Windräder statt Gaskraftwerke
Der Ausbau der Windkraft in Österreich war von einer Stopp-and-go-Politik geprägt. Mit den steigenden Energiepreisen und dem Versorgungsnotstand beim Gas durch den Krieg in der Ukraine treten die Versäumnisse der letzten Jahre nun deutlich zu Tage.
Windkraft auf 2 Prozent der Landesfläche
Das Potential der Windkraft in Österreich ist sehr hoch. Auf lediglich zwei Prozent der Landesfläche kann mit 83 TWh mehr Windstrom erzeugt werden, als wir derzeit verbrauchen. „Österreich hat hervorragende Windverhältnisse und es sind für diese Entwicklung der Windkraft geeignete Flächen vorhanden.“ erläutert Hans Winkelmeier, Vorstand der IG Windkraft. Zwei Prozent der Landesfläche entspricht jener Fläche, die derzeit für den Anbau von Ölfrüchten verwendet wird.
99 Prozent der Windparkfläche kann darüber hinaus weiterhin für die Landwirtschaft genutzt werden. Allein die Flächen der Fundamente werden der Natur mittelfristig entzogen. Im Regierungsprogramm der neuen deutschen Ampelkoalition ist dieses Ziel von zwei Prozent ebenso verankert, wie bereits seit Jahren in einigen deutschen Bundesländern: „In Österreich werden rund 95 TWh Gas verbraucht. Die Windkraft kann das Erdgas erse tzen und den Weg in die Unabhängigkeit ermöglichen,“ so Stefan Moidl.
Sofortprogramm Windkraft
„Die Handbremsen beim Windkraftausbau müssen in allen Bundesländern jetzt gelöst werden. Dass dies möglich ist, hat das Burgenland letzte Woche vorgezeigt“, berichtet Moidl: „Windräder sind deutlich schneller errichtet, als die Infrastruktur für Flüssiggas“, und fordert: „Der Fokus muss jetzt auf dem Ausbau der erneuerbaren Energien liegen. Die Bundesländer müssen neue Flächen für die Windkraft ausweisen, zusätzliche Ressourcen für die Behörden und den Rahmen für effiziente Genehmigungsverfahren schaffen“, so Moidl: „Auf Bundesebene ist dies auch in der geplanten Novelle des UVP-Gesetzes zu berücksichtigen.“
Handlungsbedarf der Bundesländer
1. Windkraft ist wirksamer Beitrag zur Lösung der Energiekrise
Österreich verfügt trotz seiner Binnenlage, auch im europäischen Vergleich, über hervorragende
Windverhältnisse. Windräder sind ein wirksamer Beitrag zur Lösung der Klima- und Gaskrise. Sie können
rasch umgesetzt und in Betrieb genommen werden, sodass ein Ausstieg aus fossiler Energie und die
Unabhängigkeit von Energieimporten zeitnah möglich ist. Die Windenergie kann dafür einen entscheidenden
Anteil liefern.
Für den weiteren Ausbau der Windkraft sind die Rahmenbedingungen in den einzelnen Bundesländern
entscheidend, da die Genehmigung und Realisierung der Windparks in den Bundesländern passiert und dafür etwa
die Raumordnungs- und Naturschutzgesetze der Länder sowie eine adäquate Ausstattung der
Landesbehörden wesentlich sind.
Der Windkraftausbau stockt derzeit in allen Bundesländern, deshalb bedarf es folgender Maßnahmen:
2. Klares Bekenntnis der Landespolitik
Die Landesregierungen müssen sich klar zum Klimaschutz, zur Klimaneutralität bis 2040, zu 100 % erneuerbare
Energien am Stromverbrauch 2030 und zum Ausbau der Windkraft bekennen. Die Landeshauptleute müssen
deutlich kommunizieren, dass sie umgehend den verstärkten Ausbau von Windkraft als wirksamen Beitrag zur
Lösung der Klima- und Gaskrise voranbringen möchten.
3. Verschränkung der Verantwortlichkeit von Bund und Ländern
Die Klima- und Energieziele können nur regional erreicht werden. Die Länder müssen daher ihren Möglichkeiten
und Potentialen entsprechend Verantwortung für die Erreichung der Klima- und Energieziele übernehmen, indem
klare Ziele für Strommengen und Flächen festgelegt werden. In einer Bund-Länder-Vereinbarung gem. Art. 15a B-
VG sollen der konkrete Beitrag der Länder sowie die Umsetzungsdetails geregelt werden. Alle Möglichkeiten zur
besseren Zusammenarbeit sollen genutzt werden, die sich im Rahmen von EAG und Klimaschutzgesetz bieten.
