Sabine Müller-Hofstetter im Interview mit Aidan Mercer, Director Marketing bei buildingSMART International, und Prof. Dr. Christian Schranz, Experte für digitale Bauprozesse an der TU Wien sowie Vorstandsmitglied von buildingSMART Austria
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OpenBIM

Im Rahmen des BIM Globe Events diskutierte a3BAU-Chefredakteurin Sabine Müller-Hofstetter mit den Experten Aidan Mercer, Director Marketing bei buildingSMART International, und Prof. Dr. Christian Schranz, Experte für digitale Bauprozesse an der TU Wien sowie Vorstandsmitglied von buildingSMART Austria. Im Gespräch ging es unter anderem um die Interoperabilität digitaler Bauwerksmodelle, die Notwendigkeit qualitativ hochwertiger Standards und die Rolle von Vorschriften und Marktmechanismen.

Die Einführung von Building Information Modeling (BIM) ist eine der größten Herausforderungen und zugleich eine der vielversprechendsten Entwicklungen in der Baubranche. Während einige Länder bereits weitreichende Standards und gesetzliche Vorgaben etabliert haben, setzt Österreich bisher vor allem auf freiwillige Initiativen. Doch wie kann eine stärkere Standardisierung die digitale Transformation des Bauwesens vorantreiben? Welche Lehren lassen sich aus anderen Ländern ziehen? Und welche Rolle spielt openBIM in diesem Prozess? Im Rahmen des BIM Globe Events diskutierte a3BAU-Chefredakteurin Sabine Müller-Hofstetter mit zwei Experten über diese Fragen: Aidan Mercer, Director Marketing bei buildingSMART International, und Prof. Dr. Christian Schranz, Experte für digitale Bauprozesse an der TU Wien sowie Vorstandsmitglied von buildingSMART Austria. Im Gespräch ging es unter anderem um die Interoperabilität digitaler Bauwerksmodelle, die Notwendigkeit qualitativ hochwertiger Standards und die Rolle von Vorschriften und Marktmechanismen.

a3BAU: Ich möchte über die Herausforderungen bei der Einführung von BIM-Standards in Österreich sprechen und diese mit anderen europäischen Ländern vergleichen. Aber lassen Sie mich mit einer Einstiegsfrage beginnen: Was sind Ihre Erwartungen an den BIM Globe Event heute?

Aidan Mercer: Es ist eine große Freude, hier in Österreich zu sein und an meinem ersten „BIM Globe“ teilzunehmen. In gewisser Weise bin ich mir nicht sicher, was mich erwartet, da ich noch nie zuvor daran teilgenommen habe. Allerdings habe ich sehr viel Positives gehört und freue mich daher darauf, Vertreter der österreichischen Baubranche kennenzulernen. Ich denke, das ist wirklich wichtig, wenn wir über Standards sprechen – es ist entscheidend, dass wir die gesamte Wertschöpfungskette vertreten haben, von Auftragnehmern über Berater, Anbieter von Bausoftware, Bauherren und Eigentümer – ich erwarte hier in Österreich eine intensive Diskussion über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Zudem freue ich mich darauf, mehr über die Entwicklungen rund um die berufliche Zertifizierung in Österreich zu erfahren. Denn Österreich ist in diesem Bereich ein Vorreiter und hat viele Inhalte für Praktiker vorangetrieben. Ein weiteres Thema, über das ich mehr lernen möchte, ist, wie man lokale Standardisierungsbemühungen auf eine internationale Ebene heben kann. Denn ich leite derzeit eine Initiative, die versucht zu verstehen, wie lokale Standards auf internationalen Plattformen übertragen werden können, um ein globales Bild von „buildingSMART“ zu bekommen.

Die Hauptaufgabe von „buildingSMART“ ist die Förderung offener Standards und interoperabler Lösungen für die Bauindustrie. Was sind die größten Herausforderungen für eine globale Interoperabilität im Bausektor?

Mercer: Das ist eine sehr gute Frage. Interoperabilität ist ein wirklich interessantes Konzept, denn es war der Grundstein für „buildingSMART“ im Jahr 1994. Wenn man sich digitale Technologien heute, 20 Jahre später, ansieht, stellen wir fest, dass wir immer noch mit denselben Problemen kämpfen. Interoperabilität bedeutet Datenaustausch. Heute entwickelt sich das weiter, weil mehr Technologie verfügbar ist. Aber die fundamentale Frage bleibt: Wie können Daten in den verschiedenen Projektphasen übergeben werden? Wie trifft man bessere Entscheidungen für eine Immobilie?

Also immer noch dieselben Probleme?

Mercer: Ja, genau. Das liegt vor allem daran, dass die Bauindustrie sehr fragmentiert ist. Dadurch gibt es isolierte Silos von Fachleuten, die in ihren Disziplinen gute Arbeit leisten. Doch dann gibt es andere Disziplinen und Projektanforderungen. Wenn ein Projekt schließlich an den Facility Manager übergeben wird, gibt es oft eine Diskontinuität – der Informationsfluss funktioniert nicht so, wie er sollte. Und das ist in jedem Land der Welt heute das gleiche Problem.

Gibt es Unterschiede zwischen Österreich und anderen Ländern? In manchen Ländern ist BIM stärker in spezifische Branchen unterteilt, während das in Österreich weniger der Fall ist.

Mercer: Ja, es gibt Unterschiede in jedem Markt. Das hängt oft mit einem „Top-Down-Ansatz“ zusammen. Wenn ich zum Beispiel das Vereinigte Königreich betrachte, gab es viele Initiativen zur Einführung verschiedener BIM-Stufen – vor etwa 15 bis 20 Jahren begannen sie mit BIM-Level 1, 2 und 3. Diese Top-Down-Vorgehensweise hat dazu geführt, dass die gesamte Branche in eine gemeinsame Richtung gelenkt wurde. Dann gibt es Länder wie Singapur, die ebenfalls einen Top-Down-Ansatz verfolgen oder Finnland, indem sie z. B. gesetzlich vorschreiben, dass Bauanträge in offenen Standards eingereicht werden müssen. In Ländern ohne solche Vorgaben liegt es hingegen an den Unternehmen, Regierungen oder Organisationen selbst, zu erkennen, dass offene Standards vorteilhaft sind und diese freiwillig zu nutzen. Bezüglich Ihrer vorherigen Frage zur Interoperabilität – mein Vortrag heute behandelt genau dieses Thema: Wie machen wir Standards heute nutzbarer? Denn in meiner Arbeit für eine Standardisierungsorganisation sehe ich, dass Standards einfacher zu übernehmen und anzuwenden sein müssen. Sie müssen auch eine gewisse Qualität bieten. Wenn man ein Modell erstellt, das auf offenen Standards basiert, muss es eine hohe Qualität haben. Fehler in diesen Modellen sind problematisch, da sie letztendlich wieder zu mangelnder Interoperabilität führen. Wenn Standards zu minderwertigen Informationen führen, werden sie in der Praxis nicht verwendet. Daher konzentrieren wir uns stark darauf, die Qualität dieser Daten sicherzustellen und gleichzeitig die Anwendung der Standards zu erleichtern.

Glauben Sie, dass eine breitere Einführung von BIM nur durch Vorschriften und Vorgaben, wie sie für öffentliche Projekte gelten, erreicht werden kann? In Österreich basiert die Nutzung ja auf Freiwilligkeit.

Mercer: Nicht ausschließlich. Vorschriften beschleunigen die Einführung, aber es gibt auch andere Faktoren. Ein gutes Beispiel ist die SBB in der Schweiz. Sie haben vorgegeben, dass offene Standards für alle zukünftigen Projekte verwendet werden müssen. Als ich mit einigen ihrer Auftragnehmer und Berater gesprochen habe, sagten sie, dass diese Vorgabe ihnen endlich einen Grund gibt, sich in unseren Programmen zertifizieren zu lassen, IFC und IDS zu nutzen – und dass sie das wirklich schätzen. Was wir auch beobachten, ist, dass Unternehmen zunehmend unzufrieden mit der bisherigen Praxis in der Branche sind. In proprietären Formaten gefangen zu sein, ist für niemanden angenehm. Unternehmen wollen Optionen haben. Sie möchten sicher sein, dass es einen Standard gibt, der für immer offenbleiben wird. Es gibt einen Grund, warum mehrere Standards parallel existieren – es geht um Wahlmöglichkeiten. Wenn jemand IFC 2X3 verwenden möchte, das wir vor 10 oder 15 Jahren entwickelt haben, ist das vollkommen in Ordnung. Wenn man hingegen neuere Standards bevorzugt, ist auch das möglich. Wir sehen zunehmend, dass Nutzer die Vorteile offener Standards erkennen. Wenn wir hochwertige Standards mit guter Qualität bereitstellen, braucht es keine verpflichtende Vorschrift – die Unternehmen entscheiden sich freiwillig dafür, weil sie den Mehrwert sehen. Allerdings funktionieren gesetzliche Vorgaben nicht immer perfekt. Ein Beispiel ist die USA: Dort wurde 2019 beschlossen, dass alle zukünftigen Infrastrukturprojekte in einem offenen Format erstellt werden sollen. Sechs Jahre später ist jedoch noch immer unklar, wie genau das umgesetzt wird. Die Vorschrift existiert, aber es fehlt an konkreter Umsetzung.

