"Er flog voraus"
Der Andrang war gewaltig. Heinz Neumann war überrascht: „Das hätte ich nie gedacht, dass zu dem Film so viele Menschen kommen.“ Über 700 Kinobesucher drängten zur Premiere ins Wiener Gartenbaukino. Gezeigt wurde der Kinofilm „Er flog voraus“ von Regisseur Max Gruber – ein Film über Architekt Karl Schwanzer (1918 – 1975). Blitzlichter aus der knapp 30jährigen Schaffenszeit wechseln ab mit Zeitzeugen wie dem sehr amüsanten Architektenpaar Diether und Andrea Hoppe – oder Wolf D. Prix, Heinz Neumann, Laurids Ortner und Boris Podrecca.
Da wird nichts geschönt, da gibt’s auch negative Seiten von dem geliebten und gefürchteten Architekten Schwanzer, die schonungslos beleuchtet werden. Anfangs ist der Kinobesucher verwirrt – wozu spaziert da Burgschauspieler Nicholas Ofczarek im 20er Haus – das ehemalige Weltausstellungsgebäude stammt aus der Feder von Schwanzer – herum? Doch bald lichtet sich die Verwirrung – Ofczarek ist Karl Schwanzer. Seine Art zu sprechen, zu schreiten, zu schauen – das geht unter die Haut und lässt auch jene erschaudern, die Schwanzer gar nicht kannten. Warum, das ist unbegreiflich, ist es der Schauspieler oder doch die Regie?
Wie auch immer, der Film ist mehr als sehenswert und für viel mehr Menschen, als nur für die Zeitzeugen, für die heute arrivierten Architekten, die in ihren jungen Jahren bei ihm arbeiteten. Faszinierend sind ebenso Schwanzers „Weisheiten“, er hat viele davon aufgeschrieben – Ofczarek rezitiert diese, und wieder: Gänsehaut – weil einfach so gscheit, so eloquent und so zeitlos. Und genau da liegt der Punkt, warum den Film „Er flog voraus“ allen Menschen, aus allen Branchen, vor allem der Baubranche, ans Herz gelegt sei. Schwanzer war offensichtlich nicht nur ein Vordenker, er grübelte, tüftelte ebenso viel und war ein Querdenker, das damals „normale“ war für ihn uninteressant.
PPP-Film
Schön auch, wie der Film realisiert werden konnte. Ein richtiges Public-private-Partnership-Projekt wie Max Gruber mit einem zwinkernden Auge bei der Premiere erzählte. Die Stadt Wien unterstützte den Film wie auch ATP, BMW und viele andere Architekten und Unternehmen. Das außergewöhnliche Kulturprojekt ist für ATP die diesjährige Weihnachtsspende. Die Unterstützung des Kinofilms war für Christoph M. Achammer, ATP-eine Herzensangelegenheit: „Karl Schwanzer war einer jener österreichischen Architekten, der meines Erachtens die vitruv‘schen Kriterien Utilitas, Firmitas und Venustas am kompromisslosesten in seiner Arbeit verfolgt hat. Als Dekan an der TU Wien für damals noch Bauingenieure und Architekten und als Schöpfer der Industrie-Ikonen für BMW, ist er für uns eines jener Vorbilder, die uns motivieren, die Welt mit unseren Gebäuden besser zu machen.“
Schwanzer plante mehr als 600 Werke, darunter die BMW-Vierzylinder-Firmenzentrale in München, das Museum Belvedere 21 in Wien oder das Philips-Haus am Wienerberg, er zählt zu den bedeutendsten österreichischen Architekten der Nachkriegszeit. Der ist ein unkonventionelles, vielstimmiges Portrait einer außergewöhnlichen Persönlichkeit. Karl Schwanzer war Architekt von Weltgeltung, Visionär, Künstler, Legende, Lehrer und Poet. Architektur muss die Menschen glücklich machen, so sein Credo. Seit 14. Oktober im Cinecenter zu sehen: