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Update zum Baukartell

Auf Anträgen der BWB verhängte das Kartellgericht Geldbuße in Höhe von EUR 27,15 Mio. gegen Swietelsky und stellte Zuwiderhandlung des Kronzeugen Kostmann fest.

Auf Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde verhängte das Kartellgericht mit Beschluss vom 27.03.2023, rechtskräftig geworden am 01.09.2023, eine Geldbuße in Höhe von EUR 27,15 Mio. gegen Swietelsky wegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot.

Die Bundeswettbewerbsbehörde hatte am 27.10.2022 einen Antrag auf Verhängung einer geminderten Geldbuße in Höhe von EUR 27,15 Mio. gegen Swietelsky AG sowie die Tochtergesellschaften C. Peters Baugesellschaft m.b.H. und die Kontinentale Baugesellschaft m.b.H. (gemeinsam „Swietelsky“) beim Kartellgericht eingebracht (Pressemitteilung vom 28.10.2022). Das Kartellgericht verhängte über Swietelsky wegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot in Form von kartellrechtswidrigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen sowie Informationensaustausch mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich des Hoch- und Tiefbaus in weiten Teilen Österreichs im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis Oktober 2017 eine Geldbuße in iHv EUR 27,15 Mio.

Bereits im Sommer 2017 war Swietelsky zeitnah nach den ersten Ermittlungshandlungen an die BWB herangetreten und hatte in der Folge als zweites österreichisches Bauunternehmen kontinuierlich und umfassend im Rahmen des Kronzeugenprogrammes kooperiert. Ebenfalls legte Swietelsky ein umfassendes Anerkenntnis ab, in dem es die Sachverhaltsdarstellung der BWB sowie die Höhe der Geldbuße akzeptierte und die rechtliche Beurteilung der BWB unbestritten zur Kenntnis nahm (Pressemitteilung vom 21.07.2022).

Kronzeuge Kostmann

Mit Beschluss vom 20.06.2023 stellte das Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht einen Verstoß gegen das Kartellverbot des Unternehmens Kostmann GesmbH (iF „Kostmann“) auf Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde fest. Aufgrund der frühzeitigen und umfassenden Kooperation von Kostmann im Rahmen des Kronzeugenprogramms sah die BWB von der Beantragung der Verhängung einer Geldbuße ab. Die Entscheidung des Kartellgerichts ist rechtskräftig.

Die BWB stellte am 21.02.2023 einen Feststellungsantrag gegen Kostmann beim Kartellgericht, nachdem das Unternehmen schon im Frühjahr 2017 mit dem Ansuchen um Kronzeugenstatus an die BWB herangetreten war und innerhalb des Kronzeugenprogramms vollständig und umfänglich zur Aufklärung des Sachverhalts kooperiert hatte (siehe Pressemitteilung vom 22.02.2023). Kostmann war im Rahmen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung an wettbewerbswidrigen Absprachen, Kunden- und Gebietsaufteilungen sowie am Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich des Hoch- und Tiefbaus, insbesondere betreffend den Straßenbau im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis Mai 2017 beteiligt.

Aufgrund der Unternehmensgröße und des regionalen Tätigkeitsschwerpunkts von Kostmann erfolgte die unmittelbare Beteiligung nicht in demselben Ausmaß und erstreckte sich vor allem auf Kärnten, die Steiermark und Niederösterreich. In Einzelfällen waren andere Bundesländer Österreichs betroffen und zwar Wien, Oberösterreich und Burgenland.

Kostmann trat als erstes der zahlreichen am Baukartell beteiligten Unternehmen unmittelbar nach den ersten Ermittlungshandlungen an die BWB heran. Die Kooperation beinhaltete für die BWB wesentliche Informationen zur Aufdeckung des Baukartells und zur Ausweitung der Ermittlungen (siehe Näheres unter „Hintergrund“). Zusätzlich zu den weiteren, im Rahmen des Kronzeugenprogramms von Kostmann vorgebrachten, wesentlichen Informationen erklärte das Unternehmen seine Bereitschaft, das Verfahren einvernehmlich zu beenden.

Es akzeptierte den von der BWB festgestellten Sachverhalt und trat der rechtlichen Würdigung der BWB nicht entgegen. Kostmann führte auch ein zertifiziertes Compliance-System ein und setzte weitere Maßnahmen, um zukünftigen Zuwiderhandlungen gegen das Kartellrecht entgegenzutreten.

Kronzeugenstatus

Die BWB kann grundsätzlich davon Abstand nehmen, die Verhängung einer Geldbuße zu beantragen, wenn das Unternehmen als erstes der am Kartell beteiligten Mitbewerber an die BWB herantritt und die übrigen Voraussetzungen erfüllt. Da Kostmann alle Voraussetzungen für die Anwendung der Kronzeugenregelung erfüllte, wurde von der Verhängung einer Geldbuße gegen das Unternehmen abgesehen und lediglich die Feststellung des Verstoßes durch das Kartellgericht beantragt.

Für jedes weitere Unternehmen, das nachgereiht an die BWB mit dem Ziel der Erlangung des Kornzeugenstatus herantritt, kann eine geminderte Geldbuße beantragt werden, wenn Informationen und Beweismittel bereitgestellt werden, die im Vergleich zu jenen bereits im Besitz der BWB befindlichen Beweismittel einen erheblichen Mehrwert aufweisen. Da diese Voraussetzung bei Swietelsky vorlag, war ihr der entsprechende Kornzeugenstatus zuzuerkennen.