Vielleicht ist eine Vorschrift also nicht die einzige Lösung?

Mercer: Ja, vielleicht wurde dort einfach nicht genug Vorarbeit geleistet. Es muss immer auch eine gewisse Glaubwürdigkeit hinter einer Vorschrift stehen.

In Österreich gibt es Unternehmen, die mit closedBIM gute Erfahrungen gemacht haben. Was würden Sie diesen Unternehmen sagen, um sie von openBIM zu überzeugen?

Mercer: Das ist eine gute Frage. In gewisser Weise sollten wir aufhören, zwischen „closedBIM“ und „openBIM“ zu unterscheiden. Es gibt sehr gute proprietäre Softwarelösungen, die hervorragende Leistungen in bestimmten Disziplinen bieten – sei es für Tragwerksplanung oder Modellierung. Wir möchten aber, dass Anbieter ihre Lösungen so gestalten, dass sie auch mit offenen Formaten kompatibel sind. Das bedeutet nicht, dass proprietäre Formate verschwinden müssen – es geht darum, dass die Nutzer die Wahl haben. Ein gutes proprietäres Tool sollte auch in der Lage sein, qualitativ hochwertige Exporte in offenen Standards zu ermöglichen, sodass die Daten zwischen verschiedenen Softwarelösungen ausgetauscht werden können. Es geht nicht darum, proprietäre Software abzuschaffen – sondern darum, geschlossene Systeme so weit zu öffnen, dass sie eine freie Wahl für die Nutzer ermöglichen. Open BIM bedeutet nicht, dass alles öffentlich oder unsicher sein muss – es geht um Interoperabilität und Entscheidungsfreiheit für die Nutzer. Wenn eine Softwarelösung wirklich gut ist, gibt es keinen Grund, sie nicht zu nutzen – aber sie sollte auch offen genug sein, um Daten mit anderen Systemen auszutauschen.

Das führt mich zu einer weiteren Frage: Was sind die größten Missverständnisse über openBIM?

Mercer: Ein häufiges Missverständnis ist, dass openBIM nur eine Technologie ist. Tatsächlich ist es viel mehr als das – es ist ein Prozess, eine Sammlung von Standards und Dienstleistungen. Hinter openBIM stecken Jahre harter Arbeit von Menschen, die diese Standards entwickelt haben. Das wird oft übersehen. Ein weiteres Missverständnis ist, dass es in der Community Akteure mit Eigeninteressen gibt, die gegen Open BIM arbeiten. Tatsächlich sehe ich das nicht so. Die meisten Akteure haben ein gemeinsames Ziel – es gibt lediglich unterschiedliche Meinungen darüber, wie dieses Ziel erreicht werden sollte. Ein weiteres Problem ist, dass in der Vergangenheit zu hohe Erwartungen geweckt wurden. Manche versprachen, dass openBIM alle Probleme sofort lösen würde. Das war nicht realistisch.

Christian Schranz: Wenn ich was ergänzen darf: Ein häufiges Missverständnis ist, dass oft behauptet wird: „IFC kann das nicht“ oder „openBIM kann das nicht.“ Wir haben das untersucht und z.B. in einer Diplomarbeit eine statische Analyse durchgeführt, bei der die Ergebnisse problemlos in IFC überführt wurden. Ich denke, manchmal empfinden Menschen den Umgang mit openBIM als zu komplizierter als es ist. Außerdem, wie Sie bereits erwähnt haben, haben in der Vergangenheit manche Konsulenten zu viel versprochen, was dann nicht eingehalten werden konnte.

