 basierte der PV-Ausbau vor allem auf der Umsetzung von Projekten aus den Vorjahren sowie aus der Mehrwertsteuer-Befreiung für kleine Anlagen. Allein durch die Fertigstellung großer Freiflächenprojekte im vierten Quartal konnte letztlich ein Zubau von 2,2 Gigawatt (Engpass-)Leistung erzielt werden. Gerade im Kleinanlagensegment bis 20 Kilowatt peak rechnen laut Branchenbefragung nun drei von vier Betrieben mit sehr deutlich sinkendem Interesse.
Herbe Kritik übt Immitzer auch am beschlossenen Energiekrisenbeitrag Strom als zusätzliche Abgabe für Anlagenbetreiber. „Statt die immense Bedeutung heimischer erneuerbarer Energien für eine leistbare Versorgung zu erkennen und durch moderne Rahmengesetze zu stärken, schwächt die neue Bundesregierung den ohnedies strauchelnden Wirtschaftsstandort Österreich mit ihren kurzsichtigen Beschlüssen.“
Das Regierungsprogramm beinhaltet in dieser Hinsicht noch mehr Stoff für Diskussionen: Hinter dem sperrigen Begriff einer „Beanreizung netzdienlichen Verhaltens“ verbirgt sich etwa eine leistungsabhängige Beteiligung jener, die Strom ins System einspeisen, an den Netzkosten.
… und die motorbezogene Versicherungssteuer auch
Bidirektionale Ladetechnologien (das Auto als Batteriespeicher) versprechen mehr Flexibilität bei Verbrauch und Einspeisung. Sie sollen daher im Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) berücksichtigt werden. Beschlossen werden soll dieses für die Energieversorger unentbehrliche Rahmengesetz nun endlich bis zum Sommer. Zugleich fiel ein für die Anschaffung von Elektrofahrzeugen wichtiger Anreiz weg – seit 1. April gilt auch für diese die motorbezogene Versicherungssteuer und die Kfz-Steuer. „Mit dem Budgetsanierungs-Maßnahmengesetz fallen nur mehr bestimmte Elektrofahrzeuge unter die Steuerbefreiung“, sagt Stefan Steiger, Geschäftsführer der Elixa Steuerberatung. Für die Berechnung werden Fahrzeugklasse, Dauerleistung und höchst zulässiges Gesamtgewicht herangezogen. Eine Übergangsbestimmung sieht vor, dass die neue motorbezogene Versicherungssteuer spätestens bis 15.11.2025 zu entrichten ist. „Eingeführt wurde diese Frist, damit Versicherungsunternehmen die notwendigen organisatorischen und technischen Änderungen durchführen können.“
Immerhin – nicht bis zum Sommer muss man auf den Fördercall für klimafreundliche Energieforschung warten. Ein Startbudget von 17 Millionen Euro wurde bereits vom Innovationsministerium gemeinsam mit dem Klima- und Energiefonds freigegeben. Im Fokus steht dabei die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen.
„Damit stärken wir heimische Innovationsleistungen auf dem Gebiet klimafreundlicher Energietechnologien“, hält Bernd Vogl fest. „Forschung und Entwicklung bereiten den Weg zur Energiewende und sichern die Vorreiterrolle österreichischer Unternehmen“, so der Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds. Das Hauptaugenmerk liegt unter anderem auf Forschungsprojekten in der Energieerzeugung und -speicherung, in der effizienten Energieumwandlung sowie zu flexiblen, integrierten und klimafitten Energiesystemen.