Christian Struber, Bundesobmann der ARGE Eigenheim und Vorsitzender des Aufsichtsrats des Österreichischen Verbandes Gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) und Herwig Pernsteiner, Obmann-Stellvertreter des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), Vorstandsvorsitzender der ISG Ried
© ARGE Eigenheim/Franz Neumayr

Massiver Einbruch bei den Wohnungs-Fertigstellungen ab 2024 erwartet

Die ARGE Eigenheim plädiert dafür, dass rund 1,1 Milliarde Euro für den mehrgeschossigen Wohnbau in Österreich zur Modernisierung der Bestandsbauten verwendet wird, das entspricht rund 9.000 Wohneinheiten

Während die Fertigstellungen von gemeinnützigen Neubauwohnungen 2023 mit etwa 16.100 Wohnungen voraussichtlich noch im 10-jährigen Durchschnitt liegen werden, ist für 2024 mit rund 13.100 – 13.600 Wohnungen bereits ein deutlicher Rückgang zu erwarten. Der Bauleistungseinbruch könnte in den Folgejahren noch stärker ausfallen, sofern nicht durch konjunkturpolitische Maßnahmen erfolgreich gegengesteuert wird.

„Die Rahmenbedingungen für den gesamten Wohnbau haben sich massiv verändert. Zinsanstieg, hohe Inflation, geänderte Kreditvergaberegeln und die Preisrally bei Grundstücks-, Energie- und Baustoffpreisen stellen den gemeinnützigen Wohnbausektor vor immer größere Herausforderungen. Wenn nicht rasch und gezielt Maßnahmen gesetzt werden, müssen wir ab 2024 mit einem massiven Rückgang bei den Fertigstellungen im gemeinnützigen Wohnbau rechnen“, so Christian Struber, Bundesobmann der ARGE Eigenheim und Vorsitzender des Aufsichtsrates des
Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV).

ARGE Eigenheim unterstützt Festschreibung der Zweckbindung bei der Wohnbauförderung Die Gemeinnützige Wohnungswirtschaft hat mit 985.000 Wohnungen in der Verwaltung und 653.000 eigene Miet- und Genossenschaftswohnungen eine markante wirtschaftliche Bedeutung. Die Gemeinnützigen Wohnbauträger sorgen nachhaltig für leistbaren
Wohnraum und für eine bedeutende Grundauslastung der Bauwirtschaft. Um diese wertvollen Leistungen auch weiterhin anbieten zu können, braucht es gezielter Maßnahmen der öffentlichen Hand.

So hat die Wohnbauförderung von rund 3.000 Millionen Euro zur Jahrtausendwende auf unter 1.900 Millionen Euro bis zum heutigen Tag abgenommen. Und das, obwohl die Rückflüsse aus früheren Darlehen und die Einnahmen aus den Wohnbauförderungsbeiträgen in Summe 2.720 Millionen Euro ausmachen. Die ARGE Eigenheim unterstützt, dass im
Rahmen des Finanzausgleichs festgehalten wurde, dass für Wohnen und Sanieren rund 300 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. „Die Länder und Gemeinden werden nach Maßgabe der zu Verfügung stehenden Mittel zusätzliche
Anstrengungen unternehmen, dass leistbarer Wohnraum zur Verfügung steht bzw. durch Sanierungen erhalten wird“, so die Vereinbarung. „Wir hoffen, dass nicht nur ‚nach Maßgabe’, sondern gezielt und zusätzliche finanzielle Unterstützung kommt, denn auch für das Thema Dekarbonisierung braucht es umfassende Förderungen“, so Herwig Pernsteiner, Obmann-Stellvertreter des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) und Vorstandsvorsitzender der ISG Ried.

„Daneben unterstützt die ARGE Eigenheim die Forderung, wie auch vom Bundeskanzler unterstützt, dass die Zweckbindung der Wohnbauförderung festgeschrieben wird. Die ARGE Eigenheim hat ja auch schon früher propagiert, dass es eine Förderschiene des Bundes für Dekarbonisierung geben soll. Im Offenen Brief des Verbandes wird dies auch gefordert, um die Erreichung der eminent wichtigen Zielsetzungen des Klimaschutzes zu ermöglichen und damit die Wohnbauförderung der Länder maßgeblich zu entlasten“, konkretisiert Herwig Pernsteiner die Forderungen der GBV.

KIM-Verordnung: Hoffen auf Individualantrag des Verfassungsgerichtshofes

Die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-Verordnung) ist noch immer in aller Munde. Und das, obwohl insbesondere durch sie der Wohnbau zum Erliegen kommt. Die Baubewilligungszahlen von heute zeigen, wie sich die Entwicklung in den nächsten Monaten weiter verschärfen wird. Die Baumeister, die sich in den letzten Jahren auf den Wohnhausbau spezialisiert haben, haben existentielle Probleme. Ebenso die Fertighaushersteller. Diese helfen sich, indem sie beispielsweise die Bodenplatte gratis herstellen oder neuerdings – die üblicherweise erforderliche Eigenkapitalquote mit Finanzierungskonstrukten um bis zu Euro 40.000 senken.