Niedrigere Baukosten, problemloses Zusammenarbeiten. Ich denke, das ist der Punkt – die überhöhten Erwartungen. Nun schreitet die Entwicklung nicht so schnell voran, wie anfangs versprochen wurde …

Mercer: Ich weiß nicht, wer was versprochen hat, aber es ist gefährlich, im Bauwesen Dinge zu versprechen, die nicht realistisch sind. Wir sind keine große Firma mit unbegrenztem Kapital, die einfach neue Geschäftsbereiche aufbauen kann, wenn das Management das beschließt. Wir sind auf die Unterstützung der Community angewiesen. Das macht openBIM so stark, aber es erschwert auch die Umsetzung von Versprechen. Es gibt Prozesse, die durchlaufen werden müssen, und internationale Gremien, die Standards genehmigen müssen. Deshalb kann man nicht einfach garantieren, dass etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt passiert. Ein weiteres Missverständnis, das mir einfällt – Christian hat mich daran erinnert –, betrifft die Benutzerfreundlichkeit. Viele Menschen haben Angst vor openBIM, weil in unserer Branche so viele Abkürzungen verwendet werden. Ich nenne das das AOS-Syndrom – Acronym Overload Syndrome. Wir haben IFC, BCF, IDS, MVD, und viele weitere Abkürzungen. Das schreckt Menschen ab, weil sie das Gefühl haben, dass sie all das verstehen müssen, bevor sie openBIM nutzen können. Das ist aber nicht der Fall. Tatsächlich kann es jeder tun. Ich erkläre Ihnen, warum: Es gibt einen neuen Standard namens „IDS – Information Delivery Specification“. Es handelt sich dabei um ein maschinenlesbares Format, mit dem Sie eine Liste von Anforderungen erstellen können. Sie müssen nicht einmal wissen, was genau erforderlich ist – das System führt Sie durch den Prozess. Man kann eine Liste erstellen, die dann an andere im Projekt weitergegeben wird. Und das Beste: Es gibt bereits kostenlose Online-Tools, mit denen Sie das tun können, ohne tiefgehende technische Kenntnisse zu haben. Ich bin kein technischer Experte, aber ich habe eine IDS erstellt – und wenn ich das kann, kann es jeder. Man muss sich nur ein 30-minütiges Tutorial ansehen, ein paar Schritte befolgen, ein paar Zeilen Code eingeben, und schon kann man eine IDS-Datei erzeugen. Deshalb sage ich: Die Einstiegshürde ist heute viel niedriger als früher.

Das bringt uns zum BIMcert Handbuch, Herr Schranz, eine Erfolgsgeschichte …

Schranz:  Ja, genau. buildingSMART bietet mit dem Professional Certification-Programm einen international vergleichbaren Qualitätsstandard für die Zertifizierung des openBIM-Wissens. BIMcert beinhaltet diese BIM-Ausbildung für Österreich. Die Practitioner-Ausbildung konzentriert sich auf die Themengebiete der openBIM-Koordination und des openBIM-Management. Dieses Buch widmet sich der funktionalen Ausbildung von openBIM und beschreibt alle zugehörigen Themengebiete. Dies bildet die Grundlage für die Foundation-Ausbildung. Die theoretisch Interessierten sowie die BIM-Practitioner erhalten damit eine kompakte und tiefergehende Auseinandersetzung mit den openBIM-Standards, wie z.B. IFC, IDS etc.

Mercer: Ja, ich werde das später in meinem Vortrag erwähnen. Ich kann nur sagen: Dieses Handbuch hat zur Entwicklung des internationalen Programms beigetragen. Die Qualität ist herausragend, und wir haben nur positive Rückmeldungen dazu. Es hat außerdem das Practitioner-Modul im internationalen Schulungsprogramm angestoßen – eine wichtige Ergänzung für den globalen Markt. Denn es ist extrem schwierig, ein Schulungsmodul zu erstellen, das in jedem Land funktioniert. Was in Österreich als BIM-Koordinator bezeichnet wird, kann in Japan eine völlig andere Bedeutung haben. Daher war Österreichs Arbeit mit dem BIMcert Handbuch eine wertvolle Orientierungshilfe für die Weiterentwicklung des internationalen Programms. Ich kann nur Gutes darüber sagen.

Gibt es Ihrer Meinung nach ein Problem aufgrund der KMU-Struktur in Österreich? Viele davon können sich die Kosten für die Implementierung von BIM nicht leisten.

