Neue Corona-Intensivstation
Durch den Coronavirus ist uns die Bedeutung eines guten Gesundheitssystems einmal mehr bewusst geworden. Das Ingenieurbüro der Hoyer Brandschutz GmbH war in den letzten Monaten intensiv mit Projekten im Gesundheitsbereich befasst. Seit 2018 betreut das Unternehmen als unabhängiger Fachplaner für Brandschutz die Neustrukturierung des Universitätsklinikums Salzburg Campus Christian-Doppler-Klinik.
Dieses wird im laufenden Betrieb saniert und im Brandschutz auf den neuesten Stand gebracht. Im Frühjahr dieses Jahres war Hoyer zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung während der Corona-Krise gemeinsam mit den anderen Projektbeteiligten gefordert die frühzeitige Fertigstellung eines neuen „intensive high care“-Bereichs mit Beatmungsbetten zu ermöglichen.
Generell stand bei diesem Projekt eine möglichst wirtschaftliche Modernisierung des Brandschutzes im Fokus. Dabei ist es gelungen weite Teile der Bestandssubstanz – die tragende Konstruktion, Dach, Fassade oder Löschwasserbereitstellung – zu erhalten. Auch durch gezielte Ertüchtigungen, etwa die Nachrüstung der bestehenden Aufzüge für den Einsatz als Evakuierungsaufzüge, konnten Kosten gespart und bestehende Anlagen weiterverwendet werden.
Erhalten statt Erneuern
In der Planungsphase standen grundlegende Fragen zur Modernisierung des Brandschutzes im Fokus: „Für das Brandschutzkonzept galt es zunächst zu klären, wie viel wir vom baulichen Bestand erhalten können und was brandschutztechnisch ertüchtigt oder erneuert werden muss“, schildert Werner Hoyer-Weber, Geschäftsführer von Hoyer Brandschutz.„Viel Zeit haben wir zum Beispiel investiert, um das Brandverhalten der Stahlbetondecken zu prüfen und festzustellen, unter welchen Bedingungen sie weiter verwendbar sind.“Da die Beurteilung einen Feuerwiderstand von neunzig Minuten ergab, war kein Austausch der Decken nötig. Auch andere bauliche Gegebenheiten wie die Löschwasserbereitstellung über das Hydrantennetz der Klinik, das Dachoder die Fassade konnten unverändert belassen werden.Die vorhandene Brandmeldeanlage und Anordnung der Rauchmelder passten die Fachplaner/innen an die neue Raumaufteilung an.„Es muss nicht immer zwingend ein Neubau her. Mit einer fundierten fachlichen Einschätzung kann man auch mit bestehenden Strukturen im Brandschutz etwas Zeitgemäßes schaffen und über viele Jahre nutzen. Das ist nachhaltiger und senkt die Projektkosten“, so Hoyer-Weber
Bestandsaufzüge für Evakuierung nachgerüstet
Dieser Philosophie folgte man auch bei den Aufzügen, die im Brandschutz eine wichtige Rolle spielen. Üblicherweise sind für die Evakuierung Feuerwehraufzüge notwendig. Am Uniklinikum Campus Christian-Doppler-Klinikhätte das eine komplette Erneuerung bedeutet. „Wir wollten stattdessen die bestehenden Aufzüge weiterverwenden und haben sie so ertüchtigt, dass man sie als Evakuierungsaufzüge einsetzenkann“, erzählt Hoyer-Weber. Eine zentrale Maßnahme hierfür war der Einbau einer Brandfallsteuerung: Sie sorgt dafür, dass die Aufzüge während eines Brandereignisses ins Erdgeschoß fahrenund dort mit geöffneten Türen für die Feuerwehr bereitstehen. Brennt es im Erdgeschoss, wird eine Ersatzhaltestelle im ersten Obergeschoß angefahren. Durch die neue Ausstattung mit Schlüsselschaltern kann die Feuerwehr die Aufzüge in Betrieb nehmen und für die Evakuierung nutzen. Damit zudem eine vertikale Evakuierung – von Geschoß zu Geschoß – möglich ist, sah Hoyer Brandschutz eine funktionserhaltende Verkabelung vor: Die dabei eingesetzten Kabel liefern selbst dann noch Strom, wenn sie brennen.