4. Flächenausweisung im Rahmen der Raumordnung
Die rasche Ausweisung geeigneter Flächen durch die Raumordnung auf Landesebene ist zentral. Nach der
Ausweisung von Flächen auf Landesebene soll kein eigenes Widmungsverfahren auf Gemeindeebene mehr
erforderlich sein, sondern eine Zustimmung der Gemeinde zum Projekt ausreichen.
Doppelprüfungen im Verfahren sind zu vermeiden (etwa beim Landschaftsbild). Der strenge Schutz des
Landschaftsbilds ist ein österreichisches Phänomen und europarechtlich nicht vorgegeben. Durch die Abschaffung
der doppelten Prüfung kann hier eine Verbesserung der Rahmenbedingungen erzielt werden.
5. Beschleunigung der Genehmigungsverfahren
Windkraftanlagen werden in Genehmigungsverfahren einer detaillierten Einzelfallprüfung unterzogen. Die
österreichischen Bestimmungen zu Schall, Schattenwurf und sonstigen Auswirkungen gehören zu den strengsten
weltweit. Rechtliche Überprüfungen von Projekten in Genehmigungsverfahren sind ein wichtiger Bestanteil des
österreichischen Rechts, es müssen jedoch redundante Verfahrensschritte beseitigt werden. So werden
Windkraftprojekte teilweise bis zu drei Mal hinsichtlich des Landschaftsbildes geprüft (SUP in überörtlicher
Raumplanung, SUP in örtlicher Raumplanung, UVP).
Eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren ohne Abstriche bei der Qualität ist durch folgende
Maßnahmen zu erreichen:
- Schaffung eines Behördenapparats, der dem Ausmaß der Verfahren angemessen ist (Jurist*innen und
Amtssachverständige), evtl. Entlastung der Behörden durch externe Projektteams.
- Maßnahmen zur Straffung von Verwaltungsverfahren (z. B. Vermeidung von Doppelprüfungen,
Kundmachungsvorschriften, Digitale Plattform für Kundmachungen, Einschränkung der Möglichkeiten für
Einspruchswerber*innen, Neuerungen vorbringen zu können, etc.).
- Bessere Strukturierung des Verfahrens durch Fristen für Stellungnahmen, Einwendungen, etc.
- Vereinfachung der Antragsunterlagen und Reduktion der Änderungsverfahren etwa durch Genehmigung einer
typologisierten Anlagenkonfiguration (Rahmeneinreichung oder Hülleneinreichung)
- Verschlankung der notwendigen Projektunterlagen und Studien durch projektübergreifende Forschung
unabhängig von Einzelprozessen.
6. Naturschutz und Artenschutz
Ein neues, ganzheitliches Bild von Naturschutz muss entwickelt werden, dass der Tatsache Rechnung trägt, dass
klimaschonende erneuerbare Energien ein unverzichtbarer Beitrag zum Naturschutz sind. Der Beitrag der
Windkraft zum Klimaschutz ist bei naturschutzfachlichen Fragestellungen zu berücksichtigen. Weiters ist
Bedacht darauf zu nehmen, dass nicht der Schutz des einzelnen Individuums mit pauschalen Grenzwerten, sondern
die konkrete Auswirkung auf die Art, insbesondere auch auf die Populationsentwicklung im Vordergrund
steht. Die Schaffung einheitlicher Vorgaben und Bewertungsmethoden bei der Artenschutzprüfung sollte rasch
vorangetrieben werden und die Möglichkeiten für Interessenabwägungen in den Naturschutzgesetzen verankert
werden.
7. Rechtliche Rahmenbedingungen vereinheitlichen
Unterschiedliche Rahmenbedingungen in unterschiedlichen Bundesländern erschweren die Planung von
erneuerbaren Energieprojekten. Eine Vereinheitlichung bzw. Angleichung der Bedingungen würde eine
deutliche Vereinfachung sowohl für Projektwerber*innen als auch für Behörden und Sachverständige bedeuten