Mercer: Das ist sicherlich eine Herausforderung. Aber mit Open-Source-Software und offenen Technologien werden die Einstiegskosten immer niedriger. Wir sehen das auch mit dem neuen Standard "IFC 5", der derzeit entwickelt wird. Ich denke, in Zukunft werden Standards einfacher und günstiger zu implementieren sein. Kleine Unternehmen sollten also nicht mehr mit hohen Lizenzkosten belastet werden. Es wird viele kostenlose Beispiele geben, die man heute bereits nutzen kann, sowie Versionen, die spezifische Aufgaben ermöglichen. Das ist ein Wandel gegenüber der traditionellen Vorgehensweise. Letztendlich wird dadurch die Einstiegshürde für Unternehmen gesenkt. Natürlich gibt es immer auch Premium-Versionen, für die man zahlen kann, aber die Art und Weise, wie sich die Branche entwickelt, wird insgesamt die Kosten für kleine Unternehmen reduzieren. Ob das konkret Auswirkungen auf Österreich hat, da bin ich mir nicht sicher, dafür kenne ich den Markt zu wenig, aber ich kann mir vorstellen, dass es einen Einfluss haben wird.

Darf ich die Frage an Sie weitergeben, Herr Schranz? Was denken Sie darüber?

Schranz: [CSc1] Meine Erfahrung ist, dass einige Architekturbüros in Niederösterreich an Schulungen teilgenommen haben und dann komplett auf BIM und openBIM umgestiegen sind – selbst wenn der Auftraggeber es nicht ausdrücklich verlangte oder benötigte. Dadurch hat sich die interne Kommunikation im Büro verbessert, ebenso wie die Arbeitsweise. Es war also eine Umstellung, die durch Schulungen unterstützt wurde, beispielsweise in Niederösterreich durch ecoplus, die v.a. KMUs fördert. Viele Büros nutzen bereits Software, die BIM-fähig ist – ArchiCAD, Revit, Nemetschek Allplan usw. Sie könnten also problemlos openBIM nutzen. Es geht weniger darum, immer den offenen Standard zu verwenden, sondern vielmehr auch um die Art der Arbeitsprozesse: Wie kommuniziert man mit anderen? Wie nutzt man eine gemeinsame Datenumgebung? Wie überprüft man Modelle? Es geht also um mehr als nur die Nutzung von IFC – es ist eine Frage der Arbeitsweise.

Es ist auch eine Frage der Denkweise, oder?

Schranz: Ja, ich denke, es ist eine kleine Veränderung in der Denkweise, im Zugang.. Oft braucht es einfach ein Projekt oder einen Anlass, um damit zu starten. Ein gutes Beispiel ist das digitale openBIM-Baugenehmigungsverfahren in Wien – BRISE-Vienna.

Sie meinen das von der Stadt Wien eingeführte System für digitale Baugenehmigungen?

Schranz: Genau. Wir hatten 13 Projekte von Architekturbüros, die daran teilgenommen haben. Am Ende konnten sie nachweisen, dass sie die geforderten Standards für digitale openBIM-Bauantragsmodelle einhalten. Dies war ein Qualitätszeichen für diese Büros. Die Einhaltung dieser Standards an das Bauantragsmodell führt zu einer Qualitätssteigerung, von der der ganze Projektablauf profitiert.

Das heißt, wenn ein Unternehmen einmal Erfahrung mit einem BIM-Projekt gemacht hat, ist es offener für weitere?

Schranz: Ja, das hilft definitiv bei der Umstellung.

Mercer: Das hängt aber auch vom Auftraggeber ab. Wenn ein kleines Unternehmen beauftragt wird, ein Projekt in einem bestimmten Format zu liefern, wird es sich an den Vertrag halten. Es gibt viele Unternehmen, die sich für offene Standards interessieren. Aber wenn der Auftraggeber ein bestimmtes Format verlangt, dann wird das geliefert. Wir sehen oft, dass Unternehmen zwei Versionen ihres Modells erstellen: eine in IFC, um eine offene Datei zu haben, und eine im proprietären Format, das der Auftraggeber verlangt. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass IFC-Modelle die gleiche Qualität wie proprietäre Modelle haben. Wenn das IFC-Modell qualitativ minderwertiger ist, verstehe ich, warum Unternehmen lieber das bessere Modell liefern. Unser Ziel ist es, die Qualität der offenen Standards zu verbessern, sodass Unternehmen tatsächlich die Wahl haben. Egal ob ArchiCAD, Revit oder Nemetschek – es sollte möglich sein, problemlos zwischen Formaten zu wechseln, ohne dabei Qualitätsverluste zu erleiden. Letztendlich geht es um Qualität und darum, Unternehmen das notwendige Wissen zu vermitteln.