In den ersten drei Quartalen 2023 sind die Hypothekarkredite um 50,6 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurückgegangen. Die ARGE Eigenheim hofft, dass der Individualantrag an den Verfassungsgerichtshof erfolgreich sein wird. Dabei geht es darum, dass in Paragraph 23 h Bankwesengesetz (BWG) die Voraussetzungen für „Maßnahmen zur Begrenzung systemischer Risiken aus Fremdkapitalfinanzierungen von Immobilien“ festgeschrieben sind. „Tatsächlich ist es so, dass in Österreich im Sinne dieser Gesetzesvorschrift es zu keinem Zeitpunkt ein systemisches Risiko durch Kredite für die Anschaffung von Immobilien gab und es auch keines gibt. Die Banken haben sich stets gut abgesichert und so ist die Ausfallswahrscheinlichkeit immerzu gegen null gewesen. Ganz im Gegenteil, wurde durch diese KIM-Verordnung nunmehr ein systemisches Risiko entfacht. Die ARGE Eigenheim ist optimistisch, dass die ‚Empfehlungen’ des Finanzmarktstabilitätsgremiums negiert werden und der Verfassungsgerichtshof alsbald zu einer Entscheidung im angesprochenen Fall kommt“, so Herwig Pernsteiner.

Bestandssanierung ein Gebot der Stunde

Seit 2021 werden die Energie- und Heizsysteme im gemeinnützigen Wohnungsbestand erhoben und liefern die Datenbasis für die Dekarbonisierungs-Strategie des Wohnungsbestands. Von den knapp 1 Million verwalteten Wohnungen sind aktuell noch 369.000 Wohnungen (37%) fossil beheizt, davon rund 160.000 mit einem dezentralen System wie zB. Gasetagenheizungen. „Dieses Segment stellt für die Dekarbonisierung bei den Gemeinnützigen eine besondere Herausforderung dar. Daher benötigen wir gezielte Unterstützung seitens der öffentlichen Hand“, unterstreicht Christian Struber.

2022 flossen über eine Milliarde Euro in Instandhaltung und Sanierung. Das gesamte Sanierungsvolumen im Jahr 2022 (laufende Instandhaltung + Großinstandsetzung, Miete und Eigentum) der Gemeinnützigen beträgt 1,1 Milliarden Euro und ist gegenüber 2021 weitestgehend konstant geblieben. So wurden im Jahr 2022 rund 4.900 GBV-Wohnungen thermisch saniert und 4.200 Wohnungen - raus aus Öl und Gas - auf eine klimafreundliche Heizung umgerüstet. Das Investitionsvolumen für Großinstandsetzungen (in Mietwohnhäusern) belief sich 2022 auf rund 350 Millionen Euro (+ 4% gegenüber 2021). Insgesamt wurde 2022 in den eigenen Mietwohnungen der GBVs ein Instandhaltungs- und Sanierungsvolumen von 896 Millionen Euro umgesetzt.

4,8 Milliarden Euro betrug im Jahr 2022 das wohnbaurelevante Gesamtinvestitionsvolumen der Gemeinnützigen. Davon entfielen auf den Neubau 3,7 Milliarden Euro (77%) und auf die Sanierung/Instandhaltung 1,1 Milliarden Euro 23%. Das Sanierungsvolumen der Gemeinnützigen schaffte bzw. sicherte 2022 in Österreich über 19.000 Vollzeit-Arbeitsplätze.
Während die Fertigstellungen von gemeinnützigen Neubauwohnungen 2023 mit etwa 16.100 Wohnungen voraussichtlich noch im 10-jährigen Durchschnitt liegen werden, ist für 2024 mit rund 13.100 – 13.600 Wohnungen bereits ein deutlicher Rückgang zu erwarten. Der Bauleistungseinbruch könnte in den Folgejahren noch stärker ausfallen, sofern nicht durch konjunkturpolitische Maßnahmen erfolgreich gegengesteuert wird.

„Die Rahmenbedingungen für den gesamten Wohnbau haben sich massiv verändert. Zinsanstieg, hohe Inflation, geänderte Kreditvergaberegeln und die Preisrally bei Grundstücks-, Energie- und Baustoffpreisen stellen den gemeinnützigen Wohnbausektor vor immer größere Herausforderungen. Wenn nicht rasch und gezielt Maßnahmen gesetzt werden, müssen wir ab 2024 mit einem massiven Rückgang bei den Fertigstellungen im gemeinnützigen Wohnbau rechnen“, so Christian Struber.

Gelder für Bestandssanierung aus neuen Töpfen: EWG und Finanzausgleich

Das Erneuerbaren Wärme Gesetz EWG sieht bis 2026 in Summe 2,6 Milliarden Euro an Fördermittel vor. „Die ARGE Eigenheim plädiert dafür, dass rund 1,1 Milliarde Euro für den mehrgeschossigen Wohnbau in Österreich zur Modernisierung der Bestandsbauten verwendet wird, das entspricht rund 9.000 Wohneinheiten“, so  Struber.

Folgende 5 Schritte sind seitens ARGE Eigenheim zwingend vorgesehen:
5 Schritte

Ein weiterer wesentlicher, im Zuge des Finanzausgleiches dotierter, Finanzierungstopf stellt mit 1,1 Milliarden Euro der Zukunftsfonds dar. „Der Umstieg von Öl und Gas auf erneuerbare Energieträger ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung der Klimaziele. Die Gemeinnützigen sind hier Vorreiter und haben in den letzten Jahren bereits große Investitionen in die Wärmewende getätigt. Mit zusätzlichen Mitteln aus dem Zukunftsfonds von rund 300 Millionen Euro und dem EWG können wir diese Investitionen weiter forcieren“, appelliert Christian Struber in Richtung Bund und Länder.