Sparschwein Mietpreisbremse
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Mietpreisstopp in Österreich: Ein Schritt zur Entlastung oder Gefahr für den Wohnungsmarkt?

Die neue Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS hat beschlossen, die für 2025 vorgesehene Mietpreisanpassung für geregelte Mietverhältnisse auszusetzen. Damit bleiben die Mietpreise für Altbau-, Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen vorerst stabil.

Laut Regierungsvertretern dient diese Maßnahme der Inflationsdämpfung und der Entlastung von Mieter:innen. Staatssekretärin Michaela Schmidt erklärte, dass der Stopp für das Jahr 2025 eine Ersparnis von insgesamt 138 Millionen Euro bringen werde und die Inflation um 0,2 Prozentpunkte senken könne.

Eine Einbeziehung des freien Wohnungsmarktes wird bereits geprüft. Ziel ist es, durch einen gesetzlichen Index für alle Wohnmietverhältnisse langfristige Rechtssicherheit zu schaffen.

Kritik von Agenda Austria und dem ÖHGB: Gefahr für Investitionen und Neubauten

Agenda Austria warnt vor gravierenden Folgen dieses Eingriffs. Laut Ökonom Jan Kluge könnte der Mietpreisstopp langfristig dazu führen, dass Investitionen in den Wohnbau massiv zurückgehen. Bereits jetzt sind die Baubewilligungen stark rückläufig, und die Unsicherheit durch politische Eingriffe könnte den Markt weiter destabilisieren.

Besonders das freie Segment des Wohnungsmarktes, das in den letzten Jahren trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen stabil geblieben sei, könnte durch eine Mietpreisdeckelung stark beeinträchtigt werden. Investoren und Bauunternehmen kalkulieren langfristig, und jede regulatorische Unsicherheit führt dazu, dass Projekte zurückgestellt oder gar nicht erst gestartet werden.

"Wie auch immer eine Mietpreisbremse für freie Mieten am Ende aussehen würde: Die Amortisationsdauern von Wohnbauprojekten würden sich verlängern oder gar vollends unkalkulierbar", so Kluge. Das würde letztlich dazu führen, dass weniger neuer Wohnraum geschaffen wird – mit negativen Folgen für Wohnungssuchende in Österreich.

Auch der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) schließt sich dieser Kritik an. Der neue Regierungsstil, der ohne Begutachtung oder Konsultation der Betroffenen agiere, sei bedenklich. Laut ÖHGB-Präsident RA Dr. Martin Prunbauer bedeutet der Mietpreisstopp nichts anderes als eine einseitige Umverteilung zulasten der Vermieter, die für 140 Millionen Euro an Ersparnissen der Mieter aufkommen müssen.

Prunbauer warnt, dass diese Maßnahme nicht nur den Bestand an Wohnraum gefährde, sondern jegliche Neubautätigkeit lahmlegen werde, da Investoren in einem derart unsicheren Marktumfeld nicht mehr in den Wohnbau investieren würden. Während die Mietpreise gedeckelt werden, erhöhe die Stadt Wien gleichzeitig die Gebühren für Wasser, Abwasser und Müll, was eine steigende Kostenbelastung für Eigentümer bedeute. Zudem seien laut Statistik Austria nicht die Mieten die wahren Kostentreiber, sondern vielmehr die Betriebskosten und Energiepreise.

Mietpreisstopp als soziale Entlastung

Die Befürworter des Mietpreisstopps sehen darin eine notwendige Maßnahme zur Bekämpfung der Wohnkostenkrise. SPÖ-Vorsitzender und Vizekanzler Andreas Babler betonte, dass leistbares Wohnen eines der zentralen Themen der Regierung sei. "Der Mietpreis-Stopp macht Wohnen wieder leistbar", erklärte Babler in einer Rede im Bundesrat. Gerade in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten sei es wichtig, breite Schultern mehr tragen zu lassen, um soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten.

Die Regierung argumentiert, dass der Immobilienmarkt in den letzten Jahren stark von Spekulation geprägt war und dass hohe Renditen für Vermieter zulasten der Mieter:innen gingen. Daher sei es gerechtfertigt, regulatorisch einzugreifen, um exzessive Preissteigerungen zu verhindern.

Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt: Ein Balanceakt

Die Diskussion zeigt, dass der Mietpreisstopp sowohl Chancen als auch Risiken birgt.

Mögliche Vorteile:

Kurzfristige finanzielle Entlastung für Mieter:innen

Mögliche dämpfende Wirkung auf die Inflation

Stabilisierung der Wohnkosten in wirtschaftlich unsicheren Zeiten

Mögliche Nachteile:

Rückgang von Investitionen in den Wohnbau

Sinkende Anreize für Renovierungen und Modernisierungen

Risiko einer Verknappung des Wohnungsangebots auf lange Sicht

Es bleibt abzuwarten, welche langfristigen Auswirkungen der Mietpreisstopp auf den österreichischen Wohnungsmarkt haben wird. Während Mieter:innen kurzfristig profitieren, könnte die Angebotsseite des Marktes unter Druck geraten. Entscheidend wird sein, ob es der Regierung gelingt, einen ausgewogenen Rahmen zu schaffen, der sowohl soziale Gerechtigkeit als auch Investitionsanreize berücksichtigt.