Eines der Missverständnisse bei der Einführung von BIM war, dass der Auftraggeber extra für BIM zahlen sollte. Aber das hat sich als falsch herausgestellt – kein Auftraggeber will mehr für ein Projekt zahlen, nur weil es mit BIM erstellt wurde.

Mercer: Meiner Meinung nach sollten Auftraggeber für hochwertige Informationen zahlen. Ob man es BIM nennt oder nicht, ist egal – aber eine hochwertige digitale Dokumentation eines Bauwerks hat einen echten Wert. Wenn man durch präzise digitale Daten ein Gebäude besser verwalten oder sogar Schäden verhindern kann, ist das eine Investition, die sich auszahlt. Oder ob man es einfach gutes Informationsmanagement nennt – das ist ein anderes Thema. Aber man kann sich durchaus vorstellen, dass in Zukunft für die Qualität der Daten über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie bezahlt wird. Nehmen wir zum Beispiel ein Gebäude: Wenn heute, im Jahr 2025, Daten erstellt werden, könnten diese auch 2040 noch genutzt und abgefragt werden. Es gibt keinen Grund, warum man kein Interesse daran haben sollte, qualitativ hochwertige Informationen bereitzustellen, denn diese Daten werden über lange Zeit benötigt, um die Immobilie effizient zu verwalten. Die Frage ist also nicht nur, ob man für zusätzliche Informationen bezahlt, sondern auch, welche Geschäftsmodelle dafür heute bereits existieren.

Sie meinen also für das Gebäudemanagement?

Ja. Und auch für die Frage: Wer nutzt die Daten? Ob man es nun BIM nennt oder nicht – wenn ich als Architekt oder Ingenieur digitale Daten erstelle, dann enthalten diese Informationen über die Nutzung und Anforderungen des Gebäudes. Wenn ich mit diesen Daten verhindern kann, dass ein Gebäude oder eine Brücke einstürzt, indem ich kritische Schwachstellen frühzeitig identifiziere, dann hat das für den Bauherren einen realen Wert.

Und das ist ein entscheidender Vorteil für denjenigen, der das Gebäude verwalten muss.

Ob es nun darum geht, für Software zu zahlen? Nun ja, ich denke, Menschen sollten für Software zahlen, wenn sie ihnen hilft, ihre Arbeit zu erledigen.

Aber viele sind es nicht gewohnt, dafür zu bezahlen.

Schranz: Stimmt. Wenn ich an das Ende der 80er- und den Beginn der 90er-Jahre denke: Damals war ich auf einer HTL, als der Übergang von manuellen Zeichnungen zu CAD-Zeichnungen stattfand. Damals bezahlte der Auftraggeber auch nicht extra für eine Planung mit CAD – es wurde einfach genutzt und hat sich durchgesetzt.

Es wurde zum Standard, und heute denkt niemand mehr darüber nach.

Schranz: Genau. Dann begann man, in 3D mit CAD-Software zu arbeiten, und der nächste Schritt war BIM. Die Erwartungshaltung, dass der Auftraggeber für ein digitales Modell extra zahlt, wurde oft nicht erfüllt. Ich denke, dass sich das langsam ändert. Auftraggeber beginnen zu erkennen, dass ein Asset-Informationsmodell (AIM) für das Facility Management einen echten Mehrwert darstellt. Aber das braucht Zeit. Ich habe mit Architekturbüros gesprochen, die sagten: „Wir haben viel in BIM investiert, aber die Auftraggeber zahlen uns dafür nicht extra.“ Deshalb empfehle ich: Man sollte sich vorher mit dem Auftraggeber abstimmen. Welche BIM-Leistungen braucht er wirklich? Nicht jeder Auftraggeber benötigt ein BIM-Modell mit sehr vielen Daten. Diese Kommunikation ist entscheidend. Wenn man mit dem Auftraggeber klärt, welche Daten er benötigt, kann man das BIM-Modell entsprechend erstellen. Das hilft nicht nur dem Architekten, sondern verbessert auch die Planung, ermöglicht Simulationen und kann sogar den Genehmigungsprozess erleichtern. Ich denke, es gibt verschiedene Stufen in der BIM-Nutzung. Auftraggeber beginnen langsam, den Wert von Asset-Informationsmodellen zu erkennen – auch wenn es noch dauert.