Personenrettung im Krankenhaus
In Krankenhäusern ist eine Evakuierung eine logistische Herausforderung, denn viele Patient/innen sind in ihrer Mobilität eingeschränkt und benötigen fremde Hilfe.„Wir sprechen von Personen, die nicht selbstrettungsfähig sind, was den Brand in solchen Gebäuden sehr personalintensiv macht. Allein für die Evakuierung einer Intensivstation mit sieben Betten würde man beispielsweise ebenso viel Personalbenötigen“, erklärt Hoyer-Weber. Um Brandereignisse auch mit weniger Personal bewerkstelligen zu können, folgen Krankenhäuser einem mehrstufigen Evakuierungskonzept. Nicht die Flucht, sondern der Verbleib steht darin im Zentrum: Personen können sich bis zum Eintreffen der Feuerwehr sicher im Gebäude aufhalten – entweder an Ort und Stelle oder indem sie in benachbarte Bereiche oder Geschoße gebracht werden. Gelöst wird dies mit Evakuierungsabschnitten, die brandtechnisch abgeriegelt sind. Feuer und Rauch werden darin eingeschlossen, während alle anderen Bereiche weiter sicher sind. Eine Flucht ins Freie ist erst der letzte Schritt des Konzepts.
Aus der Terrasse wird die Evakuierungsplattform
Auch das Haus 2 am Uniklinikum Campus Christian-Doppler-Klinik wurdein Evakuierungsabschnitte unterteilt. Jeder ist so bemessen, dass das Personal die jeweilige Anzahl anPatient/innenbis zum Eintreffen der Feuerwehr in Sicherheit bringen kann.„Hier ist es entscheidend vorab mit der Organisation des Krankenhauses zu klären, welche Personalressourcen sichergestellt sind – und zwar zu jeder Zeit. Denn brennen kann es auch am Wochenende oder in den Ferien. “Das Evakuierungskonzept von Hoyer Brandschutz sah auch eine Verbesserung zu den bisherigen Maßnahmen vor:die Errichtung eines außenliegenden Fluchttreppenhauses. Im Alltag dient es als Terrasse, im Brandfall gibt es für jedes Geschoß eine zusätzliche Evakuierungsplattform, auf derPatient/innen mitsamt ihren Betten in Sicherheit gebracht werden können.Zusammen mit den beiden Evakuierungsaufzügen verfügt das Gebäude nun über drei Fluchtstiegen. Allen Personen stehen damit Fluchtwege in unterschiedlichen Richtungen offen.
Bauüberwachung bis zum letzten Kabel
Neben der Planung der Brandschutz-und Evakuierungsmaßnahmen übernahm das Team um Werner Hoyer-Weber auch die Fachbauaufsicht. Dabei wirddie lückenlose und fachgerechte Umsetzung des Brandschutzkonzeptes überprüft. Moderne Dokumentations-Tools, Fotos und detaillierte Beschreibungen unterstützen die Verantwortlichen am Bau bei der raschen Mängelbehebung und ordnungsgemäßen Ausführung. „Krankenhäuser haben einen sehr hohen Installationsgrad an Elektrotechnik – vor allem in den Intensivstationen, aber auch in EDV-Bereichen. Kabel werden oft bis zur letzten Minute gezogen“, verweist Hoyer-Weber auf einen weiteren wichtigen Aspekt die Abnahme betreffend. Abschottungen und andere bereits fertiggestellte Brandschutzmaßnahmen würden durch diese elektrischen Nachbelegungen häufig wieder zerstört. „Während andere Gewerke längst fertig sind, gibt es im Brandschutz bis zuletzt einen intensiven Kontrollaufwand. Aber dieser stellt sicher, dass der Zeitplan hält und die Qualität passt.“