Kronzeugenprogramm der BWB

Unter folgendem Link können alle relevanten Informationen zum Kronzeugenprogramm abgerufen werden: Kronzeugenregelung - BWB Bundeswettbewerbsbehörde

Hintergrund

Das aufgedeckte Kartell betrifft den Wirtschaftszweig der Bauwirtschaft (Hoch- und Tiefbau), wobei insbesondere der Bereich Straßenbau betroffen ist.

Die Zuwiderhandlung betrifft das gesamte österreichische Bundesgebiet, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß je nach beteiligtem Unternehmen. Betroffen sind insbesondere zahlreiche öffentliche, aber auch private Auftraggeber. Es handelt sich um eine große Anzahl an Bauvorhaben. Gegen eine Vielzahl der mutmaßlich beteiligten Unternehmen laufen die Ermittlungen der BWB noch. Teilweise wurden die Verfahren auch bereits rechtskräftig abgeschlossen.

Im Rahmen der Zuwiderhandlung wurden zwischen den beteiligten Unternehmen Absprachen getroffen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so unter anderem Marktanteile zu sichern und eine entsprechende Kapazitätsauslastung zu erhalten. Um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, kam es zu Preisabsprachen, Marktaufteilungen, den Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie etwa Abstimmungen über zukünftiges Verhalten bei Angebotsabgaben sowie vereinzelt zur Bildung kartellrechtswidriger Arbeits- und Bietergemeinschaften.

Unter anderem wurde zwischen den beteiligten Unternehmen etwa der Ausschreibungsgewinner, der abzugebende Preis und die Abgabe von „Deckangeboten“ vereinbart bzw. festgelegt, dass bestimmte Mitbewerber überhaupt kein Angebot legen sollten. Derartige Deckangebote wurden dabei sowohl im Rahmen von Gesprächsrunden

Was bisher geschah ...

Im Rahmen der Ermittlungen in der österreichischen Bauwirtschaft hat die Bundeswettbewerbsbehörde einen weiteren Antrag auf Verhängung einer angemessenen Geldbuße gegen Gebrüder Haider Bauunternehmung Gesellschaft m.b.H., die Gebrüder Haider & Söhne GmbH, die Gebrüder Haider & Co Hoch- und Tiefbau GmbH, Haider - Steininger GmbH und die Haider & Co Hoch- und Tiefbau GmbH (in Folge Gebrüder Haider) am Kartellgericht am 25.10.2022 gestellt.

Es besteht der Vorwurf, dass fünf Gesellschaften der Gebrüder Haider-Unternehmensgruppe an einem Kartell beteiligt waren; bei dem es um Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausch mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Bauausschreibungen ging, mit dem Ziel Wettbewerb zu minimieren oder auszuschließen sowie sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so Marktanteile zu sichern.

Im Rahmen der Ermittlungen konnten über 2000 Bauvorhaben identifiziert werden, bei denen es nach Ansicht der BWB zu kartellrechtswidrigen Absprachen in einem Zeitraum von 2002 bis 2017 gekommen ist. Die Auftragsvolumen der betroffenen Bauvorhaben lagen zwischen 3.500 EUR und 61. Mio. EUR.

Die abgesprochenen Bauvorhaben betreffen sowohl den Tief- als auch den Hochbau. Im Tiefbau sind zu einer ganz überwiegenden Zahl der Straßenbau und in weit geringerem Ausmaß der Kanalbau betroffen. Im Hochbau sind Brückenbau sowie Kraftwerksbau und sonstige Baumeisterarbeiten betroffen.

Die Bauvorhaben konzentrieren sich überwiegend auf Niederösterreich. Es sind aber auch einzelne Bauprojekte im Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Wien betroffen.

Gerichtsantrag auf Verhängung einer Geldbuße gegen Swietelsky AG eingebracht

Wie im Juli 2022 veröffentlicht, gab Swietelsky AG ein Anerkenntnis ab. Swietelsky AG trat zeitnahe nach den ersten Ermittlungshandlungen im Sommer 2017 an die BWB heran und kooperierte in der Folge als zweites österreichisches Bauunternehmen kontinuierlich und umfassend im Rahmen des Kronzeugenprogrammes, wodurch die Aufarbeitung des komplexen und umfangreichen Sachverhaltes auch hinsichtlich zahlreicher weiterer Unternehmen der Baubranche wesentlich erleichtert und beschleunigt werden konnte.

Die BWB beantragte nun am 27.10.2022 die bereits bekannte Geldbuße iHv EUR 27,15 Millionen gegen die SWIETELSKY AG beim Kartellgericht.

Zwei weitere Unternehmen erhielten Mitteilung der Beschwerdepunkte

Weiters wurde zwei weiteren Unternehmen die Mitteilung der Beschwerdepunkte übersendet. Diese haben nun die Möglichkeit Stellung dazu zunehmen.

Weitere Informationen über die laufenden Ermittlungen, die anhängigen Gerichtsverfahren und bereits verhängten Geldbußen können Sie in unserem FAQ Baukartell Update Oktober 2022 nachlesen.