Mercer: Ja, genau. Das beschreibt sehr gut, worauf ich hinauswollte. Die Menschen werden sich zunehmend bewusst, dass sie in Zukunft digitale Gebäudedaten benötigen. BIM ist ein Mittel, um das zu ermöglichen – es bedeutet einen Wandel für die Branche. Letztendlich geht es darum, digitale Informationen strukturiert an den Auftraggeber zu übergeben – vorausgesetzt, der Auftraggeber weiß, was er braucht. Manchmal wissen Auftraggeber nicht genau, welche Daten sie benötigen. Aber sie nehmen die BIM-Daten trotzdem, weil sie ahnen, dass sie diese später noch brauchen werden. Und auch wenn sie nicht alle Informationen verstehen, gibt es in ihrem Unternehmen sicherlich jemanden, der mit diesen Daten arbeiten kann. Je mehr relevante Daten ein BIM-Projekt liefert, desto sicherer fühlt sich der Auftraggeber, weil er sein Gebäude in Zukunft effizient verwalten kann.

Wie können österreichische Unternehmen von buildingSmart profitieren?

Mercer: Es gibt mehrere Möglichkeiten. Wir veröffentlichen viele Best-Practice-Beispiele unserer buildingSMART-Awards. Dort können sich Unternehmen inspirieren lassen. Außerdem gibt es viele kostenlose Open-Source-Tools. Der Zugang zu Wissen und Erfahrungsaustausch ist ein zentraler Punkt von buildingSMART. Wie bereits erwähnt, haben wir heute bereits kostenlose und frei verfügbare Werkzeuge. Es gibt nichts, was jemanden davon abhält, sich heute, morgen oder nächste Woche mit diesen Tools auseinanderzusetzen. Dazu gehören zum Beispiel das „buildingSMART Data Dictionary (bSDD)“ und das neue Validierungsservice. Wenn Sie mit IFC-Modellen arbeiten, können Sie unser kostenloses Online-Tool nutzen, um Ihr Modell zu validieren. Laden Sie einfach ein Modell hoch und prüfen Sie, ob es gültig ist – diese Möglichkeit steht bereits zur Verfügung. Ich ermutige daher jeden, diese Werkzeuge auszuprobieren. Besuchen Sie unsere Website, wir haben alle diese Tools dort veröffentlicht und leicht zugänglich gemacht. Außerdem empfehle ich, an Veranstaltungen wie BIM Globe teilzunehmen, um Leute zu treffen, sich zu vernetzen und Kompetenzen aufzubauen. buildingSMART basiert auf der Idee einer Community, in der sich Fachleute austauschen, voneinander lernen und zusammenarbeiten. Fragen Sie andere Unternehmen, wie sie es machen. Schauen Sie sich Tutorials an. Viele Leute glauben fälschlicherweise, dass diese Dinge nicht funktionieren. Doch wenn Sie sich nur 30 Minuten Zeit nehmen, um einige dieser Videos anzusehen, werden Sie sehen, dass es funktioniert. Oft reicht es, ein wenig Zeit in das Thema zu investieren, um daraus eine echte Leidenschaft zu entwickeln.

Schranz: Wir haben festgestellt, dass der Wissenstransfer durch buildingSMART International stark gefördert wird, indem Menschen aus verschiedenen Ländern zusammengebracht werden. Wie Sie bereits erwähnt haben, geht es derzeit auch um den Standard IDS. Simon Fischer und Harald Urban aus meinem Team und ich entwickeln derzeit ein Tool, das den Export von Excel zu IDS und umgekehrt ermöglicht, um die Arbeit mit IDS zu vereinfachen. Ich war wirklich überrascht, wie viele Architekten bereits mit IDS arbeiten.

Mehr, als wir denken?

Schranz: Mehr als ich erwartet hatte. IDS gibt es erst seit knapp über einem Jahr, und ich dachte, nur wenige würden es kennen. Langsam steigt auch die Implementierung von IDS in den Softwareprodukte. Aber mittlerweile nutzen viele IDS in ihren Büros, weil es ihnen hilft, die Modelle zu verbessern und die benötigten Informationen zu transportieren. Unser Tool soll ihnen helfen, das Potential von IDS besser auszuschöpfen.

Mercer: Dasselbe habe ich erlebt. Ich war letztes Jahr in Brasilien, und obwohl IDS ein relativ neuer Standard ist, fragte ich das Publikum, wer ihn nutzt. In einem Raum mit 700 Leuten hoben etwa die Hälfte die Hand. Das zeigt, dass ein Standard nur dann relevant ist, wenn er auch wirklich genutzt wird. Wenn ein Standard nicht angewendet wird, ist er vielleicht nicht so nützlich, wie man dachte. Aber wenn alle ihn verwenden, weil er praktische Vorteile bietet, zeigt das seinen echten Wert.

Nur dann macht ein Standard Sinn …

Mercer: Ja, die Anzahl der Nutzer heute ist unglaublich hoch. IDS ist noch relativ neu, aber es wird bereits weit verbreitet genutzt, weil es so praktisch und einfach anzuwenden ist. Mein Rat: Probieren Sie diese Dinge aus – sie sind wertvoll und bereits heute verfügbar.

Schranz: Und sie sind sehr nützlich. Ich denke, IDS ist der am schnellsten übernommene Standard von buildingSMART, weil die Menschen den Mehrwert erkennen.

Okay, und worin genau liegt dieser Mehrwert?

Mercer: Der Hauptvorteil von IDS ist die Automatisierung. IDS ermöglicht es, Aufgaben zu automatisieren, weil es ein maschinenlesbares Format ist. Dadurch können Entscheidungsprozesse effizienter gestaltet werden. Ein weiterer Vorteil ist die vollständige Transparenz. Bei der Entwicklung von IDS wurde entschieden, dass es zu 100 Prozent exakt sein muss. Es gibt keinen Spielraum für Ungenauigkeiten. Wenn man einen Tippfehler macht, wird IDS das als Fehler zurückmelden. Deshalb enthalten alle IDS-Dateien zu 100 % präzise Informationen – und das verbessert die Qualität erheblich.

Schranz: Ein weiteres Beispiel: Früher haben wir viele Seiten mit Beschreibungen erstellt, um festzulegen, welche Informationen ein BIM-Modell enthalten soll. Aber mit IDS haben wir diese Anforderungen direkt in maschinenlesbare Regeln umgewandelt. Dadurch können Nutzer einfach prüfen, ob ihr Modell den Anforderungen entspricht. Für das neue openBIM-Genehmigungsverfahren, das aus dem Projekt BRISE-Vienna entstanden ist, haben wir gemeinsam mit der Baubehörde der Stadt Wien eine IDS-Datei erstellt, die die Anforderungen an das Bauantragsmodell beinhalten.

Mercer: Konnten Sie viele der bestehenden Informationen in IDS übernehmen oder mussten Sie komplett neu starten?

Schranz: Wir konnten das meiste übernehmen. Da wir mit Experten wie Simon zusammengearbeitet haben, war es für uns relativ einfach. Für die Stadt Wien war es eher ein Lernprozess. Mittlerweile ist diese IDS-Datei auch im Use-Case-Management von buildingSMART integriert. Viele Architekten nutzen es bereits zur Qualitätsprüfung ihrer Modelle. Das macht die Nutzung viel einfacher. Die Einfachheit ist der Schlüssel.

Aidan Mercer , Director Marketing buildingSMART International,

trat 2018 buildingSMART International bei und ist derzeit der globale Marketingdirektor. Zuvor hatte Mercer verschiedene Positionen in High-Tech-Unternehmen wie Bentley Systems und Exor Corporation inne. Frühere Rollen umfassten die globale Marketingverantwortung für AEC sowie Geodaten- und Versorgungsmarketing für die Bereitstellung von Infrastrukturprojekten und das Asset-Management.

Prof. Dr. Christian Schranz, TU Wien und board Member education buildingSMART Austria,

ist Associate Professor an der Technischen Universität Wien (TU Wien) und leitet den Forschungsbereich „Digitaler Bauprozess“ am Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement. In dieser Funktion beschäftigt er sich intensiv mit der Digitalisierung im Bauwesen, insbesondere mit Themen wie Building Information Modeling (BIM) und openBIM.